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Also, ich wollte euch heute mal was erzählen… so über Zeit, ne? Und wie wir so mit unserer Zeit umgehen. Es geht nämlich um… naja, sagen wir mal, die drei Säulen des Zeitwohlstands.
Da war dieser Dave Prout, ein Typ aus der Videospielbranche, total erfahren, über zwanzig Jahre dabei. Hat Spiele wie Call of Duty und Halo mit auf den Weg gebracht, kennt ihr ja vielleicht. Ursprünglich aus Seattle, aber dann, wie so viele, mit achtzehn weg und nie wieder zurück. Hat sich in Austin, Texas, was aufgebaut, fand die Stadt super, weil Platz da war und das Leben nicht so teuer. Konnte seine vier Kinder so großziehen, wie er sich das vorgestellt hatte.
Seine Eltern, die waren eben noch in Seattle. Und Dave, der hat die, glaube ich, nur so zweimal im Jahr gesehen. Kennen wir ja alle, ne? Job, Familie, Verpflichtungen… Seine Mutter, die hatte dann Krebs bekommen, aber alle dachten, wird schon wieder, die kriegt ja die beste Behandlung. Aber dann… na ja, 2022, da ging es dann immer wieder auf und ab.
Und dann, ich glaube, es war im Mai, da war Dave auf Twitter unterwegs und hat einen Post von mir gelesen. Und da stand irgendwie sowas wie: "Ruft eure Eltern öfter an, die sind nicht ewig da. Wenn du jung bist, denkst du, der Tod ist was Theoretisches. Aber die Leute, die du liebst, sind nicht für immer da. Wenn deine Eltern sechzig sind und du sie einmal im Jahr besuchst, siehst du sie vielleicht nur noch zwanzig Mal."
Und Dave, der hat sich das so durchgelesen und gedacht: "Mann, wie wär das denn bei mir?" Und da ist ihm bewusst geworden, wie wenig Zeit er eigentlich noch mit seinen Eltern hat, besonders, weil es seiner Mutter ja nicht so gut ging. Und dann hat er beschlossen, dass er was ändern muss.
Er hat dann angefangen, alle sechs Wochen nach Seattle zu fliegen, um seine Eltern zu besuchen. Wirklich regelmäßig. Und er meinte, er hätte seine Eltern im Jahr 2022 so viel öfter gesehen, als er es sonst getan hätte. Also, das war schon mal was.
Aber dann kam eben doch der Schock. Anfang 2023 haben die Ärzte gesagt, dass sie nichts mehr für seine Mutter tun können. Anstatt in ein Hospiz zu gehen, ist sie dann zurück in ihr Elternhaus, um da ihre letzte Zeit zu verbringen. Dave hat seine Besuche dann noch verstärkt, und die Familie hat sich abgewechselt, um sich um seine Mutter zu kümmern und seinen Vater zu unterstützen.
Und dann, am 28. Mai, ist Dave Prouts Mutter friedlich zu Hause gestorben. Tragischerweise war das auch noch der Hochzeitstag seiner Eltern. Kurz danach ist Dave spazieren gegangen, um das Ganze zu verarbeiten. Und er hat gesagt, es war so ein schöner Frühlingstag. Er war einfach so dankbar, dass seine Mutter zu Hause sterben konnte, mit ihrer Familie um sich rum und bei so einem schönen Wetter. War irgendwie… perfekt, sagt er.
Später am Tag hat er die traurige Nachricht auf Twitter geteilt und sich auf meinen Post bezogen. Er hat geschrieben, dass er seine Eltern dank des Posts viel öfter besucht hat. Dass er sie so mindestens doppelt so oft gesehen hat, wie er es sonst getan hätte, bestimmt zehn Besuche insgesamt. Und dass er dadurch jetzt ganz viele schöne Erinnerungen an seine Mutter hat, nicht nur die schweren aus den letzten Wochen.
Diese Geschichte ist eigentlich die perfekte Einleitung zu den drei Säulen des Zeitwohlstands:
Erstens, Bewusstsein. Das heißt, verstehen, dass die Zeit begrenzt ist und nicht ewig währt.
Zweitens, Aufmerksamkeit. Die Fähigkeit, sich auf die Dinge zu konzentrieren, die wirklich wichtig sind. Und den Rest auszublenden.
Und drittens, Kontrolle. Die Freiheit, über seine Zeit selbst zu bestimmen und zu entscheiden, wie man sie verbringt.
Diese drei Säulen, die sind alle wichtig, aber man sollte sie als eine Art Entwicklung sehen: Erst kommt das Bewusstsein, dann die Aufmerksamkeit und dann die Kontrolle. Jede Säule baut auf der anderen auf. Dave Prout hat das ja vorgemacht, von diesem Bewusstsein, dass die Zeit knapp ist, bis hin zu der Aufmerksamkeit, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, und dann eben auch die Kontrolle, seine Zeit so einzuteilen, wie es ihm wichtig ist.
Wenn wir jetzt mal darüber nachdenken, wie wir unseren Zeitwohlstand messen können, dann sind diese drei Säulen eigentlich so eine Art Bauplan. Wenn wir verstehen, wie die funktionieren und wie wir sie beeinflussen können, dann können wir auch was verändern.
Also, fangen wir mal mit dem Bewusstsein an. Zeit als unser wertvollstes Gut.
Bewusstsein heißt, dass wir verstehen und wertschätzen, dass die Zeit eben nicht unendlich ist, dass sie wertvoll ist. Da gab es diesen Investor, Graham Duncan, der hat mal den Begriff "Zeit-Milliardär" geprägt. Damit meinte er jemanden, der noch über eine Milliarde Sekunden zu leben hat. Er hat gesagt, wir sind so besessen von Geld und vergöttern Dollar-Milliardäre. Aber wenn man einen Zwanzigjährigen sieht, der hat wahrscheinlich noch zwei Milliarden Sekunden. Aber die sehen sich nicht als Zeit-Milliardäre.
Wenn du jung bist, bist du eben ein Zeit-Milliardär, reich an Zeit. Mit zwanzig hast du wahrscheinlich noch zwei Milliarden Sekunden, wenn du achtzig wirst. Mit fünfzig ist es nur noch eine Milliarde.
Duncan hat erzählt, dass er auf die Idee gekommen ist, weil er so viele junge Leute interviewt hat, die sich bei seiner Firma beworben haben. Und die dachten alle, wenn sie nur eine Milliarde Dollar hätten, wären sie glücklich. Er meinte, er hätte das früher auch gedacht. Aber dann hat er gemerkt, wenn man Warren Buffett fragen würde, ob er eine Milliarde Dollar gegen eine Milliarde Sekunden tauschen würde, würde er die Zeit nehmen.
Würdest du mit Warren Buffett tauschen? Der hat so um die 130 Milliarden Dollar, kann jeden treffen, den er will, und verbringt seine Tage mit Lesen und Lernen. Klingt super, oder? Aber ich wette, die wenigsten würden mit ihm tauschen.
Warum nicht? Warren Buffett ist, ich glaube, über neunzig Jahre alt. Egal wie viel Geld, Ruhm oder Kontakte er hat, du würdest wahrscheinlich nicht deine verbleibende Zeit gegen seine tauschen. Andersrum würde Buffett wahrscheinlich all seine Milliarden geben, um deine Zeit zu haben.
Das ist so ein bisschen paradox, oder? Das Paradox der Zeit: Wir wissen unterbewusst, wie wertvoll unsere Zeit ist, aber wir tun ständig Dinge, die diesen Wert ignorieren. Seneca hat mal gesagt: "Wir bekommen kein kurzes Leben, sondern wir machen es kurz, und wir sind nicht schlecht versorgt, sondern verschwenden es." Wir wissen, wie wichtig unsere Zeit ist, aber wir kümmern uns nicht drum und machen stattdessen Dinge, die uns von den wichtigen Dingen ablenken.
Das Ziel ist, uns bewusst zu machen, wie wertvoll die Zeit ist, die wir noch haben. Ohne dieses Bewusstsein werden wir die Zeit nie genug wertschätzen, bis es dann ganz am Ende zu spät ist.
Bewusstsein ist der erste Schritt, aber ohne Aufmerksamkeit ist es nicht genug. Wenn du dein Leben verändern willst, musst du deine Aufmerksamkeit verändern.
Also, Aufmerksamkeit. Damit können wir wirklich was erreichen.
Es gab mal, ich glaube, 1666, da war in London die Pest. Die Unis haben zugemacht, und die Studenten mussten nach Hause. So ähnlich wie bei Corona. Da war dieser junge Mann, Isaac Newton, der ist auch in sein Dorf gegangen.
Aber anstatt rumzusitzen, hat er die Zeit genutzt. Er hat sich in seine Bücher vertieft, experimentiert und seine Neugier befriedigt. Und in diesem einen Jahr hat er bahnbrechende Entdeckungen gemacht: Er hat die Grundlagen der Infinitesimalrechnung entwickelt, das Gesetz der Schwerkraft formuliert, die drei Newtonschen Gesetze aufgestellt, die Grundlagen für das Verständnis des Lichts gelegt und ein Spiegelteleskop entworfen. Krass, oder?
Dieses Jahr wurde dann sein "annus mirabilis" genannt, sein Wunderjahr. Er hat in einem Jahr so viel erreicht wie andere in ihrem ganzen Leben nicht.
Aufmerksamkeit bedeutet, dass wir unseren Geist auf etwas richten. Und damit schaffen wir Fortschritt. Wie wir unsere begrenzte Aufmerksamkeit einsetzen, entscheidet darüber, was wir erreichen.
In Toy Story gibt es auch so eine Szene: Woody und Buzz Lightyear versuchen, eine Rakete anzuzünden, aber das Streichholz geht aus. Woody hat dann die Idee, Buzz' Helm als Lupe zu benutzen, um das Sonnenlicht zu bündeln und auf die Zündschnur zu richten. Und es klappt!
Die Moral von der Geschichte: Gebündelte Energie ist viel stärker als verstreute Energie. Genauso ist es mit unserer Aufmerksamkeit.
Unsere Ergebnisse hängen davon ab, worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten. Verstreute Aufmerksamkeit führt zu normalen Ergebnissen, konzentrierte Aufmerksamkeit zu außergewöhnlichen Ergebnissen. Isaac Newton hat das ja vorgemacht: Tiefes, intensives Nachdenken in einer einzigartigen Situation (einem Pest-Lockdown) hat zu erstaunlichen Ergebnissen geführt.
Normalerweise ist das, was wir reingeben, auch das, was wir rauskriegen. Eins zu eins. Aber konzentrierte Aufmerksamkeit kann das verändern.
Die Sonne kann stundenlang auf die Rakete scheinen, aber sie wird sie nicht anzünden. Die Lupe bündelt die Energie und verstärkt sie. So kriegen wir viel mehr raus, als wir reingeben.
Leute wie Isaac Newton, Lionel Messi oder Warren Buffett sind berühmt geworden, weil sie ihre Aufmerksamkeit auf die richtigen Momente und Möglichkeiten gerichtet haben.
Konzentrierte Aufmerksamkeit bedeutet, dass wir uns auf die wichtigen Projekte, Chancen, Menschen und Momente konzentrieren. Aufmerksamkeit hilft uns, voranzukommen, nicht nur schneller zu rennen, sondern klüger. Wir müssen die richtigen Dinge auswählen und die falschen ablehnen. Ja sagen zu den wichtigen Dingen und nein zu allem anderen.
Aufmerksamkeit muss gelenkt, gemanagt und genutzt werden.
Wenn wir unsere Aufmerksamkeit richtig einsetzen, können wir viel mehr erreichen, als wir reingeben. Die gleiche Anstrengung führt zu besseren Ergebnissen. Und dann können wir unsere Zeit nicht mehr nur nehmen, sondern gestalten.
Und dann haben wir die Kontrolle über unsere Zeit.
Kontrolle ist das Ziel. Cassie Holmes, eine Professorin, hat herausgefunden, dass es ein ideales Maß an Freizeit gibt. Zu wenig Freizeit macht unglücklich, aber zu viel auch.
Kontrolle bedeutet, dass wir selbst bestimmen können, was wir tun und wann wir es tun. Wir besitzen unsere Zeit und entscheiden selbst, wie wir sie einteilen. Ohne Kontrolle gehört unsere Zeit anderen. Wir sind Zeitnehmer, uns wird Zeit gegeben, mit bestimmten Anweisungen, was wir damit tun sollen. Kontrolle macht uns zu Zeitmachern, wir bestimmen, wie viel Zeit wir haben und wie wir sie einteilen. Bewusstsein und Aufmerksamkeit schaffen die Voraussetzungen dafür, dass wir vom Zeitnehmer zum Zeitmacher werden.
Nehmen wir mal an, du musst zehn Einheiten Output produzieren. Früher musstest du dafür zehn Einheiten Input investieren, eins zu eins.
Aber jetzt, mit mehr Bewusstsein und konzentrierter Aufmerksamkeit, kannst du die zehn Einheiten Output vielleicht mit nur fünf Einheiten Input schaffen, zwei zu eins.
Die restlichen fünf Einheiten Input sind dann freie Zeit, die du für deine Ziele und Werte nutzen kannst. Du kannst sie in deinen Job investieren oder für andere Dinge. Du hast die Kontrolle.
Die Freiheit, unsere Zeit nach unseren Vorlieben einzuteilen, das ist das Ziel. Das ist die Kontrolle über unsere Zeit.
So, mit diesem Verständnis der drei Säulen des Zeitwohlstands können wir uns jetzt mal anschauen, wie wir das Ganze in die Praxis umsetzen können. Aber das erzähle ich euch ein anderes Mal.