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Calculating...

Also, hier fängt ja alles mit der Revolution in der Physik des 20. Jahrhunderts an. Mann, das war echt ne krasse Zeit, hat unser Weltbild komplett auf den Kopf gestellt. Und vieles von dem, was wir heute an Technik nutzen, basiert ja genau darauf, auf diesen neuen Erkenntnissen. Im Grunde geht's darum, dass unser Verständnis der Welt sich durch zwei Theorien total verändert hat: Einmal die Relativitätstheorie und dann die Quantenmechanik. Und beide zwingen uns, echt radikal umzudenken, was wir so über Zeit, Raum, Materie und Energie glauben.

Also, ich will jetzt in diesem Abschnitt mal versuchen, diese beiden Theorien genauer zu erklären. Ich will so die wichtigsten Punkte rauspicken und zeigen, was für 'ne krasse Revolution die ausgelöst haben. Das ist echt 'ne faszinierende Reise, da tief einzusteigen und das zu verstehen.

Diese beiden Theorien, also Relativität und Quantenmechanik, sind auch die Basis, auf der wir heute an 'ner Theorie der Quantengravitation arbeiten. Das ist so der nächste Schritt.

Und dann kommt natürlich Albert Einstein. Sein Vater hat ja in Italien Kraftwerke gebaut. Einstein war noch ein kleiner Junge, als die Maxwell-Gleichungen rauskamen, aber Italien war schon voll in der Industrialisierung drin. Und die Turbinen und Transformatoren, die sein Vater gebaut hat, basierten ja genau auf diesen Gleichungen. Da war die Macht der neuen Physik schon voll zu sehen.

Albert war ja so 'n richtiger Rebell, hat sich gegen Autoritäten aufgelehnt. Seine Eltern haben ihn in Deutschland auf's Gymnasium geschickt, aber er fand das Schulsystem da total steif und militaristisch. Er konnte das nicht ab, diese ganze Autorität. Deswegen hat er die Schule abgebrochen und ist zu seinen Eltern nach Italien, nach Pavia, gegangen und hat erstmal so rumgechillt. Dann ist er in die Schweiz gegangen, um zu studieren, aber hat's erstmal nicht ins Polytechnikum in Zürich geschafft. Nach dem Studium hat er dann auch keine Stelle als Forscher gefunden, aber er wollte halt mit seiner Freundin zusammen sein, also hat er 'n Job beim Patentamt in Bern angenommen.

Dieser Job war jetzt nicht unbedingt was für 'n Physik-Absolventen, aber er hat Albert die Zeit und Freiheit gegeben, nachzudenken und selbstständig zu arbeiten. Und das war ja eh das, was er schon als Kind gemacht hat: Er hat Euklids "Elemente" gelesen oder Kants "Kritik der reinen Vernunft", statt dem, was in der Schule dran war. Man kommt ja nicht an neue Orte, wenn man immer nur in den Fußstapfen anderer geht.

Mit 25 hat Einstein dann drei Artikel an die "Annalen der Physik" geschickt. Jeder einzelne davon hätte ihm schon 'n Nobelpreis eingebracht, jeder einzelne war 'n Meilenstein für unser Verständnis der Welt. Ich hatte ja schon über den ersten Artikel gesprochen, in dem der junge Albert die Größe von Atomen berechnet und 23 Jahrhunderte später Demokrits Vermutung bestätigt hat: Materie besteht aus Teilchen.

Der zweite Artikel ist Einsteins berühmtester – da hat er die Relativitätstheorie vorgestellt. Und genau darum soll's jetzt hier auch gehen.

Es gibt ja eigentlich zwei Relativitätstheorien. In dem Umschlag, den Einstein damals abgeschickt hat, war der Artikel über die erste Relativitätstheorie: die spezielle Relativitätstheorie. Bevor ich aber zu Einsteins wichtigster Theorie komme, der allgemeinen Relativitätstheorie, muss ich erstmal die spezielle Relativitätstheorie erklären, weil die die Struktur von Raum und Zeit beschreibt.

Die spezielle Relativitätstheorie ist super raffiniert und konzeptionell echt schwer zu fassen, irgendwie schwerer als die allgemeine Relativitätstheorie. Also, falls die nächsten Seiten jetzt etwas kompliziert klingen, nicht gleich aufgeben! Diese Theorie hat nämlich zum ersten Mal gezeigt, dass Newtons Weltbild nicht nur Lücken hatte, sondern komplett umgebaut werden musste – und zwar auf 'ne Art, die unserem gesunden Menschenverstand total widerspricht. Das war so der erste echte Sprung, der unsere instinktivsten Annahmen über die Welt korrigiert hat.

Also, Newton und Maxwell, deren Theorien haben sich irgendwie widersprochen. Die Maxwell-Gleichungen geben 'ne Geschwindigkeit vor: die Lichtgeschwindigkeit. Aber die Newtonsche Mechanik ist mit 'ner konstanten Geschwindigkeit nicht vereinbar, weil in den Newton-Gleichungen Beschleunigung vorkommt, keine Geschwindigkeit. In der Newtonschen Physik ist Geschwindigkeit immer relativ, also immer nur im Verhältnis zu irgendwas anderem. Galileo hat ja schon betont, dass sich die Erde relativ zur Sonne bewegt, auch wenn wir das nicht spüren, weil das, was wir normalerweise "Geschwindigkeit" nennen, ja die Geschwindigkeit "relativ zur Erde" ist. Wenn wir sagen, Geschwindigkeit ist relativ, dann meinen wir damit, dass es keinen Sinn macht, über die Geschwindigkeit von irgendwas an sich zu reden, sondern es gibt immer nur die Geschwindigkeit von irgendwas relativ zu irgendwas anderem. Das ist das, was Studenten im 19. Jahrhundert gelernt haben und heute auch noch lernen. Aber wenn das so ist, auf was bezieht sich dann die Lichtgeschwindigkeit, die in den Maxwell-Gleichungen vorkommt?

Eine Möglichkeit wäre, dass es da irgend so 'ne Art einheitliche Substanz gibt, und die Lichtgeschwindigkeit ist die Geschwindigkeit des Lichts relativ zu dieser Substanz. Aber die Maxwell-Theorie scheint irgendwie gar nichts von so 'ner Substanz zu wissen. Und Experimente, die am Ende des 20. Jahrhunderts versucht haben, die Geschwindigkeit der Erde relativ zu dieser hypothetischen Substanz zu messen, die sind alle gescheitert.

Einstein hat mal gesagt, dass ihm eigentlich keine Experimente wirklich geholfen haben, sondern er hat die richtige Richtung nur gefunden, indem er über diesen krassen Widerspruch zwischen den Maxwell-Gleichungen und der Newtonschen Mechanik nachgedacht hat. Er hat sich gefragt, ob es nicht 'nen Weg gibt, wie man die wichtigsten Erkenntnisse von Newton und Galileo mit der Maxwell-Theorie in Einklang bringen kann.

Und dabei ist Einstein zu 'ner echt verblüffenden Erkenntnis gekommen. Um das zu verstehen, stell dir mal alle Ereignisse in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft vor (relativ zu dem Moment, wo du das hier gerade liest), und zwar so angeordnet wie in so 'ner Art Diagramm.

Einsteins Erkenntnis war, dass dieses Diagramm falsch ist. In Wirklichkeit müsste man sich das eher so vorstellen, dass es zwischen der Vergangenheit und der Zukunft von irgend so 'nem Ereignis (zum Beispiel, dass du das hier gerade liest, und deiner Vergangenheit und Zukunft) 'nen "Zwischenbereich" gibt, 'ne "ausgedehnte Gegenwart", 'n Bereich, der weder Vergangenheit noch Zukunft ist. Das ist die Erkenntnis der speziellen Relativitätstheorie.

Dieser Zwischenbereich, der weder Vergangenheit noch Zukunft ist, die Zeit, die das dauert, die ist total kurz, und zwar abhängig davon, wo das Ereignis relativ zu dir stattfindet, also so wie in diesem Diagramm. Je weiter das Ereignis von dir weg ist, desto länger dauert diese ausgedehnte Gegenwart. Also, wenn irgendwas ein paar Meter vor deiner Nase passiert, dann dauert dieser Zwischenbereich, der weder Vergangenheit noch Zukunft ist, für dich nur ein paar Nanosekunden, also quasi null. Das ist viel kürzer als alles, was wir überhaupt wahrnehmen können. Am anderen Ende vom Meer dauert dieser Zwischenbereich 'ne Tausendstelsekunde, immer noch viel weniger als das, was wir wahrnehmen können – die kürzeste Zeit, die wir mit unseren Sinnen überhaupt erfassen können, ist ungefähr 'ne Zehntelsekunde. Aber auf dem Mond dauert diese ausgedehnte Gegenwart schon ein paar Sekunden, und auf dem Mars 'ne Viertelstunde. Das bedeutet, dass wir sagen können, dass es auf dem Mars in diesem Moment schon Ereignisse gibt, die passiert sind, und Ereignisse, die noch nicht passiert sind, aber auch 'ne Viertelstunde, in der die Ereignisse weder in der Vergangenheit noch in der Zukunft liegen.

Diese Ereignisse sind "anderswo". Wir haben das noch nie so richtig wahrgenommen, dieses "anderswo", weil es in unserer direkten Umgebung so kurz ist, dass wir es gar nicht mitkriegen, aber es ist da.

Das ist auch der Grund, warum man nicht flüssig zwischen Erde und Mars telefonieren kann. Wenn ich zum Beispiel auf dem Mars bin und du auf der Erde, und ich stell dir 'ne Frage, und du antwortest sofort, sobald du die Frage gehört hast, dann kommt deine Antwort bei mir erst 'ne Viertelstunde, nachdem ich die Frage gestellt habe, an. Diese Viertelstunde ist relativ zu deinem Moment der Antwort weder Vergangenheit noch Zukunft. Einstein hat erkannt, dass diese Viertelstunde unvermeidlich ist: Wir können sie nicht wegbekommen. Die ist in die Struktur von Raum und Zeit eingewoben. Wir können sie nicht verkürzen, genauso wenig wie wir 'n Brief in die Vergangenheit schicken können.

Ist schon komisch, aber so ist die Welt halt. Genauso komisch wie dass die Leute in Sydney auf dem Kopf stehen; komisch, aber wahr. Und wenn man sich erstmal an die Fakten gewöhnt hat, dann wirken sie ganz normal und logisch. Das liegt halt an der Struktur von Raum und Zeit.

Das bedeutet, dass es keinen Sinn macht zu sagen, dass irgend so 'n Ereignis auf dem Mars "gerade" passiert, weil es "die Gegenwart" gar nicht gibt. Einstein hat also erkannt, dass es keine "absolute Gleichzeitigkeit" gibt: Es gibt im Universum keine Ereignisse, die "jetzt" passieren. Das Universum kann nicht durch 'ne Reihe von "Jetzt"-Momenten beschrieben werden, die nacheinander kommen, sondern es hat 'ne kompliziertere Struktur. Diese Struktur beschreibt die Raumzeit in der Physik: 'ne Menge von Ereignissen in der Vergangenheit und Zukunft, und Ereignisse, die weder Vergangenheit noch Zukunft sind; diese Ereignisse bilden sich nicht in 'nem einzigen Moment, sondern die dauern selber 'ne Weile.

In der Andromeda-Galaxie dauert diese ausgedehnte Gegenwart (relativ zu uns) zwei Millionen Jahre. Alles, was in diesen zwei Millionen Jahren passiert, ist für uns weder Vergangenheit noch Zukunft. Wenn jetzt irgend so 'ne fortgeschrittene und freundliche Zivilisation in der Andromeda-Galaxie beschließen würde, 'ne Flotte von Raumschiffen zu uns zu schicken, dann macht es keinen Sinn zu fragen, ob die Flotte "jetzt" losgeflogen ist oder nicht. Das einzige, was Sinn macht, ist, wann wir das erste Signal von der Flotte empfangen, und ab diesem Moment – nicht vorher – liegt der Start der Flotte in unserer Vergangenheit.

Diese Raumzeit-Struktur, die der junge Einstein 1905 entdeckt hat, hat echt praktische Auswirkungen. Die Tatsache, dass Raum und Zeit so eng miteinander verbunden sind, bedeutet ja, dass die Newtonsche Mechanik total umgebaut werden muss, und das hat Einstein dann auch 1905 und 1906 schnell erledigt. Das erste Ergebnis von diesem Umbau war, dass sich das elektrische Feld und das Magnetfeld genauso wie Raum und Zeit zu 'nem einheitlichen Konzept verschmelzen, zu 'ner einzigen Entität, die wir heute als elektromagnetisches Feld bezeichnen. Und wenn man das dann in dieser neuen Sprache ausdrückt, dann werden die komplizierten Gleichungen, mit denen Maxwell diese beiden Felder beschrieben hat, auf einmal total einfach.

Und diese Theorie hat noch 'ne andere Konsequenz, und die hat's echt in sich. In der neuen Mechanik verschmelzen "Energie" und "Masse" zu einem Ganzen, so wie Zeit und Raum verschmelzen, und das elektrische Feld und das Magnetfeld. Vor 1905 gab's zwei Gesetze, die schienen total sicher zu sein: Das Gesetz von der Erhaltung der Masse und das Gesetz von der Erhaltung der Energie. Das erste Gesetz wurde ja schon von Chemikern total oft bestätigt: Bei chemischen Reaktionen ändert sich die Masse nicht. Das zweite – das Gesetz von der Erhaltung der Energie – das wurde direkt aus den Newton-Gleichungen abgeleitet und galt als eins der unumstrittensten Gesetze überhaupt. Aber Einstein hat erkannt, dass Energie und Masse zwei Seiten derselben Medaille sind, genauso wie das elektrische Feld und das magnetische Feld zwei Aspekte desselben Feldes sind, und Raum und Zeit zwei Aspekte derselben Sache sind, nämlich der Raumzeit. Das bedeutet, dass die Masse an sich nicht erhalten bleibt, und die Energie auch nicht, so wie man das damals verstanden hat. Das eine kann in das andere umgewandelt werden, und es gibt nur noch ein Erhaltungsgesetz, nicht zwei. Erhalten bleibt die Summe von Masse und Energie, nicht das eine oder das andere für sich. Es muss also irgend so 'n Prozess geben, der Energie in Masse umwandeln kann, oder Masse in Energie.

Einstein hat dann schnell ausgerechnet, wie viel Energie man bekommt, wenn man ein Gramm Materie umwandelt, und das Ergebnis ist ja die berühmte Formel E=mc². Weil die Lichtgeschwindigkeit c 'ne riesige Zahl ist, ist c² noch 'ne viel größere Zahl. Deswegen ist die Energie, die man bekommt, wenn man ein Gramm Materie umwandelt, total gewaltig, ungefähr so viel wie wenn Millionen von Bomben gleichzeitig explodieren – genug, um 'ne Stadt zu erleuchten oder die Fabriken von 'nem ganzen Land monatelang mit Strom zu versorgen, oder umgekehrt, um in 'ner Sekunde Zehntausende von Menschen in 'ner Stadt wie Hiroshima zu töten.

Die Theorie des jungen Einstein hat die Menschheit in 'ne neue Ära geführt: das Atomzeitalter, 'ne Ära voller neuer Möglichkeiten und neuer Gefahren. Heute haben wir dank dem Scharfsinn dieses unkonventionellen und rebellischen jungen Mannes die Werkzeuge, um Milliarden von Familien auf der Erde Licht zu bringen, um ins All zu anderen Planeten zu reisen, oder um uns gegenseitig zu verletzen und die Erde zu zerstören. Das hängt von unserer Entscheidung ab, welchen Führern wir vertrauen.

Mittlerweile ist die Raumzeit-Struktur, die Einstein vorgeschlagen hat, total gut verstanden und in Labors immer wieder überprüft und bestätigt worden. Das Verständnis von Zeit und Raum ist seit Newton nicht mehr dasselbe. Der Raum existiert nicht unabhängig von der Zeit. Es gibt keinen speziellen Teil in diesem erweiterten Raum, der "die Gegenwart" genannt werden könnte. Unsere intuitive Vorstellung von der Gegenwart – dass alle Ereignisse "jetzt" im Universum passieren – ist 'ne Fehleinschätzung, die wir machen, weil wir zu dumm sind, um kurze Zeitintervalle wahrzunehmen. Aus unserer beschränkten Erfahrung ist das 'ne unlogische Schlussfolgerung.

Genauso wie dass die Erde flach ist, 'ne Illusion ist, wir stellen uns die Erde als flach vor, weil unsere Sinne begrenzt sind, weil wir nicht weit genug sehen können. Wenn wir wie der Kleine Prinz auf 'nem kleinen Planeten mit ein paar Kilometern Durchmesser leben würden, dann würden wir total schnell merken, dass wir auf 'ner Kugel leben. Wenn unser Gehirn und unsere Sinne feiner wären, wenn wir problemlos 'ne Nanosekunde wahrnehmen könnten, dann hätten wir gar nicht erst die Idee von 'ner universellen "Gegenwart", und wir würden total schnell merken, dass es zwischen Vergangenheit und Zukunft 'nen Zwischenbereich gibt. Wir würden kapieren, dass es Sinn macht, "hier und jetzt" zu sagen, aber dass es keinen Sinn macht, "das Jetzt" als universelles "Jetzt" zu sehen. Genauso wie es keinen Sinn macht zu fragen, ob unsere Galaxie "über oder unter" der Andromeda-Galaxie ist, weil "oben" und "unten" nur auf der Erdoberfläche Sinn machen, nicht im Universum. Es gibt im Universum kein "oben" oder "unten". Genauso wenig gibt es für zwei Ereignisse im Universum ein "vorher" oder "nachher". Die Struktur, die Raum und Zeit so ineinander verwebt zeigt, die nennen Physiker "Raumzeit".

Als die "Annalen der Physik" Einsteins Artikel veröffentlicht haben, war auf einmal alles klar, und das hat die Physikwelt total aufgerüttelt. Der offensichtliche Konflikt zwischen den Maxwell-Gleichungen und der Newtonschen Physik war ja schon lange bekannt, aber keiner wusste, wie man das lösen soll. Einsteins Ansatz war total einfach und hat alle schockiert. Da gibt's die Geschichte, dass in den dunklen Gängen der Universität Krakau 'n ernsthafter Professor aus seinem Büro kam, mit Einsteins Artikel in der Hand, und gerufen hat: "Ein neuer Archimedes ist geboren!"

Obwohl Einsteins Schritt von 1905 schon total beeindruckend war, haben wir noch nicht über sein wahres Meisterwerk gesprochen. Einsteins größte Leistung ist die zweite Relativitätstheorie, die allgemeine Relativitätstheorie, die er zehn Jahre später, mit 35 Jahren, veröffentlicht hat.

Die allgemeine Relativitätstheorie ist die schönste Theorie, die Physiker jemals geschaffen haben, und die erste große Säule der Quantengravitation, und das ist ja das, worum's in diesem Buch hauptsächlich geht. Das wahre Wunder der Physik des 20. Jahrhunderts fängt hier erst richtig an.

Warum so schön? Einstein wurde ja nach der Veröffentlichung der speziellen Relativitätstheorie 'n bekannter Physiker und hat Einladungen von vielen Universitäten bekommen. Aber irgendwas hat ihn immer gestört: Die spezielle Relativitätstheorie war nicht mit der Gravitationstheorie vereinbar. Das hat er gemerkt, als er Kommentare zu seiner eigenen Theorie geschrieben hat, und er wollte rausfinden, ob man die große Gravitationstheorie von Newton, dem Vater der Physik, nicht auch überdenken und mit der Relativitätstheorie vereinbaren muss.

Der Ursprung von diesem Problem ist leicht zu verstehen. Newton hatte ja erklärt, warum Gegenstände runterfallen und Planeten sich bewegen, und zwar mit 'ner Kraft, die alle Gegenstände gegenseitig anziehen lässt: die "Gravitation". Aber wie diese Kraft entfernte Gegenstände anziehen kann, ohne dass da irgendwas dazwischen ist, das hat er nie verstanden. Wie wir ja schon gesehen haben, hatte Newton selber schon Zweifel, dass da irgendwas fehlt in dieser Idee von Kraft ohne Berührung; irgendwas muss ja da sein, damit die Erde den Mond anziehen kann. Und 200 Jahre später hat Faraday die Antwort gefunden – zwar nicht für die Gravitation, sondern für die elektromagnetische Kraft: Felder. Elektromagnetische Felder können elektromagnetische Kräfte übertragen.

Und da ist ja logisch, dass es für die Gravitation auch Faradays Kraftlinien geben muss. Analog dazu muss die Gravitation zwischen Sonne und Erde oder zwischen der Erde und fallenden Gegenständen ja auch von 'nem Feld ausgehen – in diesem Fall 'nem Gravitationsfeld. Die Lösung von Faraday und Maxwell für die Frage, was Kräfte überträgt, muss ja nicht nur für elektrische Kräfte gelten, sondern auch für die Gravitation. Es muss Gravitationsfelder geben und Gleichungen, die denen von Maxwell ähnlich sind, mit denen man die Bewegung von Faradays Gravitationslinien beschreiben kann. Am Anfang des 20. Jahrhunderts war das für jeden klar, der schlau genug war; das heißt, für Albert Einstein.

Einstein war ja schon als Jugendlicher fasziniert davon, wie in den Kraftwerken seines Vaters das elektromagnetische Feld Rotoren antreiben kann, und er hat angefangen, Gravitationsfelder zu untersuchen und nach 'ner Mathematik zu suchen, mit der man die beschreiben kann. Er hat sich da richtig reingekniet und zehn Jahre gebraucht, um das Problem zu lösen. In diesen zehn Jahren hat er wie besessen geforscht, ausprobiert, Fehler gemacht, war verwirrt, hatte geniale Ideen und falsche Vorstellungen, hat 'ne Reihe von Artikeln mit falschen Gleichungen veröffentlicht, und noch mehr Fehler und Stress gehabt. Aber 1915 hat er dann endlich 'n Artikel mit der vollständigen Lösung fertiggestellt und ihn "Allgemeine Relativitätstheorie" genannt – sein Meisterwerk war geboren. Lev Landau, einer der klügsten theoretischen Physiker der Sowjetunion, hat sie als "die schönste Theorie" bezeichnet.

Warum diese Theorie so schön ist, ist eigentlich leicht zu verstehen. Einstein hat nicht nur die Mathematik für Gravitationsfelder geschaffen, und Gleichungen aufgeschrieben, mit denen man sie beschreiben kann, sondern er hat sich auch mit einem der tiefsten, ungelösten Rätsel der Newtonschen Theorie beschäftigt und beides miteinander verbunden.

Newton ist ja zu Demokrits Idee zurückgekehrt, dass sich Gegenstände im Raum bewegen. Dieser Raum muss 'n riesiger, leerer Behälter sein, 'ne Art stabiler Kasten, in dem das Universum Platz hat; da gibt's 'n riesiges Gerüst, auf dem sich die Gegenstände geradlinig bewegen, bis 'ne äußere Kraft sie zwingt, die Richtung zu ändern. Aber woraus besteht dieser "Raum", in dem die Welt Platz hat? Was ist Raum?

Für uns scheint die Vorstellung von Raum total natürlich zu sein, aber das liegt nur daran, dass wir die Newtonsche Physik so gut kennen. Wenn man mal genauer drüber nachdenkt, ist der leere Raum gar nicht so, wie wir ihn intuitiv wahrnehmen. Zweitausend Jahre lang, von Aristoteles bis Descartes, wurde Demokrits Idee, dass Raum 'ne besondere Entität ist, die sich von Gegenständen unterscheidet, nie als selbstverständlich angesehen. Für Aristoteles und Descartes hatten Gegenstände 'ne Ausdehnung, das war 'ne Eigenschaft von Gegenständen; wenn kein Gegenstand ausgedehnt ist, dann gibt's auch keine Ausdehnung. Ich kann das Wasser aus meinem Glas leeren, und dann füllt Luft das Glas. Hast du jemals 'n Glas gesehen, das wirklich leer ist?

Aristoteles hat erklärt, dass wenn zwischen zwei Gegenständen nichts ist, dann ist da gar nichts. Wie kann da gleichzeitig irgendwas sein (der Raum) und gleichzeitig nichts sein? Was ist dieser Raum, in dem sich die Teilchen bewegen? Ist er irgendwas, oder ist er nichts? Wenn er nichts ist, dann existiert er ja nicht, und man kann auch ohne ihn auskommen. Wenn er irgendwas ist, dann ist seine einzige Eigenschaft, da zu sein und nichts zu tun, oder?

Die Vorstellung von leerem Raum, der so zwischen Existenz und Nichtexistenz hin- und herschwankt, hat Denker schon immer beschäftigt. Demokrit selber hat den leeren Raum als Basis für seine Atomwelt genommen, aber das Problem nicht richtig erklärt. Er hat gesagt, der leere Raum ist irgendwas "zwischen Sein und Nichtsein": "Demokrit hat das Volle und das Leere angenommen und das eine Sein genannt, das andere Nichtsein", so hat Simplicius kommentiert. Die Atome existieren, und der Raum existiert nicht – aber ist 'n existierendes Nichtsein. Schwer zu verstehen, oder?

Newton hat Demokrits Vorstellung von Raum wieder aufleben lassen und behauptet, Raum ist der Sinn von Gott, um das Raumproblem zu lösen. Keiner hat kapiert, was Newton mit "der Sinn von Gott" meinte, vielleicht Newton selber auch nicht. Einstein hat natürlich nicht an die Existenz von Gott geglaubt (ob Gott jetzt Sinne hat oder nicht), außer vielleicht als Scherz, und er fand Newtons Erklärung für das Wesen des Raums total unglaubwürdig.

Newton hat alles versucht, um den Widerstand von Wissenschaftlern und Philosophen zu überwinden und Demokrits Raumvorstellung wieder aufleben zu lassen. Am Anfang hat das keiner so richtig ernst genommen, aber als seine Gleichungen dann immer wieder funktioniert haben und die Ergebnisse richtig vorhergesagt haben, wurden die Kritiker nach und nach leiser. Aber die Zweifel an der Logik von Newtons Raumvorstellung, die sind nie ganz verschwunden, und Einstein, der ja auch viel Philosophie gelesen hat, kannte das natürlich. Ernst Mach, ein Philosoph, den Einstein sehr geschätzt hat, hat ja die konzeptionellen Schwierigkeiten von Newtons Raumvorstellung betont – und Mach selber hat ja nicht mal an die Existenz von Atomen geglaubt (das ist ja 'n gutes Beispiel dafür, dass man in manchen Bereichen kurzsichtig sein kann und in anderen weitsichtig).

Einstein hatte also nicht nur ein Problem, sondern gleich zwei. Erstens, wie beschreiben wir das Gravitationsfeld? Und zweitens, was ist Newtons Raum überhaupt?

Einsteins geniale Idee, einer der hellsten Momente in der Geschichte des menschlichen Denkens, war: Was, wenn das Gravitationsfeld eigentlich Newtons geheimnisvoller Raum ist? Was, wenn Newtons Raum nichts anderes ist als das Gravitationsfeld? Diese total einfache, schöne und kluge Idee ist die allgemeine Relativitätstheorie.

Die Welt besteht nicht aus Raum, Teilchen, elektromagnetischen Feldern und Gravitationsfeldern, sondern nur aus Teilchen und Feldern, und sonst nichts. Es gibt keinen Grund, den Raum noch zusätzlich reinzubringen. Newtons Raum ist das Gravitationsfeld, oder andersrum: Das Gravitationsfeld ist der Raum.

Aber im Gegensatz zu Newtons flachem und starren Raum ist das Gravitationsfeld ja 'n Feld, das sich bewegt und Wellen schlägt, und das bestimmten Gleichungen folgt – genauso wie Maxwells Felder und Faradays Kraftlinien.

Das ist 'ne krasse Vereinfachung der Welt. Der Raum ist nicht mehr vom Rest der Materie getrennt, sondern er ist auch 'n materieller Bestandteil der Welt, so wie das elektromagnetische Feld. Er ist 'ne echte Entität, die Wellen schlagen, sich verbiegen und verzerren kann.

Wir sind nicht in 'nem unsichtbaren und starren Gerüst gefangen, sondern wir sind in 'nem riesigen, lebendigen Weichtier (so hat Einstein das mal verglichen). Die Sonne verbiegt den Raum um sich herum, und die Erde bewegt sich nicht um die Sonne, weil da irgend so 'ne geheimnisvolle Anziehungskraft wirkt, sondern sie bewegt sich geradlinig in dem verbogenen Raum. Das ist wie mit 'ner Murmel, die sich in 'nem Trichter dreht: Da gibt's auch keine geheimnisvolle Kraft, die von der Mitte des Trichters ausgeht, sondern es ist die Form des Trichters, die die Murmel sich drehen lässt. Die Planeten bewegen sich um die Sonne und Gegenstände fallen runter, weil der Raum um sie herum verbogen ist.

Oder genauer gesagt, nicht der Raum ist verbogen, sondern die Raumzeit – die Raumzeit, von der Einstein schon zehn Jahre vorher bewiesen hat, dass sie keine Reihe von Momenten ist, sondern 'n Ganzes mit Struktur.

Die Idee war also da, und Einstein musste jetzt nur noch Gleichungen finden, mit denen er die Idee untermauern konnte. Und Einstein hatte Glück: Das Problem war schon von Mathematikern gelöst worden.

Carl Friedrich Gauss, einer der größten Mathematiker des 19. Jahrhunderts, der auch "Fürst der Mathematik" genannt wurde, hatte schon 'ne Mathematik entwickelt, mit der man gekrümmte Oberflächen beschreiben kann, zum Beispiel die Oberfläche von Bergen.

Und später hat er einen seiner talentiertesten Studenten gebeten, diese Mathematik auf gekrümmte Räume mit drei oder mehr Dimensionen zu erweitern. Dieser Student, Bernhard Riemann, hat dann 'ne Doktorarbeit geschrieben, die scheinbar total nutzlos und langweilig war.

Riemanns Ergebnis war, dass die Eigenschaften von gekrümmten Räumen (oder Raumzeiten) mit jeder Dimension durch 'n bestimmtes mathematisches Objekt beschrieben werden können, das wir Riemannsche Krümmung nennen, und das mit dem Buchstaben R bezeichnet wird. Bei Ebenen, Hügeln und Bergen ist die Krümmung R der Ebene null, die ist ja flach, also "nicht gekrümmt". Wo die Krümmung nicht null ist, da sind Täler und Hügel; auf der Spitze von Bergen hat die Krümmung ihren Maximalwert, da ist es am unebensten oder am stärksten gekrümmt. Mit Riemanns Theorie kann man die Form von gekrümmten Räumen mit drei oder vier Dimensionen beschreiben.

Einstein hat sich total reingekniet und Freunde gefragt, die besser in Mathe waren als er, und Riemanns Mathematik gelernt. Dann hat er 'ne Gleichung aufgeschrieben, in der R proportional zur Energie der Materie ist. Das heißt, da wo Materie ist, ist der Raum stärker gekrümmt. Das war die Antwort, diese Gleichung ist mit den Maxwell-Gleichungen vergleichbar, aber sie gilt für die Gravitation, nicht für die elektrische Kraft. Diese Gleichung ist nur 'ne halbe Zeile lang, so einfach ist das. 'Ne Einsicht – der Raum ist gekrümmt – wird zu 'ner Gleichung.

Aber diese Gleichung hat 'n total vielseitiges Universum hervorgebracht. Aus dieser genialen Theorie sind 'ne Menge fantastischer Vorhersagen entstanden, die sich anhören wie das Gerede von Verrückten, aber die am Ende alle bestätigt wurden. Selbst am Anfang der 80er Jahre hat kaum jemand diese Vorhersagen ernst genommen, aber dann wurden sie nach und nach alle experimentell bewiesen. Schauen wir uns mal ein paar davon an.

Als erstes hat Einstein neu berechnet, wie Gegenstände wie die Sonne den Raum um sich herum verbiegen, und welchen Einfluss diese Krümmung auf die Bewegung von Planeten hat. Er hat rausgefunden, dass die Bewegung der Planeten ungefähr mit dem übereinstimmt, was Kepler und Newtons Gleichungen vorhersagen, aber nicht ganz; in der Nähe der Sonne ist der Einfluss der Raumkrümmung stärker als der Einfluss der Newtonschen Kräfte. Einstein hat die Bewegung des Merkur berechnet, weil der der Sonne am nächsten ist, und bei dem der Unterschied zwischen seiner Theorie und der von Newton am größten ist. Er hat 'n Unterschied festgestellt: Der sonnennächste Punkt der Merkurbahn bewegt sich jedes Jahr 0,43 Bogensekunden mehr, als die Newton-Theorie vorhersagt. Das ist 'n total kleiner Unterschied, aber den können Astronomen messen. Wenn man dann die Beobachtungen der Astronomen mit den beiden Vorhersagen vergleicht, ist das Ergebnis total eindeutig: Die Bewegung des Merkur folgt der Bahn, die Einstein vorhergesagt hat, nicht der, die Newton vorhergesagt hat. Merkur, der Götterbote, der Gott mit den Flügelschuhen, folgt Einstein, nicht Newton.

Einsteins Gleichungen beschreiben, wie der Raum in der Nähe von Sternen verbogen ist, und durch diese Krümmung wird Licht abgelenkt. Einstein hat vorhergesagt, dass die Sonne das Licht um sich herum ablenken wird. Experimentelle Messungen haben das 1919 bestätigt, und die Ablenkung des Lichts hat genau mit der Vorhersage übereingestimmt.

Aber nicht nur der Raum ist verbogen, sondern auch die Zeit. Einstein hat vorhergesagt, dass die Zeit an Orten auf der Erde, die höher liegen, schneller vergeht als an Orten, die tiefer liegen. Und auch das wurde gemessen und bestätigt. Heute gibt's in vielen Labors extrem genaue Uhren, mit denen man diesen Effekt sogar messen kann, wenn sich die Höhe nur um wenige Zentimeter unterscheidet. Wenn man 'ne Uhr auf den Boden stellt und die andere auf 'n Tisch, dann zeigt die Uhr auf dem Boden weniger Zeit an als die auf dem Tisch. Warum? Weil die Zeit nicht gleichmäßig und starr ist, sondern sich je nach Nähe zur Materie dehnt und zusammenzieht. Die Erde, wie alle anderen Gegenstände auch, verbiegt die Raumzeit und verlangsamt die Zeit in ihrer Nähe, zwar nur 'n bisschen, aber Zwillinge, die einmal am Meer wohnen und einmal in den Bergen, werden feststellen, dass wenn sie sich wiedersehen, der eine älter ist als der andere.

Naja, ob du's glaubst oder nicht, dass 'n Ball, den man hochwirft, wieder runterfällt, liegt auch an demselben Grund: Der Ball "nimmt Zeit zu", wenn er höher kommt, weil die Zeit da anders schnell vergeht. In beiden Fällen folgen Flugzeuge und Bälle in der verbogenen Raumzeit geraden Linien.

Die Vorhersagen der Theorie gehen aber noch weit über diese kleinen Effekte hinaus. Sterne brennen, solange sie genug Wasserstoff als Brennstoff haben, und gehen dann langsam aus. Wenn der Druck, der durch die Hitze entsteht, die restliche Materie nicht mehr stützen kann, dann stürzt sie unter ihrem eigenen Gewicht zusammen. Wenn das mit 'nem Stern passiert, der groß genug ist, dann wird die Materie durch das große Gewicht extrem zusammengepresst und der Raum wird so stark verbogen, dass da 'n Loch entsteht: ein Schwarzes Loch.

Als ich studiert habe, galten Schwarze Löcher als unglaubliche Vorhersagen dieser geheimnisvollen Theorie. Mittlerweile wurden schon Hunderte von Schwarzen Löchern beobachtet und von Astronomen genau untersucht. Eins davon, das 'ne Million Mal so schwer ist wie die Sonne, ist genau im Zentrum unserer Galaxie – wir können beobachten, wie sich Sterne drumherum bewegen, und manche werden durch die furchtbare Gravitation zerstört, weil sie zu nah dran sind.

Und außerdem sagt die Theorie vorher, dass der Raum wie 'ne Meeresoberfläche Wellen schlagen kann, und diese Wellen sind ähnlich wie elektromagnetische Wellen im Fernseher. Diese "Gravitationswellen" kann man bei Doppelsternen am Himmel beobachten: Die senden Gravitationswellen aus, verlieren Energie und bewegen sich langsam aufeinander zu.

Gravitationswellen, die von zwei Schwarzen Löchern erzeugt wurden, wurden im zweiten Halbjahr 2015 von Antennen auf der Erde direkt beobachtet, und die Ankündigung, die im ersten Halbjahr 2016 veröffentlicht wurde, hat die Welt nochmal sprachlos gemacht. Einsteins verrückt wirkende Theorie wurde wieder mal bestätigt.

Und außerdem sagt die Theorie noch vorher, dass sich das Universum ausdehnt und dass das Universum vor 14 Milliarden Jahren durch 'n Urknall entstanden ist – darüber rede ich aber später noch genauer.

Diese vielfältigen und komplizierten Phänomene – die Ablenkung von Licht, die Korrektur der Newtonschen Gravitation, die Verlangsamung von Uhren, Schwarze Löcher, Gravitationswellen, die Ausdehnung des Universums, der Urknall – die gehen alle auf diese Erkenntnis zurück: Der Raum ist kein leerer und starrer Behälter, sondern er hat seine eigene Dynamik und "Physik", so wie auch die Materie und die Felder, die er enthält. Demokrit hätte sich gefreut, wenn er gesehen hätte, wie viel Zukunft in seiner Raumvorstellung steckt. Er hat den Raum ja wirklich "Nichtsein" genannt, und die Materie mit "Sein" bezeichnet; und von diesem "Nichtsein", von der "Leere", hat er gesagt, dass sie "ihre eigene Physik und Entität" hat. Wie Recht er doch hatte.

Ohne Faradays Idee von Feldern, ohne die Macht der Mathematik, ohne die Geometrie von Gauss und Riemann, wäre diese "besondere Physik" unvorstellbar geblieben. Mit den neuen konzeptionellen Werkzeugen und der Hilfe der Mathematik hat Einstein Gleichungen aufgeschrieben, mit denen man die Leere von Demokrit beschreiben kann, und seine "besondere Physik" hat 'ne bunte und faszinierende Welt entdeckt, in der sich das Universum ausdehnt, der Raum zu bodenlosen Löchern zusammenstürzt, die Zeit in der Nähe von Planeten langsamer vergeht, und der unendliche interstellare Raum wie 'ne Meeresoberfläche Wellen schlägt…

Das alles klingt wie 'ne Geschichte, die 'n Idiot erzählt, voller Lärm und Wut, aber ohne Sinn. Aber es ist 'n Blick auf die Realität. Oder besser gesagt, es ist 'n Blick auf die Realität, der klarer ist als unsere normale, verschwommene Sicht. Die Realität scheint aus demselben Stoff zu sein wie unsere Träume, aber sie ist echter als unsere nebligen Träume.

Und das alles kommt von 'ner grundlegenden Intuition – nämlich dass die Raumzeit und das Gravitationsfeld ein und dasselbe sind – und ich kann's mir nicht verkneifen, diese einfache Gleichung hier aufzuschreiben, auch wenn die meisten meiner Leser sie nicht verstehen werden, aber ich hoffe, sie können wenigstens ihre schöne Einfachheit bewundern:

1915 war diese Gleichung sogar noch einfacher, weil der Term Λgab, den Einstein zwei Jahre später hinzugefügt hat (worauf ich später noch eingehen werde), noch nicht da war. Rab hängt von der Riemannschen Krümmung ab und beschreibt die Krümmung der Raumzeit; Tab steht für die Energie der Materie; und G ist die Konstante, die Newton entdeckt hat: die Konstante, die die Stärke der Gravitation bestimmt.

So sind also 'ne neue Perspektive und 'ne neue Gleichung entstanden.

Bevor ich jetzt mit der Physik weitermache, will ich erstmal kurz über die Mathematik reden. Einstein war kein genialer Mathematiker. Er hat ja selber gesagt, dass er in Mathe große Schwierigkeiten hatte. 1943 hat ihm 'n neunjähriges Mädchen namens Barbara geschrieben und ihn nach ihren Problemen in Mathe gefragt, und Einstein hat geantwortet: "Mach dir

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