Chapter Content

Calculating...

Also, absolutely do not output any formatting.
Ja, hallo erstmal, äh, also, ich muss euch jetzt mal was gestehen. Ich hab' da so 'n Thema, das ich die ganze Zeit so ein bisschen unter den Teppich gekehrt hab. Ist mir fast schon peinlich, aber jetzt muss es einfach raus. Es geht um die Frage, ob wir überhaupt 'ne Wahl haben im Leben. Ob unser Leben von Anfang an feststeht, wie in 'nem Drehbuch, oder ob wir wirklich frei sind, unser Schicksal selbst zu bestimmen.

Ich meine, ich hab' ja die ganze Zeit argumentiert, dass kleine Zufälle unser Leben total beeinflussen, ne? Dass alles komplett anders laufen würde, wenn wir nur 'ne Kleinigkeit ändern würden. Aber ich hab' halt 'ne total wichtige Frage ignoriert: Können wir diese Kleinigkeiten überhaupt ändern? Oder ist alles schon vorgegeben? Haben wir 'nen freien Willen oder sind wir nur Marionetten?

Für die meisten Leute klingt das ja total absurd, ich weiß. Natürlich können wir Dinge ändern! Du könntest jetzt sofort aufhören, das hier anzuhören, oder 'nen Tanz aufführen, oder dein Haus anzünden. Jede dieser Aktionen würde dein Leben irgendwie verändern. Aber… was würde dich dazu bringen, diese Dinge zu tun? Wir reden ja so oft von Gedanken, aber was meinen wir eigentlich damit? Wie können wir diese… mystische Fähigkeit beschreiben, die wir angeblich haben? Ist die irgendwie unabhängig von den ganzen Ursachen und Wirkungen, die sonst alles in der Welt bestimmen? Ich glaub', wir müssen uns das mal genauer anschauen.

Kommen wir mal zurück zu der Frage, die uns überhaupt erst hierher gebracht hat: Wenn du dein Leben nochmal von vorne anfangen könntest, würde dann alles genauso laufen? Es geht ja darum, woher die ganzen Unterschiede in unserem Leben kommen. Was sorgt dafür, dass sich unsere Wege trennen? Ich glaub', es gibt so sechs Hauptantworten auf die Frage: "Würde alles gleich ablaufen?"

Also, erstmal: "Nein, alles wäre anders, weil Menschen eben unterschiedliche Entscheidungen treffen." Kennen wir doch alle, oder? Ich hab' schon so oft überlegt, ob ich was anders machen soll. Wenn ich mein Leben wiederholen würde, würde ich vielleicht andere Entscheidungen treffen. Nennen wir das mal die "Ich hätte auch anders handeln können"-Antwort.

Dann gibt's noch: "Nein, alles wäre anders, weil Gott (oder die Götter) manchmal eingreift und Dinge verändert." Die "Göttliche Intervention"-Antwort.

Oder: "Nein, die Welt wäre zumindest ein bisschen anders, weil die Quantenmechanik beweist, dass manche Dinge wirklich zufällig sind." Zufällige Prozesse führen zu unterschiedlichen Ergebnissen, wenn man sie wiederholt. Das ist jetzt vielleicht nicht so verbreitet, aber nennen wir es mal die "Quanten-Zufälle"-Antwort.

Dann gibt's natürlich auch die, die sagen: "Ja, alles wäre gleich, weil Gott (oder die Götter) alles lenkt. Das Universum läuft nach einem festen, göttlichen Plan ab." Die "Gott entscheidet alles"-Antwort.

Oder: "Ja, alles wäre im Grunde gleich, weil die kleinen Veränderungen keine Rolle spielen. Am Ende läuft alles auf's Gleiche raus." Die "Alles hat seinen Grund"-Antwort.

Und schließlich: "Ja, alles wäre identisch, weil die Welt den Naturgesetzen folgt. Alles, was passiert, wird durch das verursacht, was vorher passiert ist. Eine endlose Kette von Ursache und Wirkung." Die "Deterministisches Universum"-Antwort.

Ich hab' ja schon erklärt, warum ich die "Alles hat seinen Grund"-Antwort für Quatsch halte, also lass ich das mal. Und über "Göttliche Intervention" und "Gott entscheidet alles" will ich auch nicht diskutieren. Ich glaub' das einfach nicht. Aber wenn es sowas wie 'ne höhere Macht gibt, dann werden wir das nicht mit Logik beweisen können. Glauben ist halt Glauben, da kommt man mit Argumenten nicht weiter.

Also, bleiben noch drei Optionen: "Ich hätte auch anders handeln können", "Quanten-Zufälle" und "Deterministisches Universum". Anders gesagt: Veränderungen in 'ner Wiederholung unseres Lebens kämen entweder von unserem freien Willen oder von irgendwelchen Quanten-Effekten. Oder eben gar nicht, dann wäre alles immer gleich. Welche Sichtweise ist richtig?

Die erste Frage, die wir beantworten müssen, ist: Ist unsere Welt deterministisch oder indeterministisch? Eine dritte Option gibt's nicht. Entweder oder. Wer sagt, dass 'ne Wiederholung unseres Lebens zum gleichen Ergebnis führen würde, ist Determinist. Wer sagt, dass es anders laufen könnte, ist Indeterminist.

Wenn die Welt deterministisch ist, dann ist alles wie gesagt, vorbestimmt. Determinismus bedeutet, dass Veränderungen einfach von den Anfangsbedingungen abhängen (wie die Dinge zu einem bestimmten Zeitpunkt sind) und den Naturgesetzen. Alles, was passiert, wird direkt und vollständig durch das verursacht, was vorher passiert ist. Eine endlose Kettenreaktion von Ursache und Wirkung, die nach den Gesetzen der Physik abläuft.

Wir akzeptieren Determinismus in vielen Bereichen unseres Lebens. Wenn du zum Beispiel 'ne Billardkugel anstößt und sie stößt 'ne andere Kugel im richtigen Winkel mit der richtigen Kraft an, dann bestimmen die Gesetze der Physik genau, wo beide Kugeln landen werden. Wenn du die erste Kugel perfekt angestoßen hast, dann kannst du sicher sein, dass die zweite Kugel im Loch landet. Keine Magie, kein Zufall, die Kugeln haben keine Wahl. Wo die Kugel jetzt ist, wird dadurch bestimmt, wo sie 'ne Sekunde vorher war, plus alle physikalischen Kräfte, die auf sie wirken. Einfach nur Physik. Der Zustand des Universums zu jedem Zeitpunkt wird durch vorherige Ursachen bestimmt, also durch das, was vorher war. Die Vergangenheit bestimmt die Gegenwart und die Gegenwart bestimmt die Zukunft. Alles hängt zusammen, unendlich weit zurück.

Aber wenn die Welt komplett deterministisch ist, wo endet das dann? Was in diesem Moment passiert ist, wurde durch das verursacht, was einen Moment vorher passiert ist. Heute wurde durch gestern bestimmt. Was am 7. Mai 1642 passiert ist, wurde durch das verursacht, was am 6. Mai 1642 passiert ist, und so weiter und so fort.

Am Ende ist die logische Konsequenz eines deterministischen Universums, dass alles, was passiert, vollständig durch die Anfangsbedingungen und die Naturgesetze seit dem Urknall bestimmt wurde. Der Zustand der Teilchen im Moment nach dem Urknall, vor 13,7 Milliarden Jahren, hat den Zustand des Universums im nächsten Moment bestimmt, der wiederum den Zustand im nächsten Moment bestimmt hat, und so weiter, bis heute. Wenn Ursache und Wirkung in 'ner ununterbrochenen Kette ablaufen, dann bedeutet das, dass selbst wenn du dir heute Morgen um 8:07 die Zähne geputzt hast oder dein Hund 'nen Eichhörnchen gesehen hat und gebellt hat, dass das alles schon durch die Anfangsbedingungen des Universums vor 13,7 Milliarden Jahren bestimmt wurde. Alles wurde damals in Bewegung gesetzt und unser Leben ist wie das komplizierteste Billardspiel aller Zeiten, mit unzähligen Atomen, die ständig zusammenstoßen. Wenn das stimmt, dann wird alles in unserem Leben durch die deterministischen Kräfte der Physik bestimmt. Es hätte nicht anders sein können – weil die Physik keine magischen Ursachen und Wirkungen zulässt. Verrückt, aber vielleicht wahr.

"Moment mal!", wirst du jetzt vielleicht sagen. "Du hast doch die ganze Zeit von kleinen, zufälligen Veränderungen erzählt und davon, dass alles anders wäre, wenn die anders gelaufen wären. Wie passt das denn zu 'nem Universum, in dem nichts anders sein kann?"

Denken wir mal an diesen Film, wo die Hauptdarstellerin ihren Zug verpasst, aber im nächsten Moment doch noch rechtzeitig einsteigt. Der Film zeigt, wie anders ihr Leben wäre, nur wegen dieser einen kleinen Veränderung. Der Determinismus sagt, dass es nur ein mögliches Ergebnis gibt, gegeben den Zustand der Welt zu diesem Zeitpunkt – die Frau wird den Zug erwischen oder verpassen. Aber das ändert nichts daran, dass es trotzdem interessant ist, darüber nachzudenken, was passiert wäre, wenn die andere Möglichkeit eingetreten wäre. Für 'nen Deterministen ist es also trotzdem wertvoll, über Dinge nachzudenken, die unmöglich sind. Wir verstehen unsere Welt besser, wenn wir etwas tun, was keine andere Spezies so gut kann: uns fragen, "Was wäre wenn?".

Denk mal drüber nach: Der Determinismus bedeutet, dass der Asteroid, der die Dinosaurier getötet hat, nicht eine Sekunde später hätte einschlagen können – er war auf 'ner festen Bahn, die durch die Schwerkraft und die anderen Naturgesetze bestimmt wurde. Aber wenn er das getan hätte, wäre unsere Welt völlig anders. Jetzt stell dir vor, dass Menschen einfach komplexere, lebende Versionen dieses Asteroiden sind. Unsere Gedanken, Handlungen und unser Verhalten sind durch physikalische Prozesse bestimmt. Wenn das stimmt, dann ist es immer noch nützlich, sich vorzustellen, wie kleine Veränderungen die Handlung verändern könnten, selbst wenn wir den Drehbuch nicht ändern können.

In 'nem deterministischen System machen kleine Details immer noch 'nen großen Unterschied. Ein Sandkorn auf dem Billardtisch, am richtigen Ort, könnte die Bahn der Kugeln verändern. Wenn man das Sandkorn nur um 'nen Millimeter verschiebt, könnte das bedeuten, dass die Kugel abprallt und das Loch verfehlt. Der Rest des Spiels könnte sich komplett verändern, nur durch so 'nen kleinen Punkt. Wir verstehen das intuitiv, wenn wir über 'ne Zeitmaschine nachdenken und über die Risiken, wenn wir irgendwas winziges in der Vergangenheit verändern. Aber irgendwie scheinen wir gegen die gleiche deterministische Logik immun zu sein, wenn's um unsere Gegenwart geht.

Determinismus bedeutet nicht, dass wir die Zukunft vorhersagen können. Die Chaostheorie zeigt, dass scheinbar unbedeutende Veränderungen an den Anfangsbedingungen in 'nem deterministischen System im Laufe der Zeit zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen führen können. Unser Leben könnte also gleichzeitig deterministisch und völlig unvorhersehbar sein. Die Frage ist nicht, ob wir vorhersagen können, was passieren wird (können wir nicht), sondern ob alles durch das verursacht wird, was vorher war. Es gibt keine magischen Eigenschaften, die Regenwolken entstehen lassen – alles ist Physik, verursacht durch das, was vorher war. Aber weil das System so komplex ist, können wir das Wetter nur für ein paar Tage zuverlässig vorhersagen. Nach zwei Wochen ist alles möglich, selbst für den besten Supercomputer der Welt. Determinismus in Kombination mit der Chaostheorie sagt, dass wir das Drehbuch nicht ändern können, aber wenn wir das könnten, dann könnte selbst 'ne mikroskopisch kleine Veränderung an der Handlung oder den Charakteren – selbst 'n Schmetterling, der auf der Bühne mit den Flügeln schlägt – alles verändern, was danach passiert.

"Moment mal!", wirst du jetzt vielleicht wieder wütend einwenden. (Brauchst du 'ne Umarmung?) "Ich widerlege doch ständig diese Idee von 'ner festen Bahn! Ich hab' aus meinen Fehlern gelernt! Ich hab' beschlossen, abzunehmen und jetzt gehe ich drei Mal die Woche ins Fitnessstudio!" Das ist ein häufiger Fehler, den Leute machen, wenn sie zum ersten Mal mit dem Determinismus in Berührung kommen: Sie verwechseln die Vorstellung, dass Dinge kausal bestimmt sind, mit der Vorstellung, dass Dinge statisch sind. Der Determinismus behauptet, dass das ineinandergreifende Muster von Ursache und Wirkung fest und unvermeidlich ist. Aber das bedeutet nicht, dass deine Natur oder dein Verhalten fest sind. Wenn du, als Raucher, 'ne Dokumentation siehst, die Bilder von Lungen voller Krebs zeigt, dann entscheidest du dich vielleicht, mit dem Rauchen aufzuhören. Das passt perfekt zum deterministischen Denken, das erklären würde, dass die komplexe Kette von Ursache und Wirkung in der Vergangenheit unaufhaltsam zu dem Moment geführt hat, in dem du diese Doku gesehen hast. Warum hast du sie gesehen? Weil dein Freund sie dir empfohlen hat. Warum hat sie sie dir empfohlen? Weil sie 'nen Freund an Lungenkrebs verloren hat. Warum ist dieser Freund an Lungenkrebs gestorben? Jede Erklärung geht immer weiter zurück, 'ne ununterbrochene, unendliche Reihe von Ursache und Wirkung, die unweigerlich dazu geführt hat, dass du diesen Film gesehen hast. Genauso unvermeidlich war es auch, dass dein Gehirn – bestehend aus Neuronen, Chemikalien, Hormonen und so weiter – auf diese Doku reagieren würde, indem es beschließt, mit dem Rauchen aufzuhören oder eben nicht. Der physische Zustand deines Gehirns hat bestimmt, was passieren würde, wenn du 'ne neue Information erhältst (die Doku). Als du diese neue Information erhalten hast, war das Ergebnis bereits bestimmt, 'ne physikalische Reaktion in deinem Gehirn, die die Erfahrung 'ner mentalen Entscheidung hervorgerufen hat.

Die Debatte dreht sich nicht darum, ob Selbstverbesserung oder Selbstzerstörung möglich ist (natürlich ist sie das), sondern woher die Selbstverbesserung oder Selbstzerstörung kommt. Deterministen argumentieren, dass komplexe Interaktionen in der physischen Welt bestimmen, wie du dich entscheidest zu handeln. Es gibt keine körperlosen Gedanken, die unabhängig von der physischen Materie sind, aus der du bestehst. Stattdessen kommen Entscheidungen von der physischen Materie in deinem Gehirn und Körper, die durch das geprägt ist, was vorher war: deine Gene, deine Erfahrungen, deine Interaktionen mit deiner Umwelt, deine Freuden und Traumata, die in neuronale Netzwerke in deinem Gehirn eingeätzt sind, sogar durch die Bakterien in deinem Darm und das, was du heute Morgen zum Frühstück gegessen hast. Alles passt zusammen in 'ner Kausalkette, die zu vollständig determinierten Ergebnissen führt, so fest wie 'ne chemische Reaktion. Im Determinismus ist nichts, was passiert, ohne Ursache.

Der Indeterminismus dagegen deutet darauf hin, dass sich das Drehbuch ändern kann. Wenn du dein Leben nochmal von vorne anfangen und auf Play drücken würdest, mit genau den gleichen Anfangsbedingungen, dann könnten die Dinge anders ablaufen. Mehrere mögliche Zukünfte könnten aus dem gleichen Ausgangspunkt entstehen. Wir sind nicht auf 'ner festen Bahn. Aber das wirft 'ne Frage auf: Was könnte die Abweichungen von dieser Bahn verursachen, wenn alles durch das verursacht wird, was vorher war?

Die Menschen haben diese Frage im Laufe der Geschichte unterschiedlich beantwortet. Schon vor zweitausendsechshundert Jahren haben frühe vorsokratische Philosophen wie Heraklit ein deterministisches Universum vorgeschlagen. In der östlichen Philosophie gibt es ähnliche Ideen, wie zum Beispiel die buddhistische Vorstellung von "bedingter Entstehung" oder die Ājīvika-Schule der indischen Philosophie.

Aber immer wenn der Determinismus vorgeschlagen wurde, haben einige in der Antike vehement Einspruch erhoben. "Wenn du akzeptierst, dass wir in 'nem deterministischen Universum leben", warnten sie, "dann musst du die Vorstellung vom freien Willen aufgeben!" Irgendwann fanden einige 'nen Ausweg aus dieser Sackgasse mit 'ner Idee, die sie "atomare Abweichung" nannten. Vor etwa zweitausenddreihundert Jahren versuchte der griechische Philosoph Epikur, den freien Willen in 'ner deterministischen Weltanschauung zu retten, indem er vorschlug, dass Atome gelegentlich zufällig von ihrem erwarteten Kurs abweichen. Es wurde kein wissenschaftlicher Mechanismus für diese Abweichung vorgeschlagen, aber es war 'ne bequeme Möglichkeit, die philosophischen Auswirkungen eines deterministischen Universums abzumildern. Wenn manche Dinge zufällig wären, dann wäre die Welt beruhigend ungewiss, vielleicht mit 'nem bisschen Spielraum für den freien Willen.

Aber diese scheinbar magische Abweichung hat nicht jeden überzeugt. Im ersten Jahrhundert vor Christus wies der römische Dichter Lukrez in seiner Abhandlung "De Rerum Natura" oder "Über die Natur der Dinge" auf das Problem hin.

Wenn immer alle Bewegungen zusammenhängen

Und aus dem Alten immer das Neue entsteht…

Woher kommt dieser freie Wille für die Geschöpfe über die Länder,

Woher wird er dem Schicksal entrissen?

Die großen Denker der Naturwissenschaften, Philosophie und Theologie haben sich in den nächsten zweitausend Jahren mit diesem Problem auseinandergesetzt, mit unterschiedlichen Ansichten über den Determinismus, die Rolle Gottes und den Grad, in dem menschliche Charaktere in 'nem göttlichen Drehbuch die Handlung verändern können. Einige entwickelten Ideen über den theologischen Determinismus, der implizierte, dass der Determinismus wahr ist, aber dass das Drehbuch ausschließlich von Gott geschrieben und inszeniert wird. Calvinisten entwickelten zum Beispiel 'ne Theorie der Prädestination. In den Worten von Johannes Calvin selbst: "Alle Ereignisse werden durch den geheimen Rat Gottes gelenkt…. Nichts geschieht, was [Gott] nicht wissentlich und willentlich beschlossen hat." Andere beharrten weiterhin darauf, dass der freie Wille sowohl real als auch bedeutsam ist. Gott mag das Universum erschaffen haben, aber Sünden werden frei gewählt, weder durch göttliches Gesetz noch durch die Gesetze der Physik vorgeschrieben.

Dann, im Jahr 1687, wurde Isaac Newtons "Principia" veröffentlicht, die 'ne wissenschaftliche Revolution auslöste, die für immer veränderte, wie wir über unsere Welt denken. Die Newtonsche Physik oder Newtonsche Mechanik – die genau erklärt, wie sich viele Objekte im Universum die meiste Zeit verhalten – ist deterministisch. Sie dominierte das wissenschaftliche Denken über Veränderungen jahrhundertelang und führte zu Gedankenexperimenten wie dem Dämon von Laplace und dem Glauben an ein Uhrwerk-Universum. Aber Newtons Gesetze erklären nicht alles. Im letzten Jahrhundert wurden drei große Herausforderungen für die Newtonsche Physik entdeckt. Seine Gesetze gelten nicht gut für das sehr Kleine (was die Quantenphysik erfordert), das sehr Schnelle (was die spezielle Relativitätstheorie erfordert) oder das sehr Große (was die allgemeine Relativitätstheorie erfordert).

Die Quantenmechanik verdient unsere größte Aufmerksamkeit. Ich werde hier nicht auf die technischen Details eingehen (wer sich dafür interessiert, kann sich über das Doppelspaltexperiment, die Schrödinger-Gleichung, die Heisenbergsche Unschärferelation, die Quantenüberlagerung oder den Kollaps der Wellenfunktion informieren). Aber die wissenschaftliche Forschung zeigt, dass sich die kleinsten Teilchen seltsam verhalten. Obwohl diese verblüffenden Verhaltensweisen durch rigorose Experimente gründlich dokumentiert, überprüft und erneut überprüft wurden, gibt es heftige Meinungsverschiedenheiten darüber, was die Ergebnisse bedeuten. Einige Wissenschaftler haben es aufgegeben, aus Quanteneffekten irgendeine größere Bedeutung oder philosophische Wahrheit abzuleiten – ein Lager, das als die "Halt die Klappe und rechne"-Denker bekannt ist. Aber die vorherrschende Interpretation der Quantenmechanik ist als die Kopenhagener Interpretation bekannt. Sie ist weiterhin umstritten, weil sie, wie alle Interpretationen der Quantenmechanik, von mehreren ungelösten Problemen durchzogen ist.

Hier ist der entscheidende Punkt für uns: Die Kopenhagener Interpretation impliziert, dass auf den kleinsten Ebenen der Materie einige Aspekte unserer Welt völlig zufällig sind, nicht durch den Determinismus, sondern durch Wahrscheinlichkeiten bestimmt. Die Interpretation impliziert, dass einige Veränderungen auf subatomarer Ebene anders sind als alles andere im bekannten Universum. Sie sind wirklich unursächlich – was bedeutet, dass die wahre Zufälligkeit herrscht. Bis zu 'nem gewissen Grad war die Quantenmechanik ein bisschen wie 'ne wissenschaftlich rigorose Wiederauferstehung der Abweichung, die Epikur vor mehr als zwei Jahrtausenden vorgeschlagen hat. Diese Interpretation gab Anlass zu 'nem wissenschaftlichen Paradigma, das zu dem Schluss kam, dass die Welt indeterministisch ist, nicht weil wir Dinge verändern können, sondern weil sich Dinge von Natur aus zufällig verändern. Wir könnten dieses Lager als die Quanten-Indeterministen bezeichnen. Für sie ist die Welt nicht vorbestimmt oder auf 'ner festen Bahn. Aber diese Variation kommt nicht von uns, sondern wegen der subatomaren Seltsamkeiten, dem verblüffenden Verhalten der kleinsten Bausteine der Materie. Wenn man das Band des Lebens wieder abspielt, würde das nur zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, weil sich das zufällige Verhalten der subatomaren Teilchen nie zweimal genau gleich wiederholt. Wenn das stimmt, dann wird unsere Welt – zumindest auf den kleinsten Ebenen – von echter Zufälligkeit bestimmt.

Einige Interpretationen von Quanteneffekten bleiben deterministisch (wie zum Beispiel die Bohmsche Mechanik, die Viele-Welten-Interpretation oder der Superdeterminismus). Die Debatte ist ungelöst. Niemand weiß wirklich, was los ist! Was aber innerhalb eines Großteils der wissenschaftlichen Gemeinschaft weitgehend Einigkeit herrscht, ist, dass eine dieser beiden Aussagen richtig ist:

Der Determinismus ist wahr.
Die Welt ist indeterministisch, aber nur aufgrund von Quanten-Seltsamkeiten.

Du wirst vielleicht feststellen, dass eine bestimmte Aussage in diesen Optionen fehlt: die Vorstellung, dass wir, allein, unabhängige Autoren sein können, die unsere eigenen Drehbücher verändern. Wo bleibt der freie Wille in diesem wissenschaftlichen Konsens?

Das Gefühl des freien Willens ist universell. Menschen können bestimmten Empfindungen nicht entkommen, egal wie sehr sie sich bemühen. Aber wenn man diese Empfindungen etwas genauer untersucht, beginnt die Gewissheit zu bröckeln. Wenn ich überlege, wo "ich" bin – im metaphysischen Sinne und nicht im geografischen – dann ist es für mich logisch klar, dass ich mich ganz klar irgendwo in meinem Körper befinde. Aber wenn mein ganzer Körper "ich" ist, dann würde 'n Haarschnitt oder das Schneiden meiner Fingernägel etwas Grundlegendes daran ändern, wer ich bin. Und das scheint mir 'ne seltsame Art zu sein, uns selbst zu betrachten. Stattdessen gibt mir das Gefühl der Existenz, der Navigation durch die Welt, das Gefühl, dass das wahre "Ich" irgendwo hinter meinen Augen lauert, als ob alles, von meinen Gliedmaßen bis zu meiner Leber, nur 'n Lakai des Brian-Hauptquartiers ist, wobei das wahre "Ich" als körperloser CEO irgendwo in meinem Gehirn in der Nähe der Vorderseite meines Schädels sitzt.

Dieses Gefühl ist so universell und kommt uns so natürlich vor, dass 'ne weit verbreitete wissenschaftliche Theorie aus dem 17. Jahrhundert über den Ursprung des menschlichen Lebens vorschlug, dass jede Samenzelle 'nen mikroskopisch kleinen, vollständig geformten Menschen enthält, der heute als Homunkulus bekannt ist, von dem man annahm, dass er zu 'ner Person heranwächst. Diese Theorie – der Präformationismus – hielt sich zwei Jahrhunderte lang, bevor sie widerlegt wurde. Sie spiegelt unseren Wunsch wider, uns einen ewigen Manager vorzustellen – 'ne entscheidende Seele – in jedem von uns, 'n unveränderliches Wesen, das alles kontrolliert, frei denkt, frei wählt.

Da die meisten Leute nicht über Determinismus und freien Willen bei 'nem Bier diskutieren (Hut ab, wenn du das tust – wir würden gerne mal mit dir in 'ne Kneipe gehen), haben nur wenige sorgfältig darüber nachgedacht, wie sie das Gefühl des freien Willens mit den Erkenntnissen der modernen Wissenschaft in Einklang bringen können. Natürlich zieht kein Homunkulus an Hebeln in unseren Schädeln, aber es ist verlockend, sich vorzustellen, dass das Gehirn die gleiche Funktion erfüllt, der gleiche miniaturisierte CEO, der zufällig ein bisschen faltig ist und rosa und grau gekleidet ist. Doch den mentalen Eindruck 'ner körperlosen, geschrumpften Version von uns selbst gegen 86 Milliarden unromantische Neuronen auszutauschen, fühlt sich irgendwie wie 'n Abstieg an. Schlimmer noch, es führt zu 'ner unangenehmen Frage, die wir nicht zu unserer Zufriedenheit beantworten können: Bin "ich" nur 'n physisches Wesen, die sterile Anhäufung von Chemikalien und Materieklumpen?

Diese Art der Fragestellung bringt uns unweigerlich zu dem gleichen Rätsel, vor dem schon Descartes stand. Wo, physisch, ist unser Geist oder unsere Seele? Seine Antwort war, dass diese mystischen Wesenheiten nichtphysisch sind – dass unser Gehirn aus physischer Materie besteht, aber unser Geist nicht, 'n Konzept, das als Dualismus bekannt ist. Mentale Prozesse können getrennt vom physischen Körper existieren und unsere Körper können nicht denken.

Aber als wir begannen, die Geheimnisse der Welt mit der Wissenschaft zu lüften, wurde klar, dass die von Descartes vorgeschlagene Idee jedes bekannte Gesetz über die Funktionsweise des Universums verletzen würde. Alles hat 'ne physische Basis, was bedeutet, dass deine Gedanken, Erinnerungen, Impulse, Launen und in der Tat dein Wille alle in dir wohnen, greifbare Wesenheiten, die aus Materie bestehen, deren Eigenschaften durch die emergenten Interaktionen unzähliger komplexer neuronaler Netzwerke erzeugt werden.

Sobald wir die physische Basis unseres Geistes akzeptieren – was wir tun müssen, wenn wir uns an die Grundprinzipien des wissenschaftlichen Denkens halten wollen – dann taucht sofort ein beunruhigendes Rätsel auf, wie ein unbequemer und ungebetener Gast. Wenn da kein Homunkulus ist, der die Dinge lenkt und wenn unsere Gedanken, Wünsche und unser Wille alle physisch in uns untergebracht sind, dann sind wir nur das Nebenprodukt eines unaufhaltsamen Stroms chemischer Interaktionen, die wir nicht ändern können? Wir denken gerne, dass wir das Sagen haben, irgendwie auf wundersame Weise unabhängig von dem Zeug, das unser Gehirn und unseren Körper bildet. Aber wir haben ein Problem: Der freie Wille, zumindest im Sinne des menschlichen Geistes als unabhängige Agenten, die getrennt von der physischen Zusammensetzung unseres Gehirns operieren, stößt schnell auf eine ganze Reihe hartnäckiger physikalischer Gesetze.

Wenn Helena von Troja das Gesicht war, das tausend Schiffe in See stechen ließ, dann hat die Debatte über den freien Willen tausend Definitionen hervorgebracht. Philosophen verzerren das Konzept bis zur Unkenntlichkeit und verdrehen sowohl, was es bedeutet, "frei" zu sein, als auch, was es bedeutet, einen "Willen" zu haben. Niemand, der professionell über diese Ideen diskutiert, kann sich einigen, was eines der beiden Wörter bedeutet. Aber für die meisten Menschen ist das Konzept relativ einfach und es bedeutet, dass du, und nur du, wählen kannst, was du tun willst. Entscheidend ist, dass du ein übergeordnetes Gefühl hast, dass du in jedem gegebenen Moment etwas anderes tun könntest – dass deine Wahl nicht vorher für dich festgelegt ist. Du magst kein Homunkulus sein, der an Hebeln in deinem Schädel zieht, aber du fühlst dich genauso ungebunden. Du kannst weiterlesen oder das Buch zuschlagen oder es aus dem nächsten Fenster werfen und einen ahnungslosen Passanten darunter erschlagen. Diese gängige Vorstellung vom freien Willen, dass wir in jedem gegebenen Moment frei wählen können, völlig getrennt von den deterministischen physikalischen Reaktionen, die in unserem Gehirn ablaufen, deutet darauf hin, dass wir die Macht haben, "anders zu handeln". Diese tröstliche Vorstellung ist als libertärer freier Wille bekannt.

Unser Gefühl, libertarischen freien Willen zu besitzen, ist zentral für die Erfahrung, Mensch zu sein. Es führt zu 'nem gängigen Argument: Wir fühlen uns so, als ob wir freien Willen haben, also müssen wir ihn haben. Das ist 'ne schreckliche Logik. Wahrnehmungen machen keine Realität. Für uns "fühlt" sich die Erde nicht wie 'ne riesige, runde Kugel an, die durch den Weltraum um 'ne brennende Gaskugel rast, die es uns ermöglicht, in ihrer Wärme zu leben, aber sie ist es. Wie wir bereits beim Satz "Fitness schlägt Wahrheit" gesehen haben, hat sich unser Gehirn wiederholt so entwickelt, dass es uns täuscht. Der Magier, der von unserem Geist erzeugt wird, ist ein Meister der Illusionen. Was wir fühlen, ist nicht das, was da ist. Die Gesetze der Physik kümmern sich nicht um deine Gefühle.

Wenn du 'n rational denkender Mensch bist, der an die Wissenschaft glaubt, dann muss alles, was passiert, entweder verursacht oder unursächlich sein. Es gibt nur zwei Optionen. Wenn etwas verursacht wird, dann ist es das notwendige Produkt dessen, was vorher war – Dinge können nicht durch etwas verursacht werden, das noch nicht passiert ist. Wenn du 'nen Ziegelstein auf 'n Fenster wirfst und es zerspringt, dann konnte das Fenster nicht durch die Glasscherben zerbrochen werden. In dieser Sichtweise werden unsere Gedanken durch die Anordnung und Funktionsweise unserer Neuronen und des Rests unseres Körpers verursacht, was durch 'ne ganze Reihe komplexer Faktoren verursacht wird: DNA-Transkription, Mutationen, Chemikalien, die neurologische Kodierung unserer Erziehung, vergangene Erfahrungen und Erinnerungen in Gehirnnetzwerken und so weiter. Nichts davon kontrollieren wir unabhängig. (Viel Glück dabei, die Zellteilung mit deinen Gedanken zu stoppen.)

Wenn wir also den libertären freien Willen aus den Fängen der Physik retten wollen, dann müssen wir wissenschaftliche Ketzerei vorschlagen: dass die menschliche Gehirnmasse 'ne einzigartige magische Eigenschaft hat, die nirgendwo sonst im bekannten Universum repliziert wird. Deshalb bezeichnen einige Philosophen den libertären freien Willen abfällig als das "Gespenst in der Maschine"-Argument – die Idee, dass sich in unserem Gehirn irgendeine jenseitige, übernatürliche Substanz befindet, die völlig unabhängig und völlig anders ist als jede andere Art von Materie im Universum, die es uns ermöglicht, Entscheidungen zu treffen. Sind wir irgendwie in der Lage, Gedanken zu erzeugen – nichtphysische Gedanken mit der Macht, physische Materie umzugestalten – die aus dem Äther beschworen werden? Wir mögen die Stirn runzeln, so viel wir wollen, aber wie das funktionieren könnte, bleibt unklar.

Wenn der libertäre freie Wille existiert, würde er alles verletzen, was wir über die Funktionsweise des Universums wissen, da er von uns verlangen würde, in den Worten des Philosophen Daniel C. Dennett, "Spektralpuppenmeister" zu sein, die in der Lage sind, unser Gehirn von außen zu kontrollieren. Die Physikerin Sabine Hossenfelder bezeichnet den libertären freien Willen als "logisch inkohärenten Unsinn" für jeden, der "irgendetwas über Physik weiß". Die meisten Neurowissenschaftler, die Menschen, die das Gehirn am genauesten untersuchen, sind auch überwältigend skeptisch, wenn nicht gar ablehnend gegenüber dieser Vorstellung vom freien Willen. Es erfordert, um es ganz offen zu sagen, 'nen Glauben an metaphysische Magie.

Wenn wir akzeptieren, dass unsere Gedanken, Gefühle, Wünsche, Vorlieben und unser Wille das Nebenprodukt physischer Materie sind, dann müssen wir hinterfragen, was wir meinen, wenn wir "freier Wille" sagen. Vielleicht bedeutet es einfach, dass unser Verhalten intern verursacht wird. Überleg mal, ob dir dieses Buch gefällt. Ich hoffe, dass es das tut und du hast sicherlich auch gehofft, dass es das tut, sonst hättest du nicht angefangen, es zu lesen. Aber während du gelesen hast, hast du darauf reagiert. Deine Reaktion liegt irgendwo auf 'nem Spektrum zwischen denen, die angefangen haben, wahllos Passanten anzusprechen, um ihnen zu erzählen, wie großartig es ist, und denen, die darüber nachdenken, wann der günstigste Zeitpunkt wäre, es auf 'nem befriedigend großen Freudenfeuer zu verbrennen. Nun, hier ist die Frage: Könntest du dich entscheiden, anders zu reagieren? Wenn du das Buch hasst, könntest du dich entscheiden, es zu lieben? (Bitte versuch's, bevor du 'ne Rezension schreibst.) Du könntest dir selbst sagen, dass du es tust oder dich in mentale Knoten verwickeln, um dich selbst davon zu überzeugen, dass du es solltest, aber letztendlich wird deine Reaktion durch vorherige Ursachen bestimmt, die in den physischen Zustand deines Gehirns und Körpers kodiert sind, geformt durch die Gesetze der Physik. Aber könntest du trotzdem freien Willen haben, selbst wenn deine Bauchgefühlreaktion nicht streng genommen "an dir liegt"?

"Absolut!", sagen die Kompatibilisten (der Name bezieht sich auf die Idee, dass freier Wille und Determinismus kompatible Ideen sind). Diese Denker geben bereitwillig zu, dass deine Gedanken und Vorlieben und Wünsche wahrscheinlich physisch durch "Hintergrundursachen" verursacht werden, das, was vorher war. Niemand setzt dir 'ne Pistole auf die Brust und zwingt dich, 'ne Pizza mit Käse anstelle von Salami zu bestellen, aber deine Wahl wird durch deine Geschmacksnerven bestimmt, wie lange es her ist, dass du Pizza mit Käse oder Salami hattest, die Art und Weise, wie die Neuronen in deinem Gehirn in der Vergangenheit beim Essen jeder Art von Pizza reagiert haben, ob du vor kurzem auf 'ner Schweinefarm warst und es dich aufgeregt hat (oder nicht), ob du als Kind Pizza mit Käse oder Salami bekommen hast, ob du mit 'ner bestimmten Allergie geboren wurdest und so weiter. Jede dieser Erfahrungen wird in 'ne physische Struktur in deinem Gehirn übersetzt, die deine zukünftigen Entscheidungen beeinflusst. Wenn du 'ne Pizza mit Salami nimmst, dann folgt logischerweise, dass diese Wahl in diesem Moment immer das Ergebnis sein würde – sie war unvermeidlich, angesichts deines physischen Zustands. Es gibt kein Szenario, in dem du, in diesem exakten Moment, mit deinem Körper in diesem exakten Zustand und deinen Neuronen genau so angeordnet, wie sie waren, stattdessen Pizza mit Käse hättest wählen können. Wenn wir von Gelüsten sprechen, stellen wir uns nicht vor, dass 'ne Wahl beteiligt ist. Aber was ist 'ne Wahl zwischen Pizza mit Salami und Käse, wenn nicht nur 'ne weniger intensive Form von Gelüsten mit 'ner ebenso physischen Basis?

Diese Idee wird noch deutlicher, wenn wir von Hunger zu Durst wechseln. Du kannst dich entscheiden, Wasser zu trinken, aber entscheidest du dich, überhaupt Wasser trinken zu wollen? Setzt du dich hin, denkst nach und sagst dann: "Ich entscheide mich, Durst zu haben!"? Dein Körper entscheidet für dich. Wenn du dich dann entscheidest, Wasser zu trinken, reagierst du auf deinen Körper und die komplexen Wechselwirkungen in ihm. Aber was für den Durst gilt, gilt auch für alles andere. Es gibt keine mystische Verwandlung von 'nem Gedanken über ein körperliches Bedürfnis zu 'nem Gedanken über 'nen Wunsch, 'n Verlangen oder 'ne Vorliebe. Dennoch diskutieren die Leute weiterhin über ihre Gedanken, als ob 'n körperloser, zaubererähnlicher Homunkulus in ihrem Kopf wäre – das wahre "Ich" – der das Sagen hat.

Als ich acht Jahre alt war, setzten sich meine Eltern mit mir hin, um den vierstündigen Film "Gettysburg" anzusehen, 'ne fiktive Darstellung der Schlacht im Amerikanischen Bürgerkrieg von 1863, komplett mit Starauftritten von Martin Sheen und Jeff Daniels. Sie zeigten mir den Film, weil unsere Familie im Begriff war, 'nen Roadtrip von Minnesota zur Ostküste zu machen, der 'nen Besuch auf dem Schlachtfeld von Gettysburg beinhalten würde. Ich war 'n nerdiges Kind (was dich sicherlich total schockiert) und ich war fasziniert von dem Film, dann gebannt von dem Besuch auf dem Schlachtfeld. Irgendwas ist in meinem Gehirn passiert, das diese Reaktion erzeugt hat, was ich nicht erklären kann.

Als ich nach Hause kam, verschmähte ich meinen Nintendo und verschlang schnell Dutzende von Büchern über den Bürgerkrieg – ein ganzes Bücherregal dieser Bücher steht immer noch in meinem Kinderzimmer – was für 'nen Zweitklässler ziemlich bizarr ist. Aber Tausende von Seiten konnten meinen Durst nicht stillen. Ich wollte alles wissen, was es über die moralische Gerechtigkeit des Krieges, über Antietam und Shiloh, über Stonewall Jackson und Joseph Hooker zu wissen gab. Ich bettelte meine Eltern um Abonnements für nicht nur eine, sondern zwei Bürgerkriegszeitschriften – America's Civil War und Civil War Times. Ich flehte sie sogar an, mich zu 'nem Bürgerkriegs-Reenactor werden zu lassen, mich an den Wochen

Go Back Print Chapter