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Okay, also, äh, hallo erstmal. Worüber ich so nachgedacht habe, ist... ja, was macht unser Kopf eigentlich? Also, wirklich, was passiert da oben?
Vor, äh, einer ganzen Weile, kam ja mein Buch "Moneyball" raus, ne? Das war so 'ne Geschichte über das Baseballteam, die Oakland Athletics, und wie die versucht haben, Spieler anders zu bewerten und so 'ne neue Strategie zu entwickeln. Die hatten halt nicht so viel Kohle wie die anderen Teams, konnten sich also nicht einfach die teuersten Spieler leisten. Also mussten sie kreativ werden, ne?
Und die haben dann angefangen, sich die ganzen Daten anzuschauen, so historische Daten, neue Daten, und haben sich Hilfe von außen geholt, von Statistikern, die diese Daten analysiert haben. Und dadurch haben sie so neue Erkenntnisse gewonnen. Das war echt revolutionär für die damalige Zeit. Und die sind dann auch rumgereist, haben sich andere Teams angeschaut und so weiter. Und sie haben dann Spieler entdeckt, die irgendwie übersehen wurden, die keiner so richtig wollte, aber die eigentlich total wertvoll waren. Das war schon ziemlich ironisch, weil die Baseballwelt damals eigentlich total auf andere Kriterien geachtet hat.
Also, einige in der Baseballwelt, so die alten Hasen, die Manager, Scouts, Journalisten, die fanden das alles nicht so toll. Aber viele Leser, so wie ich, fanden die Geschichte total spannend. Weil es ging ja eigentlich um mehr als nur Baseball. Wenn eine Firma, die schon ewig existiert, ihre Mitarbeiter so schlecht bewertet, wer wird denn dann überhaupt richtig bewertet? Wenn der Baseballmarkt so ineffizient ist, welcher Markt ist dann bitte effizient? Und wenn man Baseball mit neuen Methoden analysieren kann, wo geht das denn dann noch?
Und, ähm, ja, seitdem haben sich viele Leute das Beispiel der Oakland Athletics angeschaut. Die haben angefangen, mehr Daten zu nutzen, wissenschaftlicher an die Sache ranzugehen, um Ineffizienzen aufzudecken. Ich hab' dann auch Artikel gelesen, über "Moneyball" in allen möglichen Bereichen: Bildung, Film, Krankenversicherung, Golf, Landwirtschaft, Verlagswesen, Wahlkämpfe, Regierung, Banking... Alles Mögliche! Sogar ein Footballtrainer hat sich mal beschwert, dass alle auf "Moneyball" machen wollen. Und ein Comedian hat 'ne Legislative "beglückwünscht", weil sie "Moneyball" bei der Wahlgesetzgebung eingesetzt hat, um es Afroamerikanern schwerer zu machen, zu wählen. Krass, oder?
Aber, so richtig begeistert war jetzt auch nicht jeder von diesen neuen Analysemethoden. Wenn's dann mal nicht so gut lief, gab's direkt Kritik, während die traditionellen Methoden irgendwie immer durchgewunken wurden. Die Boston Red Sox, die haben ja auch so ein bisschen das Oakland-Modell übernommen und dann die World Series gewonnen, zum ersten Mal seit Ewigkeiten. Und dann noch ein paar Mal. Aber irgendwann haben sie dann gesagt: "Nee, wir machen das jetzt doch wieder anders. Vielleicht haben wir uns zu sehr auf die Daten verlassen."
Und dann gab's da noch Nate Silver, der hat mit seinen Statistik-Kenntnissen Wahlergebnisse vorhergesagt, für die "New York Times". Und das hat jahrelang super geklappt. Aber dann hat er Trump nicht vorhergesagt, und plötzlich war seine ganze Methode in Frage gestellt. Und die "New York Times" hat dann gemeint: "Politik ist halt irrational, da hilft keine Statistik." Aber, die Journalisten, die haben Trump ja auch nicht vorhergesagt, muss man auch sagen. Und Silver hat später auch zugegeben, dass er vielleicht ein bisschen voreingenommen war, weil er Trump so komisch fand.
Ich denke, die Kritik an Leuten, die versuchen, mit Daten Ineffizienzen auszunutzen, ist nicht ganz unberechtigt. Aber der Wunsch nach dem einen, perfekten Experten, der ist halt immer da, auch wenn er vielleicht gar nicht so viel Ahnung hat. Wie so ein Monster im Film, das eigentlich schon längst tot sein sollte, aber irgendwie immer noch am Leben ist.
Und bei all dieser Diskussion rund um mein Buch, da gab's eine Sache, die mich besonders interessiert hat. Das war ein Kommentar von zwei Forschern der Universität Chicago, ein Wirtschaftswissenschaftler und ein Juraprofessor. Die haben geschrieben, dass es ja toll ist, dass die Oakland Athletics so erfolgreich waren, weil sie Ineffizienzen ausgenutzt haben. Aber sie meinten, dass ich irgendwie nicht erkannt hätte, woher diese Ineffizienzen eigentlich kommen: nämlich aus der Art und Weise, wie unser Gehirn funktioniert. Die haben da so ein paar Psychologen zitiert, die sich angeschaut haben, wie Baseball-Experten falsche Entscheidungen treffen. Und zwar Daniel Kahneman und Amos Tversky. Ich hab also eigentlich gar nichts Neues erzählt, sondern nur was wiederholt, was schon seit Jahrzehnten bekannt war.
Und, ähm, ich hatte vorher noch nie von Kahneman oder Tversky gehört, obwohl einer von denen sogar 'n Nobelpreis bekommen hat. Und ich hab' auch gar nicht so viel aus psychologischer Sicht über "Moneyball" nachgedacht. Warum ist der Baseballmarkt so ineffizient? Die Oakland Athletics haben das auf Vorurteile geschoben, ne? Dass man zum Beispiel zu viel auf Geschwindigkeit achtet und zu wenig auf Leute, die gut an Base kommen. Oder dass man dicke Spieler oder hässliche Spieler schlechter bewertet als athletische und gut aussehende Spieler. Das fand ich zwar interessant, aber ich hab' mir nicht so viele Gedanken darüber gemacht, woher diese Vorurteile eigentlich kommen. Ich hab' einfach nur 'ne Geschichte über den Markt erzählen wollen. Aber in dieser Geschichte steckt eigentlich noch 'ne andere Geschichte, die ich nicht erzählt habe. Und zwar die, wie unser Gehirn unsere Entscheidungen beeinflusst. Wie wir Daten verarbeiten, egal ob es jetzt um Baseball geht oder um 'nen Finanzbericht oder 'n Vorstellungsgespräch oder 'n Arztbesuch. Was passiert da im Gehirn, dass wir so falsche Entscheidungen treffen, die dann andere ausnutzen können?
Warum haben sich die beiden Psychologen so sehr für diese Fragen interessiert? Was hat die dazu gebracht, über das Gehirn nachzudenken, über unsere Entscheidungen? Und warum kriegt ein Psychologe 'n Nobelpreis für Wirtschaft? Darum soll's jetzt hier gehen.