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Calculating...

Also, ich mein, das ist echt 'ne Geschichte, ne? NBA, Datenmodelle und dann dieser Daryl Morey. Man kann sich ja echt nicht vorstellen, was so ein junger Typ im Bewerbungsgespräch raushauen kann, dass man erstmal so richtig wach wird. Und wenn man dann mal zuhört, dann hängt man an jedem Wort, irgendwie. Is' echt schwer zu sagen, was da im Kopf abgeht, bei diesen ganzen NBA-Drafts. Manchmal, ja, manchmal scheinen die Jungs extra da zu sein, um deine Urteilskraft zu sabotieren.

Da war doch mal einer, den haben die Houston Rockets gefragt, ob er 'nen Drogentest bestanden hat. Der hat die Augen aufgerissen und den Tisch gepackt und gefragt: "Meinen Sie heute???". Oder so 'n College-Spieler, der wegen häuslicher Gewalt verhaftet war, später wurde die Anklage fallen gelassen. Sein Manager meinte, alles 'n Missverständnis. Und dann, als die ihn fragen, sagt der eiskalt, er hätte seine Freundin "satt gehabt, weil sie so genervt hat, deswegen hab ich sie am Hals gepackt, ich wollte, dass sie die Klappe hält." Ja, Wahnsinn, oder?

Und dann Kenneth Faried, so 'n Forward, die fragen ihn: "Was ist dir lieber, Kenneth oder Ken?" Sagt der: "Nennt mich Manimal." Was machste da, ne? Is' ja auch so, dass fast Dreiviertel der schwarzen Spieler in den USA, die zu so 'nem NBA-Interview kommen – zumindest bei den Rockets – gar nicht wissen, wer ihr Vater ist. "Das ist keine Seltenheit. Wenn du fragst, wer sie am meisten beeinflusst hat, sagen die 'meine Mutter'", so Jimmy Boras von den Rockets. "Einer hat sogar 'Obama' gesagt." Krass, oder?

Dann gab's noch diesen Shawn Williams. Der war 2007 schon 'n echt talentierter Typ, so 2,08 Meter groß. Der wurde dann verhaftet wegen Marihuana-Besitz, die Anklage wurde aber fallen gelassen. Deswegen wurde er von seinem College-Team suspendiert. In seinem zweiten Jahr hat er nur 15 Spiele gemacht, aber 75 Blocks. Die Fans nannten das damals "Shawn Williams Block Party". Alle dachten, der könnte 'n Top-NBA-Spieler werden, vielleicht sogar First Round. Alle dachten, er wär clean, weil er ja sein drittes College-Jahr ohne Suspendierung überstanden hat.

2007, kurz vor dem Draft, flog der nach Houston, weil sein Agent meinte, er soll mal so 'n Interview üben. Der Agent hatte mit den Rockets 'n Deal: Shawn sollte nur bei denen vorsprechen und im Gegenzug sollten die dem Agenten Tipps geben, wie Shawn das Interview rocken kann. Bis das Thema Marihuana kam, lief alles super. "Du wurdest in deinen ersten beiden College-Jahren wegen Marihuana erwischt", fragten die Rockets. "Was ist im dritten Jahr passiert?" Williams schüttelte den Kopf. "Die haben mich nicht mehr getestet. Wenn ihr mich jetzt nicht testet, rauch ich mir jetzt einen an." Unglaublich!

Danach hat sein Agent beschlossen, den von Interviews fernzuhalten. Der wurde trotzdem First Round Pick von den New Jersey Nets und hat in 137 NBA-Spielen gespielt, bevor er nach in die Türkei zum Basketball spielen ging.

Millionen verdienen is' halt nich' einfach, aber NBA-Spieler sind schon 'ne gut bezahlte Truppe. Und diese ganze Geschichte mit den Houston Rockets, dieses Potenzial, das zu erkennen, das is' auch nich' ohne. Die jungen Spieler schmeißen dir ihre ganze Lebensgeschichte vor die Füße und hoffen, dass du sie richtig einschätzt. Aber oft weiß man echt nicht, was man machen soll.

Die Rockets fragen dann so: "Was weißt du über die Houston Rockets?" Und der Spieler antwortet: "Ich weiß, dass Sie von den Rockets sind." Oder: "Welchen Fuß haben Sie verletzt?" – "Ich erzähl immer, es wär der rechte." Einer sagt: "Der Coach und ich, wir sind uns nicht einig." Die Rockets: "Worüber?" Er: "Übers Basketball spielen." "Und noch was?" – "Der is' kleiner als ich."

Nach zehn Jahren mit diesen Riesen bei den Vorstellungsgesprächen hatte Daryl Morey, der General Manager der Rockets, echt das Gefühl, er kann sich von diesen persönlichen Eindrücken nich' beeinflussen lassen. Diese Bewerbungsgespräche sind echt 'ne Show, und er musste gegen seine eigenen Gefühle ankämpfen, besonders wenn alle von so 'nem Spieler total begeistert waren. Diese Riesen haben oft 'ne unglaubliche Ausstrahlung. "Viele große Typen sind charmant", sagt Morey. "Ich weiß nich', ob die wie der dicke Junge auf dem Spielplatz sind oder was." Das Problem is' nicht die Ausstrahlung, sondern was die alles verdecken kann: Drogen, Persönlichkeitsfehler, kriminelles Verhalten oder 'ne absolute Ablehnung von hartem Training. Die erzählen dir dann, wie sehr sie den Sport lieben, wie sie alle Hindernisse überwunden haben, bis du fast weinen musst. "Jeder hat 'ne Geschichte", sagt Morey. "Jeder hat das Gleiche durchgemacht." Und wenn die Geschichte dann ihren Höhepunkt erreicht, hat der Held in unvorstellbaren Schwierigkeiten durchgehalten. Is' schwer, da nicht mitzufühlen. Is' auch schwer, denjenigen dann nicht als den nächsten NBA-Superstar zu sehen.

Aber Daryl Morey, der hat sich auf statistische Analysen verlassen – wenn er überhaupt an irgendwas geglaubt hat. Seine wichtigste Entscheidung war, wen er in sein Team holt. "Dein Kopf muss immer auf der Hut sein, damit dich das ganze Geschwätz nicht in die Irre führt", sagt er. "Wir versuchen immer zu erkennen, wer schauspielert und wer die Wahrheit sagt. Sehen wir die ganze Wahrheit? Oder ist das alles nur 'ne Illusion?" Dieser ganze Mist, der in solchen Interviews erzählt wird, kann dich total verwirren. Morey sagt: "Ich bin bei jedem Interview dabei, weil, wenn wir den Typen auswählen und der irgendwelche Geheimnisse hat, und der Boss fragt mich, 'Was hat er gesagt, als du ihn danach gefragt hast?', und ich muss sagen, 'Ich hab kein Wort mit ihm geredet, bevor ich beschlossen habe, ihm 1,5 Millionen Dollar zu geben', dann bin ich gefeuert."

Also saß Morey mit fünf anderen Leuten von der Firma in 'nem Konferenzraum in Houston, Texas, und warteten auf den nächsten Riesen. Der Raum war nix Besonderes, 'n Konferenztisch, ein paar Stühle, lange Vorhänge. Auf dem Tisch stand nur so 'n Kaffeebecher, wahrscheinlich vergessen, mit der Aufschrift "National Satire Association: We need your support". Der Riese, na ja, keiner wusste viel über ihn. Er war erst 19, aber selbst für NBA-Verhältnisse war er riesig. Der wurde fünf Jahre zuvor in 'nem Dorf im Nordwesten Indiens entdeckt, mit 14 Jahren. Die sagten, er wär so 2,13 Meter groß, barfuß – oder eher mit so Lumpen an den Füßen, die die Füße kaum bedeckten.

Das machte Morey und die anderen neugierig. Sie dachten, die Familie war zu arm für Schuhe, oder die Familie dachte, seine Füße wachsen zu schnell, da lohnt sich das nicht. Oder alles war nur erfunden vom Agenten. Egal, irgendwie hatten alle das Bild im Kopf: Ein 2,13 Meter großer 14-jähriger Junge, der barfuß durch die Straßen Indiens läuft. Die wussten auch nicht, wie der Junge aus diesem indischen Dorf weggekommen ist. Vielleicht hat 'n Agent alles organisiert, ihn über den großen Teich gebracht, ihm Englisch beigebracht, Basketball beigebracht.

Für die NBA war der 'n Niemand. Es gab keine Videos von ihm, wie er gespielt hat. Soweit die Rockets wussten, hatte der nie gespielt, war nie gedraftet worden. Erst an dem Morgen durften die Rockets den vermessen. Seine Füße waren fast 56 Zentimeter lang. Die Hände, von den Fingerspitzen bis zum Handgelenk, fast 29 Zentimeter, die größten Hände, die das Team je gesehen hatte. Er war fast 2,18 Meter groß, wog 136 Kilo, und sein Agent sagte, der wächst noch. Die letzten fünf Jahre hatte der im Südwesten Floridas Basketball gelernt, zuletzt an der IMG Academy, so 'ne Schule, die Amateure zu Profis macht. Obwohl keiner ihn hatte spielen sehen, haben die wenigen, die ihn gesehen hatten, nur Gutes erzählt. Zum Beispiel Robert Upshaw. Das war 'n 2,13 Meter großer Center, der von der University of Washington geflogen war und sich gerade auf NBA-Interviews vorbereitete. Der hat vor ein paar Tagen gegen den indischen Riesen in 'nem Spiel der Dallas Mavericks gespielt. Als Upshaw von 'nem Scout der Rockets hörte, dass es vielleicht noch 'ne Chance gibt, mit dem Riesen zusammenzuarbeiten, hat der die Augen aufgerissen und gesagt: "Das ist der größte Typ, den ich je gesehen habe, und er kann Dreier werfen, unglaublich!"

Daryl Morey war schon 2006, als er den Job bei den Rockets bekam, 'n bekannter Basketball-Fanatiker. Seine Aufgabe war, herauszufinden, wer ein Profi werden kann und wer nicht. Er hat sich dabei hauptsächlich auf statistische Analysen verlassen, nich' auf das Bauchgefühl von Basketball-Experten. Er hat nie richtig Basketball gespielt und hatte auch kein Interesse daran, sich als Experte auszugeben. Er war einfach er selbst und hat sein Leben lieber mit Zahlen gefüllt, als sich vorsichtig vorzutasten. Schon als Kind hat er sich für Vorhersagen mit Daten interessiert, bis er total süchtig danach wurde. "Ich fand das schon immer das Coolste überhaupt", sagt er. "Wie kann man mit Zahlen vorhersagen? Zahlen im Griff zu haben, das ist 'ne super Möglichkeit, um sich von der Masse abzuheben, und ich wollte schon immer besser sein als die anderen." Andere Kinder haben Flugzeugmodelle gebaut, er hat Vorhersagemodelle gebastelt. "Ich hab das immer benutzt, um Sportergebnisse vorherzusagen. Ich weiß nicht, ob man das auch auf andere Bereiche anwenden kann, zum Beispiel meine eigenen Prüfungsergebnisse?"

Mit 16, wegen seines Interesses an Sport und Zahlen, hat Daryl Morey das Buch "Bill James Historical Baseball Abstract" gelesen. Bill James hat damals 'ne neue Methode propagiert, um Baseball mit Statistiken neu zu denken. Das hat dann mit den Oakland Athletics 'ne Revolution im Baseball ausgelöst, so dass am Ende alle Teams in der Major League von Mathe-Experten geführt wurden. Als Daryl Morey 1988 in 'ner Buchhandlung dieses Buch sah, ahnte er nicht, dass jemand mit seinem Talent für Zahlen eines Tages die Sportexperten besiegen und in allen Bereichen, wo man Risiken eingehen muss, herausstechen würde. Er ahnte auch nicht, dass die Basketballwelt eigentlich nur darauf wartet, dass er erwachsen wird und mitmacht. Er hatte damals nur so 'n Misstrauen gegenüber der Autorität von bekannten Experten, die er nicht für so allwissend hielt, wie alle dachten.

Ein Jahr zuvor hatte er schon so 'n ähnliches Gefühl. 1987 war sein Lieblings-Baseballteam, die Cleveland Indians, auf dem Cover von "Sports Illustrated". Die galten als Favorit für die World Series. "Ich dachte, 'Endlich ist es so weit!' Die Indians haben so lange gewartet, jetzt holen die den Titel!" Am Ende hatte das Team die schlechteste Bilanz aller Major-League-Teams. Warum? "Die Experten sahen in dem Team was Besonderes, aber die waren total schlecht", erinnert sich Morey. "Da hab ich gemerkt, dass die Experten vielleicht selbst nicht wissen, was die denken."

Dann hat er Bill James' Buch gesehen und beschlossen, er will wie James mit Zahlen bessere Vorhersagen machen als die Experten. Wenn er die zukünftige Leistung von Profisportlern vorhersagen kann, dann kann er 'n unschlagbares Team zusammenstellen. Und wenn er 'n unschlagbares Team hat, dann... Da musste Daryl Morey sich selbst bremsen. Sein größter Traum war es, 'n unschlagbares Team aufzubauen. Das Problem war, wer gibt ihm die Chance? Er hat damals Dutzende Bewerbungen an Sportorganisationen geschickt, um von unten anzufangen. Aber er hat nicht mal 'ne Antwort bekommen. "Ich hatte keinen Weg in die Sportwelt", sagt er. "Also hab ich beschlossen, erstmal Geld zu verdienen. Mit Geld kann ich das Team kaufen und selbst der Boss sein."

Seine Eltern waren aus der Mittelschicht, er kannte niemanden, der reich war, und er war selbst nur 'n durchschnittlicher Student. Trotzdem hat er angefangen, für das Geld zu arbeiten, mit dem er 'n Team kaufen und die Spieler auswählen konnte. Seine damalige Freundin, später seine Frau Ellen, erinnert sich: "Morey hat jede Woche in sein Tagebuch geschrieben: 'Mein Ziel', und sein größtes Lebensziel war 'eines Tages ein eigenes Profi-Team zu besitzen'." Morey sagt: "Ich bin auf die Business School gegangen, weil ich dachte, da muss man hin, wenn man reich werden will." Nach seinem Abschluss hat er sich bei verschiedenen Beratungsfirmen beworben und bei einer angefangen. Die hat damals im Internet-Hype Werbedienstleistungen für Internetfirmen angeboten und dafür Anteile bekommen. Das klang damals nach 'ner guten Möglichkeit, schnell reich zu werden. Aber dann ist die Blase geplatzt, und die Anteile waren wertlos. "Das war die schlechteste Entscheidung, die ich je getroffen habe", sagt Morey.

Trotzdem hat er in der Zeit als Berater viel gelernt. Er fand, die Hauptaufgabe eines Beraters ist es, Unsicherheiten als absolute Gewissheiten darzustellen. Bei 'nem Vorstellungsgespräch bei McKinsey meinte der Interviewer, seine Ansichten wären zu unklar. "Ich hab gesagt, das liegt daran, dass ich mir nicht sicher bin. Und die sagten, 'Wir haben jedes Jahr 500 Kunden, da muss man absolut von dem überzeugt sein, was man sagt'." Die Firma, die ihn dann eingestellt hat, hat immer von ihm verlangt, Selbstbewusstsein zu zeigen. Er fand, das war wie 'ne Fassade, um zu bluffen. Zum Beispiel sollten sie für Kunden den Ölpreis vorhersagen. "Damit wir den Kunden sagen können, wir können den Ölpreis vorhersagen. Aber keiner kann das, das ist alles Quatsch."

Morey hat inzwischen erkannt, dass das meiste, was die Leute nach angeblichen erfolgreichen Vorhersagen sagen, gelogen ist: Sie tun so, als ob sie es wüssten, aber in Wirklichkeit wissen sie es nicht. Bei so vielen interessanten Fragen in der Welt gibt es nur eine ehrliche Antwort: "Ich bin mir nicht sicher." Fragen wie "Wie wird der Ölpreis in zehn Jahren sein?" gehören dazu. Das heißt natürlich nicht, dass man nicht versuchen soll, Antworten zu finden, aber man sollte bei den Antworten die Wahrscheinlichkeiten berücksichtigen.

Wenn Morey später Scouts interviewt hat, war ihm am wichtigsten, ob die auch nach Antworten auf Fragen suchen, die keine sicheren Antworten haben, und ob die erkennen, dass Fehler menschlich sind. Er sagt: "Ich hab die immer gefragt, 'Wen haben Sie mal falsch eingeschätzt?' Ich wollte wissen, welchen Superstar die verpasst haben und in welchen Rohrkrepierer die sich verguckt haben. Wenn die mir keine zufriedenstellenden Antworten geben konnten, hab ich die rausgeschmissen."

Durch Zufall wurde Moreys Firma von 'ner Organisation angesprochen, die die Boston Red Sox kaufen wollte. Die sollten 'n Analysebericht erstellen. Die haben den Zuschlag für das Baseballteam nicht bekommen, also haben die 'n Basketballteam gekauft – die Boston Celtics. 2001 haben die Morey vorgeschlagen, seinen Job als Berater zu kündigen und zum Team zu gehen. Da haben die ihm, so Morey, die schwierigsten Aufgaben gegeben, die sie hatten. Morey hat geholfen, das Management-Team zusammenzustellen, dann hat er bei der Festlegung der Ticketpreise geholfen, und schließlich sollte er sich um die Personalfragen kümmern – den Draft. Die Frage, "Wie wird sich dieser 19-jährige Spieler in der NBA entwickeln?", hat keine sichere Antwort, genau wie "Wie hoch wird der Ölpreis in zehn Jahren sein?". Die beste Antwort gibt's nicht, aber Statistiken sind zumindest besser als raten.

Morey hatte schon so 'n Rohmodell entwickelt, um Amateurspieler zu bewerten. Rein aus Interesse, ganz allein. 2003 haben die Celtics ihn ermutigt, das Modell beim NBA-Draft anzuwenden. Die waren schon fast am Ende, so an Position 56. Da waren fast nur noch unbekannte Spieler übrig. Also wurde Brandon Hunter von der Ohio University der erste Spieler, der von Moreys Modell ausgewählt wurde. (Hunter hat danach eine Saison bei den Celtics gespielt und dann in Europa Karriere gemacht.) Zwei Jahre später bekam Morey 'n Anruf von 'nem Headhunter, der ihm sagte, die Houston Rockets suchen 'n neuen General Manager. "Die suchen ihre eigene Moneyball-Version", erinnert sich Morey.

Der Besitzer der Rockets, Leslie Alexander, war von seinen Basketball-Experten total frustriert. Alexander sagt: "Ihre Entscheidungen waren nicht so gut, die Einschätzungen waren nicht so genau. Wir haben jetzt alle Daten, und wir haben die Computer, um die Daten zu analysieren. Ich wollte die Daten langsam nutzen. Ich hab Morey geholt, weil ich jemanden brauchte, der anders ist, der mehr kann als nur die Spieler auf normale Art und Weise bewerten. Ich meine, ich hab angefangen, an den alten Methoden zu zweifeln." Alexander fand, je teurer die Spieler, desto teurer sind Fehlentscheidungen. Er dachte, Moreys analytische Methoden können ihm helfen. Und er hat sich nicht darum gekümmert, was andere denken. (Alexander sagt: "Wen interessiert, was andere denken? Das ist ja nicht deren Team.") Bei dem Vorstellungsgespräch hat Morey Alexanders Furchtlosigkeit gefallen, und die Art, wie er das umgesetzt hat. Morey sagt: "Der hat mich gefragt, welcher Religion ich angehöre, da hab ich gedacht, das darfst du eigentlich nicht fragen. Ich hab so 'n bisschen rumgedruckst, und als ich gesagt hab, dass meine Familie Anglikaner und Lutheraner sind, hat der mich unterbrochen und gesagt: 'Sag mir einfach, dass du an den ganzen Mist nicht glaubst'."

Alexanders Desinteresse an der Meinung anderer hat sich dann auch bewährt. Als die Fans und Insider hörten, dass die Houston Rockets 'n 33-jährigen Freak als Teammanager eingestellt hatten, waren die nicht nur überrascht, sondern auch feindselig. Einige Leute vom lokalen Radiosender in Houston haben Morey dann "Deep Blue" genannt (wie der Schachcomputer von IBM). "Die Leute im Basketball waren mir gegenüber total ablehnend", sagt Morey. "Wenn das Team gut gespielt hat, haben die nix gesagt, aber sobald es bergab ging, sind die aus ihren Löchern gekrochen." In den zehn Jahren, in denen er das Team geleitet hat, waren die Rockets das drittbeste Team der NBA, von 30 Teams. Besser waren nur die San Antonio Spurs und die Dallas Mavericks. Gleichzeitig haben die Rockets nur viermal die Playoffs verpasst. Die Leute, die Moreys Einstellung total kritisch gesehen haben, mussten sich manchmal nach seiner Pfeife richten. Im Frühjahr 2015 haben die Rockets mit der zweitbesten Bilanz der NBA das Finale der Western Conference erreicht, gegen die Golden State Warriors. Da war Charles Barkley, ehemaliger NBA All-Star, TV-Kommentator. In der Halbzeitpause, anstatt das Spiel zu kommentieren, hat der vier Minuten lang gegen Morey gehetzt. "Ich mach mir keine Sorgen wegen Daryl Morey. Der is' nur einer von vielen Idioten, die auf Analysen setzen... Ich hab schon immer gesagt, dass Analysen Quatsch sind... Hör zu, selbst wenn Daryl Morey jetzt in den Raum kommen würde, würde ich den ignorieren. Die NBA gehört den Talenten. Alle, die mit Analysen Teams leiten, haben eins gemeinsam: Die haben nie Basketball gespielt, die waren in der High School nicht bei den Mädchen beliebt, die wollen nur dazugehören."

Solche Sachen gab's oft. Die Leute, die Daryl Morey nicht kennen, denken, weil er Basketball mit Wissen bewaffnen will, dass er alles weiß. Aber das Gegenteil ist der Fall, Morey hat wenig Selbstvertrauen – er weiß, wie schwer es ist, sich sicher zu sein. Nur bei Entscheidungen kann er sich der Gewissheit maximal annähern. Er lässt sich nie von so 'nem Impuls leiten. Also hat er "Freak" neu definiert: Jemand, der sich selbst gut genug kennt, um sich selbst zu hinterfragen.

Moreys erste Amtshandlung bei den Rockets, und die wichtigste für ihn, war ein statistisches Modell zu entwickeln, das die Leistung von Spielern vorhersagen kann. Das Modell war auch 'n Werkzeug, um Basketballwissen zu lernen. Morey sagt: "Wissen ist eigentlich Vorhersage. Alles, was deine Fähigkeit verbessert, Vorhersagen zu machen, ist Wissen. Eigentlich versuchst du bei allem, was du tust, die richtige Antwort zu finden, aber die meisten Leute merken das nicht." Das Modell kann helfen, bei Amateurspielern die wertvollen Eigenschaften zu entdecken, die sie zu Profis machen. Gleichzeitig kann es helfen, die Bedeutung verschiedener Spieler zu bestimmen. Wenn man 'ne Datenbank mit Tausenden von Spielern hat, kann man die Zusammenhänge zwischen deren Leistungen im College-Team und in der Profiliga finden. Klar, die Statistiken können einem was über die erzählen. Aber welche Daten sind das? Du denkst vielleicht – so wie die meisten damals – dass die wichtigste Kennzahl für Basketballer die Punkte sind. Das kann man ja mal überprüfen, ob das stimmt. Kann die Fähigkeit eines Spielers, im College-Team Punkte zu erzielen, vorhersagen, wie gut er in der NBA punkten wird? Die Antwort ist einfach: Nein. Morey hat in seinen frühen Modellen gemerkt, dass die üblichen Daten aus dem Spiel – Punkte, Rebounds, Assists usw. – manchmal total irreführend sein können. Manche Spieler punkten vielleicht viel, sind aber eigentlich der Schwachpunkt des Teams. Andere punkten wenig, sind aber der Dreh- und Angelpunkt. Morey sagt: "Wenn man nur das Modell nimmt, ohne menschliches Zutun, zwingt man sich, über solche Fragen nachzudenken: Warum ist der Spieler, den die Scouts super finden, im Modell so schlecht? Warum ist der Spieler, den die Scouts mittelmäßig finden, im Modell so gut?"

Morey hat sein Modell eher als "bessere Antwort" gesehen, nich' als "Standardantwort". Und er war nicht so naiv zu glauben, dass man mit dem Modell allein gute Spieler auswählen kann. Klar, das Modell muss auch angepasst und beobachtet werden – vor allem, weil das Modell manche Sachen nicht weiß. Wenn so 'n Spieler in der Nacht vor dem NBA-Draft total fertig ist, dann kann das ja nicht als Datum erfasst werden. Trotzdem, wenn man Daryl Morey 2006 vor die Wahl gestellt hätte, sein Modell oder 'n Raum voller Scouts, dann hätte er das Modell genommen.

Das war 2006 schon was Besonderes. Morey wusste, keiner anders bewertet Basketballer mit 'nem Modell – das braucht ja riesige Datenmengen, und keiner wollte sich die Mühe machen, das zu sammeln. Um die Daten zu finden, musste Morey Leute zum Büro der NCAA schicken, um die ganzen Daten aller College-Spieler der letzten 20 Jahre zu kopieren und in sein System einzugeben. Um die Bewertungsmethode zu überprüfen, musste man 'ne Datenbank mit allen Infos über die Spieler aufbauen. Jetzt haben die alle Daten aller College-Basketballer der letzten 20 Jahre. Mit der neuen Datenbank kann man die aktuellen Spieler mit Spielern von früher vergleichen und daraus wertvolle Infos ziehen.

Viele Sachen, die die Houston Rockets damals gemacht haben, erscheinen heute nicht mehr kompliziert: Die Statistiken nutzen im Prinzip die gleichen Algorithmen wie Börsenhändler, Wahlkampfmanager oder Firmen, die aufgrund deines Surfverhaltens deine Einkaufsneigungen vorhersagen. Aber 2006 war das nicht so einfach. Moreys Modell brauchte riesige Datenmengen, aber viele Daten gab's gar nicht. Also haben die Rockets angefangen, Rohdaten zu sammeln, Infos auf dem Basketballfeld zu erfassen, die vorher nicht erfasst wurden. Zum Beispiel haben die angefangen, die Anzahl der Möglichkeiten zu zählen, die Spieler haben, um Rebounds zu holen, statt der tatsächlich geholten Rebounds, und gleichzeitig, wie oft die den Ball in der Zeit kontrollieren. Sie haben auch verglichen, wie viele Punkte das Team macht, wenn der Spieler auf dem Feld ist und wenn nicht. Die Punkte, Rebounds und Steals in 'nem Spiel sind nicht so wichtig, aber die Punkte, Rebounds und Steals pro Zeiteinheit sind wertvoll. Wenn der Spieler in 'ner halben Spielzeit 15 Punkte macht, ist das statistisch gesehen wichtiger. Und die haben aus der Anzahl der Ballbesitze pro Spiel das Tempo der verschiedenen College-Teams berechnet. Die Daten der Spieler anhand des Tempos anzupassen, macht viel Sinn. Wenn 'n Team 150 mal wirft, ist die Anzahl der Punkte und Rebounds nicht gleichzusetzen, wenn das Team nur 75 mal wirft. Mit dem Tempo kann man besser sehen, was der Spieler dabei geleistet hat. Das sieht man mit den traditionellen Methoden nicht.

Die Rockets haben Daten erfasst, die vorher nicht erfasst wurden, und nicht nur das, was auf dem Platz passiert ist, sondern auch das persönliche Leben der Spieler, um Muster zu erkennen. Spielen Spieler mit intakten Familien besser? Sind Linkshänder im Vorteil? Wenn 'n Spieler im College von 'nem Top-Trainer trainiert wurde, spielt er dann besser in der NBA? Erhöht es die Wahrscheinlichkeit, wenn Familienmitglieder in der NBA gespielt haben? Ist seine Fachschulausbildung wichtig? Spielt sein College-Trainer Zonenverteidigung? Ist er im College vielseitig? Ist das Bankdrücken wichtig? "Fast alle Beobachtungen haben keine Vorhersagekraft", sagt Morey. Aber es gibt Ausnahmen. Die Anzahl der Rebounds pro Zeiteinheit kann gut die zukünftige Leistung von großen Spielern vorhersagen, und die Anzahl der Steals pro Zeiteinheit ist nützlich, um die zukünftige Leistung von kleineren Spielern vorherzusagen. Wichtiger als die Körpergröße ist die Stehhöhe – man muss die Armlänge messen, nicht die Größe.

2007 kam dann der Tag, an dem das Modell überprüft wurde. (Die Rockets hatten ihren Draft Pick von 2006 getauscht.) In 'ner Welt, wo sich alles nach Gefühl richtet, soll jetzt so 'ne kalte, emotionslose Methode beweisen, was sie kann. Die Rockets hatten im NBA-Draft an Position 26 und 31. Moreys Modell zeigte, dass die Wahrscheinlichkeit, bei diesen Picks gute Spieler zu bekommen, 8% und 5% betrug. Die Wahrscheinlichkeit, 'n Starter zu bekommen, lag bei nur 1%. Die haben Aaron Brooks und Carl Landry ausgewählt, die beide NBA-Starter wurden. Das war ein Volltreffer. (Es gibt kein perfektes Maß, um Draft-Ergebnisse zu messen, aber es gibt 'n vernünftiges Maß: Nach diesem Maß waren Carl Landry und Aaron Brooks unter den 600 Draft-Picks der letzten 10 Jahre die Nummer 35 und 55.) "Das hat uns beruhigt", sagt Morey. Er wusste, dass es schon immer üblich war, Leute nach Bauchgefühl auszuwählen, und sein Modell ist höchstens 'n bisschen besser. Er wusste, dass das Modell große Lücken bei den wichtigsten Daten hat. "Manche Daten sind nur Daten von einem Jahr im College, und die Daten sind auch problematisch. Außer dass man weiß, welches Spiel das ist, wer der Trainer ist, wie hoch das Level ist, weiß man höchstens noch, dass die Spieler 20 sind. Man weiß nicht, wer die Spieler sind. Was machen wir dann?" Das war ihm alles bewusst, aber er war trotzdem überzeugt, dass er daraus was Wertvolles ziehen kann. So ging die Zeit voran, bis 2008.

In dem Jahr hatten die Rockets im NBA-Draft an Position 25. Diesmal haben die sich 'n großen Jungen ausgesucht, Joey Dorsey von der University of Memphis. Der war witzig, sympathisch, hatte Charisma. Der hat gesagt, wenn er kein Basketball spielt, will er Pornoschauspieler werden. Nach dem Draft wurde Dorsey nach Santa Cruz geschickt, um so 'n Showspiel zu spielen, gegen andere NBA-Neulinge. Morey ist hingefahren, um sich das anzusehen. "Beim ersten Spiel war er total schlecht", sagt Morey. "Ich hab geflucht: Scheiße!!!" Joey Dorsey war so schlecht, dass Daryl Morey nicht glauben konnte, dass er den ausgesucht hat. Morey dachte, vielleicht hat er das Showspiel nicht ernst genommen. "Ich hab mich mit ihm getroffen, wir waren zwei Stunden zusammen, Mittagessen." Morey hat mit Dorsey geredet, wie wichtig es ist, ernsthaft zu spielen und 'n guten ersten Eindruck zu hinterlassen. "Ich dachte, beim nächsten Mal reißt er sich zusammen, aber beim zweiten Spiel war er genauso schlecht." Schnell wurde Morey klar, dass sein Problem größer ist als Joey Dorsey. Das Problem war das Modell. "Joey Dorsey war im Modell ein Superstar. Das Modell hat gezeigt, dass der alles kann. Seine Kennzahlen waren top, richtig top."

Im gleichen Jahr hat das Modell 'nen unscheinbaren Kandidaten aussortiert, DeAndre Jordan, Freshman Center von der Texas A&M University. Nach den üblichen Methoden haben die NBA-Teams den fast gar nicht beachtet. Erst an Position 35 wurde der von den Los Angeles Clippers ausgewählt. Aber genau wie Joey Dorsey bewiesen hat, dass er 'n Versager ist, hat DeAndre Jordan bewiesen, was er kann: Er wurde einer der besten Center der NBA, und das zweitbeste Talent des Jahres, nach Russell Westbrook. (Vor der Saison 2015 hat DeAndre Jordan 'n Vierjahresvertrag bei den Clippers unterschrieben, für fast 88 Millionen Dollar, das war damals das höchste Gehalt der NBA. Joey Dorsey hat 'n Einjahresvertrag bei dem türkischen Basketballverein GLH unterschrieben, für 650.000 Dollar.)

Solche Sachen passieren jedes Jahr in der NBA, fast jedem Team. Es gibt immer gute Spieler, die von den Scouts übersehen werden, und es gibt immer Spieler, auf die man große Hoffnungen setzt, die dann enttäuschen. Morey glaubte nicht, dass sein Modell perfekt ist, aber er glaubte auch nicht, dass sein Modell nix kann. Wissen ist Vorhersage: Wenn man die einfachen Sachen nicht vorhersagen kann, wie Joey Dorsey schlecht ist und DeAndre Jordan gut, was weiß man dann überhaupt? Morey war immer überzeugt, dass er mit Zahlen besser vorhersagen kann. Und jetzt wurde das in Frage gestellt. Morey sagt: "Ich hab paar Sachen ignoriert, ich hab die Grenzen des Modells nicht berücksichtigt."

Morey stellte fest, dass sein erster Fehler bei Joey Dorsey war, das Alter nicht ausreichend berücksichtigt zu haben. "Der war zu alt", sagt Morey. "Wir haben ihn ausgewählt, da war der schon 24." Der hat im College gut gespielt, weil seine Gegner viel jünger waren. Eigentlich hat der immer nur gegen Kinder gespielt. Wenn man das Alter im Modell stärker gewichtet, zeigt die Analyse, dass Dorsey gar nicht das Potenzial für 'n NBA-Star hat. Und die Datenbank hat diese These bei allen Spielern bestätigt. Deswegen wurde Morey klar, dass viele College-Spieler viel besser spielen, wenn die Gegner schwach sind, die sind nur gegen Schwächere stark. Wenn man das Modell anhand der Stärke des Gegners anpasst, bestätigt die Analyse das.

Morey konnte – oder dachte er zumindest – erkennen, warum das Modell Joey Dorsey falsch eingeschätzt hat. Aber warum das Modell DeAndre Jordan unterschätzt hat, das hat ihm Kopfzerbrechen bereitet. Jordan hat nur ein Jahr im College gespielt, und da war er mittelmäßig. Später hat man erfahren, dass der in der High School eigentlich gut war, aber im College hatte der keinen Bock, der hat sich sogar geweigert hinzugehen. Welches Modell kann schon vorhersagen, wenn einer nicht spielen will? Jordans Leistung im College sagt nix aus, und die Aufzeichnungen aus der High School auch nicht. Das Modell braucht Daten, und in dem Fall wurde DeAndre Jordan natürlich aussortiert. Anscheinend konnte nur 'n Basketball-Experte den aus der Masse herauspicken. Das macht auch Sinn. Jordan war ja auf dem Radar der Houston Rockets, und ein Scout hatte den wegen seines sportlichen Talents entdeckt. Also hat der Scout schon früh 'n Talent entdeckt, das das Modell nicht entdecken konnte!

Morey hat tatsächlich analysiert, wie seine Leute die Spieler auswählen, ob's da Muster gibt. Er fand, die meisten machen das gut, aber es ist schwer zu beweisen, wer besser ist, um vorherzusagen, wer NBA-Star wird und wer nicht. Wenn es so 'n Scout gibt, der das Talent erkennt, dann hat Morey den noch nicht getroffen. Und er glaubt auch nicht, dass er so jemand ist. Er sagt: "Ich hab mein Bauchgefühl noch nie überschätzt, ich vertrau dem selten. Es gibt zu viele Beweise dafür, dass das Bauchgefühl nicht zuverlässig ist."

Am Ende beschloss er, dass die Rockets sich auf Daten konzentrieren müssen, die vorher nicht so wichtig waren, und die körperlichen Merkmale der Spieler analysieren. Nicht nur wie hoch einer springen kann, sondern wie schnell er hochspringt, also wie schnell der Körper in der Lage ist, hochzuspringen. Das heißt, man muss die Geschwindigkeit messen und die Kraft bei den ersten zwei Schritten. Die eh schon komplizierte Aufgabe wurde noch komplizierter. Morey sagt: "Wenn was schief läuft, werden die Leute ungeduldig und kehren zu den alten Gewohnheiten zurück. Aber mein Prinzip ist: Sich an die ursprünglichen Prinzipien halten. Wenn die körperlichen Kennzahlen nützlich sind, dann müssen wir die genauer analysieren. Die Gewichtung der Leistung im College muss runter, die der körperlichen Eigenschaften muss rauf."

Aber wenn's um die körperlichen Voraussetzungen geht, wenn's darum geht, was die in der NBA können und nicht können, sind selbst die objektiven, messbaren Infos nicht so nützlich. Man braucht, oder scheint zu brauchen, Experten, die das dynamische Verhalten der Spieler beobachten, um zu beurteilen, ob die in den Spielen, gegen stärkere Gegner, gut spielen. Man braucht die Augen der Scouts, um die Leistung der Spieler in verschiedenen Situationen zu beurteilen: Wurftechnik, Abschluss, Dribbling, Rebound-Fähigkeit usw. Ohne Experten geht's nicht. Die Grenzen des Modells bringen die subjektive Bewertung wieder in den Entscheidungsprozess zurück, egal ob das nützlich ist oder nicht.

Also begann Morey 'n schwieriges Experiment, die subjektive Bewertung mit seinem Zahlenmodell zu verbinden. Das heißt nicht nur, das Modell zu verbessern. Das heißt, er muss alles berücksichtigen, sich auf Datenanalysen verlassen, aber auch auf die Meinung von Experten hören. Morey sagt: "Du musst herausfinden, wo die Stärken und Schwächen des Modells liegen, und wo die Stärken und Schwächen der Menschen liegen." Zum Beispiel können Menschen manchmal Sachen beobachten, die das Modell nicht weiß. Wenn DeAndre Jordan im ersten College-Jahr schlecht war, weil der keine Lust hatte, kann das Modell das nicht analysieren. Und wo die Schwächen der Menschen liegen, na ja, das muss Daryl Morey jetzt erst mal erforschen.

Als Morey zum ersten Mal mit menschlichem Denken zu tun hatte, hat er natürlich gemerkt, dass das Denken komisch ist. Wenn sich die Tür zum Wissen öffnet, schleichen sich auch Illusionen ein. Und der Vorteil des Datenmodells ist ja, dass es Illusionen vermeidet. Zum Beispiel hat das Modell beim Draft 2007 Marc Gasol ausgewählt. Gasol war damals 22, 2,16 Meter groß, Center in 'nem europäischen Team. Dann haben die Scouts 'n Foto von ihm ohne T-Shirt gemacht, und der war klein und fett, hatte 'n Babygesicht und Frauenbrüste. Die Rockets haben den "Big Tit Guy" genannt. Alle haben immer nur über den "Big Tit Guy" geredet. "Das war das erste Mal, dass ich für den Draft verantwortlich war, ich wollte kein Risiko eingehen", sagt Morey. Die Spötteleien über Marc Gasols Aussehen haben Morey beeinflusst, der glaubte auch nicht, dass der mal 'n Star wird. Also hat er nicht widersprochen und zugesehen, wie Gasol an Position 48 von den Memphis Grizzlies

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