Chapter Content

Calculating...

Also, ich sag mal so, mit dem 19. Jahrhundert, das so langsam aber sicher zu Ende ging, da konnten die Wissenschaftler echt zufrieden sein, muss man sagen. Die hatten nämlich das Gefühl, die meisten Rätsel der Physik gelöst zu haben.

Also, denk mal drüber nach: Elektrizität, Magnetismus, Gase, Optik, Schall, Dynamik, statistische Mechanik – alles kein Problem mehr für die. Und dann noch so Sachen wie Röntgenstrahlen, Kathodenstrahlen, Elektronen, Radioaktivität, ne? Alles entdeckt. Und dann noch die ganzen Einheiten: Ohm, Watt, Kelvin, Joule, Ampere, Erg. Wahnsinn, oder?

Egal ob's um Schwingen, Beschleunigen, Interferenz, Destillieren, chemische Verbindungen, Masse messen oder Gase ging, die hatten alles im Griff. Und dabei haben sie auch noch 'ne ganze Menge Gesetze aufgestellt. Und die waren so wichtig und so beeindruckend, dass wir sie bis heute großschreiben: "Elektromagnetische Theorie des Lichts", "Gesetz der reziproken Verhältnisse", "Charles' Gesetz", "Gesetz der Volumina", "Nullter Hauptsatz der Thermodynamik", "Valenz", "Massenwirkungsgesetz" – und so weiter, und so fort. Überall hat's geknattert und gerattert von den Maschinen und Instrumenten, die die da erfunden haben. Viele kluge Köpfe waren damals echt der Meinung, dass die Wissenschaftler eigentlich nix mehr zu tun haben.

So um 1875, da war da so'n junger Mann in Kiel, Max Planck, der war sich unsicher, ob er Mathe oder Physik studieren sollte. Und alle haben ihm gesagt, er soll bloß nicht Physik machen, weil die wichtigen Fragen da ja schon beantwortet wären. Die waren echt überzeugt, dass das nächste Jahrhundert eher so 'n Jahrhundert der Konsolidierung und Verbesserung wird, aber keine Revolution. Aber Planck, der hat nicht gehört. Der hat sich in die theoretische Physik reingefuchst und sich mit den Kernthemen der Thermodynamik beschäftigt, vor allem mit der Entropie. (Also, Entropie ist im Prinzip so'n Maß für die Unordnung in 'nem System. Stell dir 'n neues Kartenspiel vor, original verpackt. Das ist super ordentlich, nach Farben und Werten sortiert. Aber wenn du das mischst, dann ist das Chaos perfekt. Und die Entropie misst dann, wie groß dieses Chaos ist und wie wahrscheinlich es ist, dass du beim nächsten Mischen wieder 'ne bestimmte Reihenfolge kriegst.)

Das hat sich für Planck als echt vielversprechendes Thema rausgestellt. Um 1891 hatte er dann auch Ergebnisse, aber dann musste er feststellen, dass da schon jemand anders an der gleichen Sache gearbeitet hatte. Und zwar so'n Einzelgänger von der Yale University, J. Willard Gibbs.

Gibbs war echt 'n Genie, aber den kennen die meisten wahrscheinlich gar nicht. Der war nämlich super zurückhaltend und hat sich kaum in der Öffentlichkeit gezeigt.

Der hat fast sein ganzes Leben auf 'nem Gebiet von drei Blocks verbracht: auf der einen Seite sein Haus, auf der anderen der Campus der Yale University in New Haven, Connecticut. In den ersten zehn Jahren an der Uni hat er sich nicht mal sein Gehalt abgeholt. (Der hatte genug Geld von woanders.) Ab 1871 war er dann Professor, bis zu seinem Tod 1903. Und in der Zeit hatte er durchschnittlich einen Studenten pro Semester in seinen Kursen. Was der so geschrieben hat, war total kompliziert und voll mit eigenen Symbolen. Viele haben gedacht, das ist 'ne Geheimsprache. Aber hinter diesen ganzen Formeln, da steckten echt geniale Einsichten.

Zwischen 1875 und 1878 hat Gibbs 'ne Reihe von Arbeiten geschrieben, die dann in dem Buch "Über das Gleichgewicht heterogener Substanzen" zusammengefasst wurden.

In dem Buch hat er fast alle Prinzipien der Thermodynamik erklärt, von Gasen und Gemischen über Oberflächen und Festkörper bis hin zu Phasenübergängen, chemischen Reaktionen, elektrochemischen Zellen, Adsorption und Osmose. Im Prinzip wollte Gibbs zeigen, dass die Thermodynamik nicht nur für große, laute Maschinen wie Dampfmaschinen gilt, sondern auch auf atomarer Ebene bei chemischen Reaktionen eine Rolle spielt. Und das sogar 'ne ziemlich große. Sein Buch "Gleichgewicht" wird bis heute als "das thermodynamische Prinzip" bezeichnet, aber aus irgendeinem Grund hat Gibbs seine bahnbrechenden Erkenntnisse in den "Transactions of the Connecticut Academy of Arts and Sciences" veröffentlicht, 'ner Zeitschrift, die selbst in Connecticut kaum jemand kannte. Deswegen hat Planck auch erst so spät von ihm gehört.

Planck hat sich davon aber nicht entmutigen lassen – naja, vielleicht 'n bisschen – und hat sich dann anderen Themen gewidmet. (Der hatte aber auch echt Pech in seinem Leben. Seine erste Frau ist 1909 früh gestorben. Seine beiden Söhne, der ältere im Ersten Weltkrieg. Und von seinen Zwillingstöchtern ist eine bei der Geburt gestorben und die andere auch. Und 1944, da war Planck schon 85, da hat 'ne Bombe sein Haus getroffen und er hat alles verloren: seine Unterlagen, seine Tagebücher, seine Ersparnisse. Und im Jahr drauf wurde sein zweiter Sohn von den Nazis hingerichtet, weil er am Attentat auf Hitler beteiligt war.) Aber davon später mehr. Jetzt machen wir erstmal 'nen kleinen Schwenk nach Cleveland, Ohio, zu 'ner Einrichtung namens Case School of Applied Science. Da hat in den 1880ern so'n Physiker namens Albert Michelson gearbeitet. Und zusammen mit seinem Kumpel, dem Chemiker Edward Morley, hat er 'ne Reihe von Experimenten durchgeführt. Und die Ergebnisse waren echt interessant und überraschend und haben später 'ne große Rolle gespielt.

Michelson und Morley haben nämlich – mehr oder weniger aus Versehen – den Glauben an den Äther zerstört. Das war so'n unsichtbares, schwereloses, reibungsloses Medium, das angeblich das ganze Universum durchdringt. Descartes hatte die Idee, Newton fand sie gut und danach fast alle anderen auch. Der Äther war total wichtig in der Physik des 19. Jahrhunderts, weil er erklären sollte, wie sich Licht im leeren Raum ausbreiten kann. Denn Licht und elektromagnetische Strahlung, das waren ja Wellen, also Schwingungen. Und Schwingungen brauchen ja irgendwas, worin sie sich ausbreiten können. Also brauchte man den Äther. Bis 1909 hat der große britische Physiker J.J. Thomson noch gesagt: "Der Äther ist keine bloße Einbildung von irgendwelchen Philosophen, sondern für uns genauso notwendig wie die Luft zum Atmen." Und das, obwohl schon vier Jahre später klar war, dass es den Äther gar nicht gibt. Tja, man konnte sich das Universum ohne Äther einfach nicht vorstellen.

Wenn du 'n Beispiel dafür brauchst, dass Amerika im 19. Jahrhundert das Land der unbegrenzten Möglichkeiten war, dann ist Albert Michelson genau der Richtige. Der ist 1852 in 'ner armen jüdischen Familie in der Nähe der deutsch-polnischen Grenze geboren. Als Kind ist er dann mit seiner Familie in die USA ausgewandert, in 'n Minendorf in Kalifornien, wo sein Vater 'n Gemischtwarenladen hatte. Die waren so arm, dass er sich kein Studium leisten konnte. Also ist er nach Washington, D.C. gegangen und hat da vor dem Weißen Haus gewartet, bis Ulysses S. Grant, der Präsident, seinen täglichen Spaziergang gemacht hat. (Das waren noch Zeiten, oder?) Und bei diesen Spaziergängen hat Michelson Grant so beeindruckt, dass der ihm 'n kostenlosen Platz an der Marineakademie verschafft hat. Und da hat Michelson dann Physik studiert.

Zehn Jahre später war Michelson Professor an der Case School in Cleveland und wollte den Ätherdrift messen, also den Gegenwind, der entsteht, wenn sich 'n Körper durch den Raum bewegt. Die newtonsche Physik hat nämlich vorhergesagt, dass das Licht je nach Richtung unterschiedlich schnell durch den Äther saust, je nachdem, ob man sich auf die Lichtquelle zubewegt oder von ihr wegbewegt. Aber keiner wusste, wie man das messen sollte. Michelson hatte dann die Idee, dass sich die Erde ja 'n halbes Jahr lang auf die Sonne zubewegt und 'n halbes Jahr lang von ihr wegbewegt. Also müsste man einfach die Lichtgeschwindigkeit zu verschiedenen Jahreszeiten messen und vergleichen.

Michelson hat dann Alexander Graham Bell, den Erfinder des Telefons, überzeugt, ihm Geld für 'n Gerät zu geben, das er selbst entworfen hatte: 'n Interferometer. Damit konnte man die Lichtgeschwindigkeit super genau messen. Und dann hat er zusammen mit Morley jahrelang ganz präzise Messungen durchgeführt. Das war echt 'ne anstrengende und nervenaufreibende Arbeit und Michelson war danach erstmal total fertig und musste 'ne Pause machen.

Aber 1887 hatten sie dann Ergebnisse. Und die waren total anders als erwartet.

Kip Thorne, 'n Astrophysiker vom Caltech, hat mal gesagt: "Das Ergebnis war, dass die Lichtgeschwindigkeit in alle Richtungen und zu allen Jahreszeiten gleich war." Das war das erste Mal seit 200 Jahren, dass es Anzeichen dafür gab, dass die newtonschen Gesetze vielleicht doch nicht immer und überall gelten. William H. Cropper hat das Michelson-Morley-Experiment als "das wahrscheinlich negativste Ergebnis in der Geschichte der Physik" bezeichnet. Dafür hat Michelson dann auch den Nobelpreis für Physik bekommen – als erster Amerikaner überhaupt – aber erst 20 Jahre später. Trotzdem hat dieses Experiment die Wissenschaftler irgendwie verunsichert.

Obwohl er diese Entdeckung gemacht hatte, war Michelson, wie viele andere auch, der Meinung, dass die wissenschaftliche Arbeit fast vorbei sei, so nach dem Motto: "Wir müssen nur noch 'n paar Türmchen und Zinnen anbauen und 'n paar Reliefs an die Fassade meißeln." Das hat jemand in der Zeitschrift "Nature" geschrieben.

Dabei stand die Welt kurz vor 'nem wissenschaftlichen Jahrhundert. Bald würde jeder 'n bisschen von allem wissen, aber keiner mehr alles. Die Wissenschaftler würden bald in 'nem Ozean von Teilchen und Antiteilchen schwimmen, die im Bruchteil von Sekunden entstehen und wieder verschwinden. Die Nanosekunde würde auf einmal total langsam wirken. Alles wäre total seltsam. Die Wissenschaft würde sich von der Makrophysik zur Mikrophysik verändern. In der Makrophysik konnte man die Dinge sehen, anfassen und messen. In der Mikrophysik würde alles so schnell passieren, dass man es sich kaum vorstellen kann. Wir würden in 'n Quanten-Zeitalter eintreten und der erste, der die Tür aufstoßen würde, wäre ausgerechnet Max Planck.

Um 1900 war Planck 42 und Professor für theoretische Physik an der Universität Berlin. Und er hat 'ne neue "Quantentheorie" aufgestellt, die besagt, dass Energie nicht wie 'n kontinuierlicher Fluss ist, sondern in kleinen Paketen übertragen wird, die er Quanten nannte. Das war echt 'ne verrückte Idee, aber 'ne gute. Kurzfristig hat sie 'ne Erklärung für das Michelson-Morley-Experiment geliefert, weil sie gezeigt hat, dass Licht nicht unbedingt 'ne Welle sein muss. Und langfristig würde sie die Grundlage für die moderne Physik legen. Auf jeden Fall war das das erste Anzeichen dafür, dass sich die Welt verändern würde.

Aber der bahnbrechende Moment – der Beginn 'ner neuen Ära – kam erst 1905. Da hat die deutsche Physikzeitschrift "Annalen der Physik" 'ne Reihe von Arbeiten veröffentlicht, die von 'nem jungen Schweizer Beamten geschrieben wurden. Der hatte keine Uni besucht, kein Labor benutzt und sich meistens nur in der kleinen Bibliothek des Patentamts in Bern rumgetrieben. Da war er technischer Experte dritter Klasse. (Er hatte sich für 'ne Beförderung beworben, aber die wurde abgelehnt.)

Sein Name war Albert Einstein. In diesem entscheidenden Jahr hat er fünf Arbeiten bei den "Annalen der Physik" eingereicht. Und C.P. Snow hat mal gesagt, dass drei davon "zu den größten Beiträgen der Physik überhaupt" gehören. In der ersten hat er den photoelektrischen Effekt mit Plancks Quantentheorie erklärt, in der zweiten hat er die Brownsche Molekularbewegung beschrieben und in der dritten hat er die spezielle Relativitätstheorie vorgestellt.

Die erste Arbeit hat die Natur des Lichts erklärt (und viele andere Dinge möglich gemacht, wie zum Beispiel das Fernsehen) und hat ihm den Nobelpreis eingebracht. (Einstein hat den Preis "für seine Verdienste um die theoretische Physik" bekommen, 'ne ziemlich vage Formulierung. Er hat 16 Jahre warten müssen, bis er ihn 1921 bekommen hat. Aber das ist nix im Vergleich zu Frederick Reines und Ernst Ruska. Reines hat das Neutrino 1957 entdeckt und den Nobelpreis erst 1995 bekommen. Und Ruska hat das Elektronenmikroskop 1932 erfunden und über 50 Jahre warten müssen, bis er ihn 1986 bekommen hat. Um 'n Nobelpreis zu kriegen, muss man also nicht nur 'ne gute Idee haben, sondern auch 'n langes Leben führen.) Die zweite Arbeit hat bewiesen, dass es Atome wirklich gibt – was damals überraschenderweise noch umstritten war. Und die dritte Arbeit hat die Welt komplett verändert.

Einstein ist 1879 in Ulm geboren, aber in München aufgewachsen. Und seine Kindheit und Jugend haben nicht wirklich darauf hingedeutet, dass er mal so berühmt werden würde. Er soll erst mit drei Jahren sprechen gelernt haben. Und in den 1890ern ist die Firma seines Vaters pleitegegangen und die Familie ist nach Mailand gezogen. Aber Albert, der damals schon Teenager war, ist in der Schweiz geblieben, um seine Ausbildung zu beenden – obwohl er die Aufnahmeprüfung für die Uni erst nicht bestanden hatte. 1896 hat er seine deutsche Staatsbürgerschaft aufgegeben, um nicht zum Militär zu müssen. Und dann hat er an der Eidgenössischen Polytechnischen Schule in Zürich 'n vierjähriges Studium für Gymnasiallehrer angefangen. Er war 'n intelligenter, aber unauffälliger Student.

1900 hat er die Schule abgeschlossen und nur wenige Monate später seine erste Arbeit bei den "Annalen der Physik" eingereicht. Darin ging es ausgerechnet um die Physik von Flüssigkeiten in Strohhalmen. Die Arbeit ist in derselben Ausgabe wie Plancks Quantentheorie erschienen. Zwischen 1902 und 1904 hat er 'ne Reihe von Arbeiten über statistische Mechanik geschrieben und festgestellt, dass J. Willard Gibbs 1901 in Connecticut still und leise das Gleiche veröffentlicht hatte: "Die elementaren Grundlagen der statistischen Mechanik".

Albert war mal in 'ne Kommilitonin verliebt, 'ne ungarische Frau namens Mileva Marić. 1901 haben die 'n Kind bekommen, 'ne Tochter, ohne verheiratet zu sein. Die haben das Kind dann weggegeben. Einstein hat sein Kind nie kennengelernt. Zwei Jahre später hat er Marić dann geheiratet. In der Zeit hat Einstein 'ne Stelle beim Schweizer Patentamt angenommen, wo er dann sieben Jahre gearbeitet hat. Der Job hat ihm gefallen: Er war anspruchsvoll und hat sein Gehirn auf Trab gehalten, aber er hat ihn nicht von der Physik abgelenkt. Und in diesem Umfeld hat er 1905 die spezielle Relativitätstheorie entwickelt.

"Zur Elektrodynamik bewegter Körper" ist eine der besten wissenschaftlichen Arbeiten, die je veröffentlicht wurden, sowohl inhaltlich als auch stilistisch. Sie hat keine Fußnoten, keine Zitate, kaum Mathematik und erwähnt keine Arbeiten, die sie beeinflusst haben oder die vor ihr erschienen sind. Sie bedankt sich lediglich bei 'nem Kollegen vom Patentamt, Michele Besso. C.P. Snow hat mal gesagt, dass Einstein die Theorie "aus reiner Denkarbeit, ganz allein, ohne die Hilfe anderer" entwickelt hat. Und das stimmt auch größtenteils.

Die berühmte Formel E=mc² kommt in dieser Arbeit nicht vor, sondern erst in 'ner kurzen Ergänzung ein paar Monate später. Die Formel sagt im Prinzip aus, dass Masse und Energie das Gleiche sind. Sie sind zwei Formen derselben Sache: Energie ist freigesetzte Masse und Masse ist Energie, die darauf wartet, freigesetzt zu werden. Und weil c² (die Lichtgeschwindigkeit im Quadrat) 'ne riesige Zahl ist, bedeutet das, dass in jedem Objekt 'ne unvorstellbar große Menge an Energie steckt.

Auch wenn du dich vielleicht nicht so fit fühlst, in deinem Körper steckt 'ne Menge Potenzial: ungefähr 7 x 10^18 Joule, genug Energie, um 30 Wasserstoffbomben zu zünden. Aber wir sind halt nicht so gut darin, die freizusetzen. Selbst 'ne Uranbombe – die stärkste Waffe, die wir je gebaut haben – setzt nur weniger als 1 % der Energie frei, die sie freisetzen könnte, wenn wir cleverer wären.

Einsteins Theorie hat auch erklärt, wie Radioaktivität funktioniert: Wie kann Uran ständig Energie in Form von Strahlung abgeben, ohne zu schmelzen wie Eis? (Indem es Masse in Energie umwandelt: E=mc².) Und sie hat erklärt, warum Sterne Milliarden von Jahren leuchten können, ohne ihren Brennstoff zu verbrauchen. (Das Gleiche gilt hier.) Mit 'ner einfachen Formel hat Einstein die Horizonte von Geologen und Astronomen um Milliarden von Jahren erweitert. Und die Theorie hat gezeigt, dass die Lichtgeschwindigkeit konstant und die höchste Geschwindigkeit ist, die es gibt. Damit hat sie uns auf einmal 'n Einblick in das Wesen des Universums gegeben. Und sie hat das Problem mit dem Äther gelöst, weil sie gezeigt hat, dass es ihn nicht gibt. Einsteins Universum braucht keinen Äther.

Physiker haben damals nicht viel auf die Veröffentlichungen von 'nem Schweizer Patentbeamten gegeben. Deswegen hat Einsteins Arbeit, obwohl sie voll mit wichtigen Informationen war, nicht viel Aufmerksamkeit erregt. Obwohl er gerade 'n paar der größten Rätsel des Universums gelöst hatte, hat sich Einstein für 'ne Stelle als Dozent an der Uni beworben, aber die wurde ihm verweigert. Und dann hat er sich für 'ne Stelle als Lehrer beworben, aber die wurde ihm auch verweigert. Also hat er weiter als technischer Experte dritter Klasse gearbeitet – aber natürlich hat er weiter nachgedacht. Er war nämlich noch lange nicht fertig.

Der Dichter Paul Valéry hat Einstein mal gefragt, ob er immer 'n Notizbuch dabei hat, um seine Gedanken aufzuschreiben. Einstein war total überrascht: "Ach, das ist nicht nötig", hat er geantwortet, "ich hab selten 'n Notizbuch dabei." Aber ich glaube, es wäre 'ne gute Idee gewesen, wenn er eins gehabt hätte. Seine nächste Idee war nämlich die beste von allen. Und zwar wirklich die allerbeste, wie es Booles, Mouch und Weaver in ihrer Geschichte der Atomwissenschaft geschrieben haben. "Es ist zweifellos die höchste intellektuelle Leistung des menschlichen Geistes", haben sie geschrieben. Das ist schon 'n ziemlich großes Lob.

1907 – oder zumindest steht das manchmal in Büchern – hat Einstein angefangen, über die Schwerkraft nachzudenken, weil 'n Arbeiter vom Dach gefallen ist. Aber wie bei so vielen schönen Geschichten, ist die Wahrheit wahrscheinlich anders. Einstein selbst hat gesagt, dass er über die Schwerkraft nachgedacht hat, als er einfach nur auf seinem Stuhl saß.

Eigentlich hat er angefangen, 'ne Antwort auf die Frage nach der Schwerkraft zu suchen. Er war von Anfang an klar, dass in der speziellen Relativitätstheorie was fehlt: die Schwerkraft. Die spezielle Relativitätstheorie war "speziell", weil sie sich nur mit Dingen beschäftigt hat, die sich ungehindert bewegen. Aber was passiert, wenn 'n bewegtes Objekt – vor allem Licht – auf 'n Hindernis trifft, wie zum Beispiel die Schwerkraft? Darüber hat er die nächsten zehn Jahre nachgedacht und Anfang 1917 seine Arbeit "Kosmologische Betrachtungen zur allgemeinen Relativitätstheorie" veröffentlicht. Die spezielle Relativitätstheorie von 1905 war 'ne wichtige Leistung, aber wie C.P. Snow mal gesagt hat, hätte die auch jemand anders gefunden, wahrscheinlich innerhalb von fünf Jahren. Das war was, das passieren musste. Aber die allgemeine Relativitätstheorie, das war was ganz anderes. "Ohne sie", hat Snow 1979 geschrieben, "würden wir wahrscheinlich heute noch auf die Theorie warten."

Einstein war 'n außergewöhnlicher Mensch, mit seiner Pfeife, seiner freundlichen Art, seiner Zurückhaltung und seinen wirren Haaren. So jemand kann nicht ewig im Verborgenen bleiben. 1919, nach dem Ende des Krieges, hat die Welt ihn auf einmal entdeckt. Und fast gleichzeitig wurde seine Relativitätstheorie berühmt, obwohl sie für die meisten Leute unverständlich war. Die "New York Times" hat beschlossen, 'n Artikel darüber zu schreiben und hat – aus unerfindlichen Gründen – 'n Golfreporter namens Henry Crouch mit dem Interview beauftragt. Und das hat, wie David Bodanis in seinem Buch "E=mc²" geschrieben hat, überhaupt nichts gebracht.

Crouch war mit dem Interview total überfordert und hat fast alles falsch gemacht. Er hat zum Beispiel behauptet, dass Einstein 'n mutigen Verleger gefunden hat, der 'n Buch veröffentlicht hat, das weltweit nur 12 Leute verstehen. Natürlich gab es so 'n Buch nicht, so 'n Verleger nicht und so 'n kleinen Kreis von Wissenschaftlern auch nicht, aber die Idee hat sich festgesetzt. Bald haben die Leute geglaubt, dass es noch viel weniger Leute gibt, die die Relativitätstheorie verstehen – und die Wissenschaft hat das Gerücht nicht dementiert.

'N Journalist hat den britischen Astronomen Arthur Eddington mal gefragt, ob er wirklich einer der drei Menschen auf der Welt ist, die Einsteins Relativitätstheorie verstehen. Eddington hat 'n Moment nachgedacht und dann geantwortet: "Ich frage mich gerade, wer der dritte ist." Das Problem bei der Relativitätstheorie ist nämlich nicht, dass sie so viele Differentialgleichungen, Lorentz-Transformationen und andere komplizierte mathematische Formeln enthält (obwohl das auch 'n Problem ist – selbst Einstein brauchte dabei Hilfe), sondern dass sie nicht intuitiv verständlich ist.

Im Wesentlichen besagt die Relativitätstheorie, dass Raum und Zeit nicht absolut sind, sondern relativ zum Beobachter und zum beobachteten Objekt. Und je schneller sich jemand bewegt, desto deutlicher wird der Effekt. Wir können uns nie auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigen und je mehr wir uns anstrengen (und je schneller wir also werden), desto mehr verzerren wir uns für 'n Beobachter.

Gleichzeitig haben Wissenschaftsjournalisten versucht, die Konzepte für die breite Masse verständlich zu machen. Bertrand Russells "ABC der Relativitätstheorie" war da 'n ziemlich erfolgreicher Versuch – zumindest kommerziell gesehen. Russell hat darin 'n Vergleich benutzt, der bis heute oft verwendet wird. Er hat die Leser gebeten, sich 'n 90 Meter langen Zug vorzustellen, der mit 60 % der Lichtgeschwindigkeit fährt. Für jemanden, der auf dem Bahnsteig steht und den Zug vorbeifahren sieht, würde der Zug nur noch 70 Meter lang aussehen und alles im Zug würde sich genauso zusammenziehen. Wenn wir die Leute im Zug reden hören könnten, würden ihre Stimmen verzerrt und langsam klingen, wie 'ne Schallplatte, die zu langsam abgespielt wird. Und ihre Bewegungen würden komisch und schwerfällig aussehen. Sogar die Uhren im Zug würden langsamer gehen.

Aber – und das ist der Punkt – die Leute im Zug würden sich nicht verändert fühlen. Für sie würde alles ganz normal aussehen. Stattdessen würden wir auf dem Bahnsteig komisch klein und langsam wirken. Alles hängt davon ab, wo man sich im Verhältnis zum bewegten Objekt befindet.

Eigentlich passiert das jedes Mal, wenn du dich bewegst. Wenn du mit dem Flugzeug über die USA fliegst, wirst du ungefähr 'ne hundertmilliardstel Sekunde langsamer altern als jemand, der hinter dir aus dem Flugzeug steigt. Selbst wenn du von einem Ende des Zimmers zum anderen gehst, verändert sich deine Wahrnehmung von Raum und Zeit 'n bisschen. Wenn du 'n Baseball mit 160 km/h wirfst, nimmt er auf dem Weg zum Schlagmann 0,000 000 000 002 Gramm an Masse zu. Die Effekte der Relativitätstheorie sind also real und messbar. Das Problem ist, dass die Veränderungen so klein sind, dass wir sie nicht bemerken. Aber für andere Dinge im Universum – Licht, Schwerkraft, das Universum selbst – sind sie total wichtig.

Wenn dir die Konzepte der Relativitätstheorie also komisch vorkommen, liegt das nur daran, dass wir diese Art von Wechselwirkungen im normalen Leben nicht erfahren. Aber wir erleben trotzdem andere Arten von Relativität, zum Beispiel beim Schall. Wenn im Park jemand schlechte Musik spielt, dann weißt du, dass die Musik leiser wird, wenn du dich weiter weg bewegst. Das liegt aber nicht daran, dass die Musik wirklich leiser wird, sondern nur daran, dass sich deine Position verändert hat. Für Dinge, die sehr klein sind oder sich langsam bewegen – wie zum Beispiel Schnecken – ist es vielleicht schwer zu glauben, dass 'n Lautsprecher gleichzeitig zwei verschiedenen Zuhörern unterschiedlich laute Musik vorspielen kann.

Das schwierigste und unintuitivste Konzept der allgemeinen Relativitätstheorie ist die Idee, dass Zeit Teil des Raums ist. Wir sehen Zeit instinktiv als etwas Ewiges, Absolutes und Unveränderliches, von dem wir glauben, dass nichts seinen unaufhaltsamen Lauf stören kann. Aber Einstein hat gezeigt, dass Zeit veränderlich ist und sich ständig verändert. Zeit hat sogar 'ne Form. Eine Einheit Zeit ist untrennbar mit drei Einheiten Raum verbunden und bildet die sogenannte "Raumzeit".

Die Raumzeit wird oft so erklärt: Stell dir was Flaches und Nachgiebiges vor, wie zum Beispiel 'n Teppich oder 'ne Gummimatte. Und darauf legst du was Schweres und Rundes, wie zum Beispiel 'ne Eisenkugel. Das Gewicht der Kugel dehnt und verformt die Unterlage 'n bisschen. So ähnlich wirkt 'n großes Objekt wie die Sonne auf die Raumzeit: Sie dehnt, krümmt und verformt sie. Und wenn du jetzt 'ne kleinere Kugel über die Unterlage rollen lässt, dann versucht sie, sich geradlinig zu bewegen, wie es Newtons Bewegungsgesetze vorschreiben. Aber wenn sie sich der großen Kugel nähert und die Unterlage sich absenkt, dann rollt sie nach unten und wird von der großen Kugel angezogen. Das ist die Schwerkraft – 'n Produkt der Krümmung der Raumzeit.

Jedes Objekt mit Masse verursacht 'ne kleine Delle in der Raumzeit. Das Universum ist also 'n "ultimativer Memory-Foam", wie Dennis Overbye gesagt hat. Aus dieser Sicht ist die Schwerkraft weniger 'n Ding als 'n Ergebnis – "keine 'Kraft', sondern 'n Nebenprodukt der Krümmung von Raum und Zeit", wie der Physiker Michio Kaku gesagt hat. "In gewisser Weise existiert die Schwerkraft nicht", hat Kaku hinzugefügt. "Was Planeten und Sterne bewegt, ist die Verzerrung von Raum und Zeit."

Der Vergleich mit der Unterlage hilft uns natürlich nur bis zu 'nem gewissen Punkt, weil er die Wirkung der Zeit nicht berücksichtigt. Aber unser Gehirn kann sich das auch kaum vorstellen: sich Raum und Zeit im Verhältnis 3:1 als 'ne Art Raster vorzustellen, das die Raumzeit bildet. Aber wir können uns wahrscheinlich darauf einigen, dass das 'ne ziemlich krasse Erkenntnis für jemanden ist, der aus dem Fenster des Patentamts in Bern schaut.

Einsteins allgemeine Relativitätstheorie hat viele neue Erkenntnisse gebracht. Er hat zum Beispiel gesagt, dass sich das Universum entweder ausdehnt oder zusammenzieht. Aber Einstein war kein Kosmologe und hat geglaubt, dass das Universum statisch und ewig ist.

Mehr oder weniger aus dem Bauch heraus hat er seine Gleichung mit 'ner sogenannten kosmologischen Konstante ergänzt. Die hat er als 'ne Art mathematische Stopptaste benutzt, um die Wirkung der Schwerkraft auszugleichen. Die Geschichtsschreibung der Wissenschaft verzeiht Einstein diesen Fehler immer wieder, aber eigentlich war das 'ne Katastrophe. Er hat es als "die größte Eselei meines Lebens" bezeichnet.

Ungefähr zur gleichen Zeit, als Einstein seine Theorie mit der Konstante ergänzt hat, hat 'n Astronom am Lowell-Observatorium in Arizona das Spektrum von fernen Sternen aufgenommen und festgestellt, dass sich die Sterne von uns entfernen. Der Astronom hatte 'n coolen Namen: Vesto Slipher (obwohl er eigentlich aus Indiana kam). Das Universum ist also nicht statisch. Slipher hat festgestellt, dass die Sterne 'ne eindeutige Doppler-Verschiebung aufweisen. Das ist der gleiche Effekt, der bei 'nem vorbeifahrenden Rennwagen zu hören ist (benannt nach dem österreichischen Physiker Christian Doppler, der den Effekt 1842 entdeckt hat). Das Prinzip ist einfach: Wenn sich 'n bewegtes Objekt auf 'n stationäres Objekt zubewegt, werden seine Schallwellen gestaucht und der Ton wird höher. Wenn sich die Schallquelle entfernt, werden die Wellen gedehnt und der Ton wird tiefer.

Dieser Effekt gilt auch für Licht: Bei Sternen, die sich von uns entfernen, wird das Licht zum roten Ende des Spektrums verschoben (Rotverschiebung), während sich Sterne, die sich auf uns zubewegen, zum blauen Ende des Spektrums verschieben (Blauverschiebung).

Slipher war der Erste, der diesen Effekt beim Licht bemerkt hat und er hat erkannt, dass das wichtig für das Verständnis der Bewegung des Universums sein könnte. Leider hat ihm keiner so richtig zugehört. Das Lowell-Observatorium war nämlich 'n komischer Ort, weil Percival Lowell da nach Kanälen auf dem Mars gesucht hat. Slipher kannte Einsteins Relativitätstheorie nicht und die Welt kannte Slipher nicht, also hat seine Entdeckung keine große Rolle gespielt.

Die Ehre gebührt stattdessen 'nem großen, selbstbewussten Mann namens Edwin Hubble. Hubble wurde 1889 in Missouri geboren, zehn Jahre nach Einstein. Sein Vater war 'n erfolgreicher Versicherungsmanager, also war er wohlhabend. Und Edwin hatte auch 'n gutes Aussehen. Er war 'n talentierter Sportler, charmant, elegant und sah gut aus. "Unangemessen gutaussehend", wie William H. Cropper gesagt hat. Oder "schön wie Adonis", wie 'n anderer Bewunderer gesagt hat. Und er war auch noch 'n Held: Er hat Leute aus dem Wasser gerettet, verängstigte Leute über die Schlachtfelder in Frankreich geführt und Weltmeister-Boxer verprügelt. Das klingt alles zu gut, um wahr zu sein, aber es stimmt. Aber obwohl er so talentiert war, war Hubble auch 'n notorischer Lügner.

Das war ungewöhnlich, weil Hubbles Leben von Anfang an voller unglaublicher Ereignisse und Leistungen war. Allein bei 'nem Leichtathletik-Wettkampf 1906 hat er im Stabhochsprung, Kugelstoßen, Diskuswerfen, Hammerwerfen, Standweitsprung, Weitsprung gewonnen und war Mitglied der siegreichen Staffel. Im selben Jahr hat er den Illinois-Staatsrekord im Hochsprung gebrochen.

Auch als Student war er super erfolgreich und ist mit Leichtigkeit an die University of Chicago gekommen, um Physik und Astronomie zu studieren. Da wurde er als einer der ersten Rhodes-Stipendiaten nach Oxford geschickt. Die drei Jahre in England sind ihm anscheinend nicht gut bekommen. Als er 1913 zurück nach Wheaton kam, trug er 'n langen Umhang, rauchte Pfeife und sprach mit 'nem komischen Akzent – nicht ganz britisch, aber auch nicht amerikanisch. Er hat später behauptet, dass er in den 1920ern als Anwalt in Kentucky gearbeitet hat, aber in Wirklichkeit war er Lehrer und Basketballtrainer in Indiana, bevor er seinen Doktortitel gemacht hat und kurz bei der Armee war. (Er ist 'ne Woche vor dem Waffenstillstand in Frankreich angekommen und hat wahrscheinlich keine Schüsse gehört.)

1919 war er 30 Jahre alt. Er ist nach Kalifornien gezogen und hat 'ne Stelle am Mount-Wilson-Observatorium in der Nähe von Los Angeles bekommen. Und überraschenderweise wurde er schnell zu einem der bedeutendsten Astronomen des 20. Jahrhunderts.

Lass uns mal kurz darüber nachdenken, wie wenig die Leute damals über das Universum wussten.

Astronomen schätzen heute, dass es im sichtbaren Universum 140 Milliarden Galaxien gibt. Das ist 'ne riesige Zahl. Wenn man 'ne Galaxie mit 'ner Bohne vergleicht, dann könnte man mit diesen Bohnen 'n riesigen Saal füllen. 1919, als Hubble das erste Mal durch 'n Teleskop geschaut hat, kannten wir nur eine Galaxie: die Milchstraße. Alles andere wurde entweder als Teil der Milchstraße oder als Gaswolke im All angesehen. Hubble hat schnell bewiesen, dass das falsch ist.

In den nächsten zehn Jahren hat Hubble sich mit den zwei grundlegendsten Fragen über das Universum beschäftigt: Wie alt ist es? Und wie groß ist es? Um die Fragen beantworten zu können, musste er zwei Dinge wissen: Wie weit sind bestimmte Galaxien von uns entfernt? Und wie schnell entfernen sie sich von uns? Die Rotverschiebung hat ihm verraten, wie schnell sich die Galaxien entfernen, aber nicht, wie weit sie entfernt sind. Dafür brauchte er sogenannte "Standardkerzen", also Sterne, deren Helligkeit man genau kennt und als Vergleich für die Helligkeit anderer Sterne benutzen kann.

Da hatte Hubble Glück. Kurz zuvor hatte Henrietta Swan Leavitt 'ne Methode gefunden, um solche Sterne zu finden. Leavitt hat am Harvard College Observatory als sogenannte Rechnerin gearbeitet. Rechnerinnen haben den ganzen Tag Fotos von Sternen angeschaut und Berechnungen durchgeführt. Das war 'n schlecht bezahlter Job. Aber in der Zeit war das die einzige Möglichkeit für Frauen, in die Nähe der Astronomie zu kommen. Aber das hatte auch 'n Vorteil: Die Hälfte der klügsten Köpfe hat sich mit Aufgaben beschäftigt, die sonst keiner gemacht hätte. So haben Frauen Strukturen im Universum entdeckt, die ihren männlichen Kollegen oft entgangen sind.

Anne Jump Cannon, auch 'ne Rechnerin in Harvard, hat ihr Wissen über Sterne genutzt, um 'n System zur Klassifizierung von Sternen zu entwickeln. Das System ist so nützlich, dass es bis heute verwendet wird. Leavitts Beitrag war noch bedeutender. Sie hat nämlich bemerkt, dass es bestimmte Sterne gibt, die in regelmäßigen Abständen pulsieren, wie 'n schlagendes Herz. Diese Sterne werden Cepheiden genannt (nach dem Sternbild Cepheus, wo der erste Cepheid entdeckt wurde). Cepheiden sind selten, aber zumindest einer ist den meisten von uns bekannt: der Polarstern.

Wir wissen heute, dass Cepheiden pulsieren, weil sie sich in 'ner bestimmten Phase ihrer Entwicklung befinden. Die chemischen Prozesse in diesen Sternen sind kompliziert und würden den Rahmen sprengen. Aber vereinfacht gesagt, erzeugen sie beim Verbrennen des restlichen Brennstoffs 'n regelmäßiges Aufleuchten und Verblassen. Leavitts Genie bestand darin, dass sie entdeckt hat, dass man die relative Entfernung von Cepheiden berechnen kann, indem man die Helligkeit verschiedener Cepheiden vergleicht. Sie waren wie Standardkerzen, 'n Begriff, den sie selbst geprägt hat und der bis heute verwendet wird. Mit dieser Methode konnte man nur relative Entfernungen berechnen, keine absoluten. Aber trotzdem war es das erste Mal, dass jemand 'ne praktikable Methode zur Berechnung des riesigen Universums gefunden hatte.

Es ist vielleicht erwähnenswert, dass Henrietta Leavitt und Annie Jump Cannon anhand von Fotos fundamentale Eigenschaften des Universums entdeckt haben, während William H. Pickering, 'n Harvard-Astronom, 'ne eigene Theorie aufgestellt hat, nach der die dunklen Flecken auf dem Mond von großen Insektenschwärmen verursacht werden, die saisonal wandern. Und Pickering konnte natürlich so oft er wollte mit erstklassigen Teleskopen beobachten.

Hubble hat Leavitts Methode mit der Rotverschiebung von Vesto Slipher kombiniert und angefangen, den Weltraum selektiv zu vermessen. 1923 hat er bewiesen, dass 'n Nebel in der Andromeda-Galaxie, der mit M31 bezeichnet wurde, keine Gaswolke war, sondern 'ne riesige Ansammlung von Sternen, 'ne eigene Galaxie mit 'nem Durchmesser von 10.0

Go Back Print Chapter