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Okay, also, pass auf, jetzt erzähl ich euch mal was echt Krasses, ne? Also, da gab's diese Biotech-Firma, Biogen, kennste vielleicht, die haben irgendwie so ein Führungskräfte-Retreat im Marriott in Boston gemacht. Ende Februar, also kurz bevor der ganze Wahnsinn mit Corona so richtig losging, quasi.
Boah, im Nachhinein, ey, hat natürlich jeder gesagt, das hätte niemals stattfinden dürfen, ne? Aber damals, da war das halt alles noch so neu, dieses SARS-CoV-2-Ding. Wuhan, China, und so weiter, man wusste halt noch nicht, wie krass das wirklich wird, ne? Gab ja auch noch die Optimisten, die dachten, das wird schon nicht so schlimm. Biogen war da wohl auch eher optimistisch, zumindest am Anfang.
Jedenfalls, da waren so um die 175 Leute eingeladen, aus aller Welt. Frühstück zusammen, Hände schütteln, umarmen, quatschen, abends dann noch Dinner mit Preisverleihung. Stimmung war super, weil die Geschäfte liefen ja auch, ne? Und dann, am nächsten Tag, sind alle wieder auseinander, ab zum Flughafen, nach Hause…
Und dann ging der Mist los. Erst kriegt einer von den Führungskräften Grippe-ähnliche Symptome, geht ins Krankenhaus. Dann der nächste, und der nächste, und plötzlich sind da um die 50 Leute, die sich beschissen fühlen.
Montag war dann Alarmstufe rot bei Biogen. E-Mail an alle Konferenzteilnehmer, zum Arzt gehen, wenn's einem nicht gut geht. Dienstag, Gesundheitsbehörde informiert. Und Donnerstag, nachdem zwei Mitarbeiter in Europa positiv getestet wurden, hat Biogen dann alle Mitarbeiter informiert, dass sie da 'nen Ausbruch haben, quasi. Und, ach du liebe Zeit, die haben sogar gesagt, die Leute sollen bloß nicht ins Krankenhaus zum Testen gehen, weil die Notaufnahme total überlastet war.
Tja, und da war's eigentlich schon zu spät, ne? Einige von den Leuten sind direkt von der Konferenz zu 'ner Investment-Konferenz im anderen Marriott, in Copley Place, gefahren. Und da wurden dann auch Leute krank. Und dann war da noch ein Manager, der ist nach Florida geflogen, zu 'ner Konferenz, und wurde da auch krank. Kopfschmerzen, Fieber, das ganze Programm. Hat der da auch noch Leute angesteckt?
Dann noch North Carolina, wo Biogen auch 'n großes Büro hat. Die Leute sind zurück nach der Konferenz, Montag zur Arbeit gegangen, und dann ging's da auch los mit den Krankmeldungen. Also, da ging die Post ab zwischen Gesundheitsbehörden und Biogen. Sogar der Gouverneur von North Carolina hat sich eingeschaltet.
Und dann dämmerte es allen so langsam, dass das, was da im Marriott passiert war, echt 'ne Katastrophe war. Weil so viele Leute infiziert waren, und so viele direkt danach in alle Welt geflogen sind, das war kein lokaler Ausbruch mehr, sondern... ja, 'n Desaster.
Weißt du, am Anfang gab's ja den ersten Fall in Boston, 'n Student aus Wuhan. Aber der hat niemanden angesteckt. Gar keinen! Die haben sich da noch gefreut, dass alles so easy ist, ne? "Kein Grund zur Sorge", haben die gesagt. Pustekuchen.
Später haben die Wissenschaftler dann rausgefunden, dass es ganz viele verschiedene "Einschleppungen" gab, also Leute, die das Virus nach Boston gebracht haben. Aber nur ein paar davon haben sich wirklich ausgebreitet. Eine von diesen Ausbreitungen passierte in einem Pflegeheim, fast alle Bewohner wurden angesteckt. Aber die Ausbreitung blieb dort. Nur diese Biogen-Konferenz...die war anders.
Da gab's dann diesen Jacob Lemieux, 'n Spezialist für Infektionskrankheiten, der hat gesagt, dass sie gemerkt haben, dass ganz viele frühe Fälle mit dieser Konferenz zusammenhängen. Die hatten da 'ne bestimmte genetische Signatur, diese Fälle, 'ne Mutation namens C2416T. Die war vorher in den USA noch gar nicht gesehen worden, und eigentlich nur bei älteren Patienten in Frankreich.
Und dann ging's los, dass die Zeitungen angerufen haben und meinten "krass", und die Wissenschaftler konnten nur antworten mit "Joa, das ist schon 'ne ganze Menge." Und dann stand's am nächsten Tag auf der Titelseite: "Wissenschaftler sagen, 20.000 Leute durch Business-Konferenz infiziert!"
Und das war noch 'ne total konservative Schätzung, muss man sagen. Am Ende waren's wohl eher Hunderttausende. Die sind hoch gekommen mit der Schätzung, nachdem immer mehr Länder die Sequenzen verglichen hatten und diese Mutationen dort gefunden wurden. Echt heftig.
Also, die endgültige Schätzung war, dass dieses Biogen-Meeting zu weit über 300.000 Infektionen geführt hat. Und wie hat das angefangen? Tja, "Wir gehen davon aus", sagte Lemieux, "dass es durch eine Person eingeschleppt wurde." Krass, oder? Über 300.000 Infektionen durch ein einziges Meeting, und alles zurückzuführen auf eine einzige Person. Was war an der Person denn so besonders?
Und weißt du, das ist ja das Ding bei Epidemien. Man denkt immer, es betrifft alle gleich, aber oft sind es halt ein paar wenige, die den Unterschied machen, so "The Law of the Few", kennste ja vielleicht.
Da gab's mal diesen Chemiker, Donald Stedman, der hat so 'n Ding erfunden, mit dem man die Abgase von Autos messen konnte, während die vorbeifahren. Und der hat rausgefunden, dass nur 'n paar wenige Autos für den Großteil der Luftverschmutzung verantwortlich sind. Aber trotzdem müssen alle zur Abgasuntersuchung. Total bescheuert, oder?
Und das ist halt oft so, dass wir so tun, als ob alle gleich verantwortlich sind, obwohl's in Wirklichkeit nur 'n paar wenige sind, die den ganzen Mist verursachen. Aber keiner will da wirklich was dran ändern, weil's dann kompliziert wird, ne? Was, wenn die Leute, die die dreckigsten Autos haben, sich keine Reparatur leisten können? Und so weiter, du kennst das ja.
Mit dem Virus ist es genauso. Die Technologie würde uns ja erlauben, die "Superspreader" zu identifizieren. Aber was machen wir dann mit der Info?
Es gibt ja auch diese Aerosol-Wissenschaftler, die sich mit den winzigen Partikeln in der Luft beschäftigen. Die haben schon früh gesagt, dass Corona über Aerosole übertragen wird, also über die kleinen Tröpfchen, die man beim Sprechen, Atmen, etc. ausstößt.
Am Anfang hieß es ja immer, das Virus wird nur durch Husten und Niesen übertragen. Aber die Aerosol-Leute haben gesagt, Quatsch, das Sprechen ist viel wichtiger! Weil man da viel mehr Partikel ausstößt. Und die können dann stundenlang in der Luft schweben.
Das war ja auch das Problem bei der Biogen-Konferenz. Die haben sich gefragt, wie kann jemand Hunderte von Leuten anstecken, wenn das Virus nur durch direkten Kontakt übertragen wird? Aber wenn's airborne ist, also über Aerosole übertragen wird, dann macht's plötzlich Sinn. Dann reicht es schon, wenn jemand in einem schlecht belüfteten Raum 'ne Rede hält.
Aber wenn das so einfach ist, warum gab's dann nicht tausende von solchen Fällen? Warum war die Biogen-Konferenz so einzigartig?
Da gab's diese Studie mit der kleinen Schülerin. Die hat irgendwie zehnmal mehr Viruspartikel ausgestoßen als die anderen. Die Ärzte waren total ratlos.
Also, lange Rede, kurzer Sinn: Es gibt wohl Leute, die einfach von Natur aus mehr Aerosole ausstoßen als andere. Das nennen die dann "Superemitter". Die haben vielleicht 'n anderen Speichel, der elastischer und zähflüssiger ist. Oder es liegt an der Flüssigkeitszufuhr. Wenn man dehydriert ist, dann können sich die Viren leichter in den Atemwegen festsetzen und werden dann beim Ausatmen wieder freigesetzt.
Die Aerosolforscher haben festgestellt, dass das Alter und der Body-Mass-Index da eine Rolle spielen könnten. Je älter und übergewichtiger jemand ist, desto eher ist er dehydriert. Und wenn man dann noch infiziert ist, dann wird das Problem noch schlimmer.
Aber was bedeutet das jetzt für die Zukunft? Wenn wir eines Tages genau wissen, wer die Superspreader sind, dürfen wir die dann einfach so aussortieren? Dürfen Fluggesellschaften übergewichtige Passagiere ablehnen? Dürfen Restaurants Leute mit "schlechtem" Speicheltest abweisen? Das ist schon 'n schwieriges Thema, ne? Man muss halt abwägen, wie viel Freiheit man aufgeben will, um die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen.
Und jetzt kommen wir mal zurück zu der Biogen-Konferenz. Stellen wir uns vor, dieser "Mr. Index", der Index-Fall, der war 'n Superspreader. Der wusste das natürlich nicht. Der hat sich kurz vor der Reise infiziert, war aber noch in der Inkubationszeit. Und dann ist er in den Flieger gestiegen, hat zu wenig getrunken, Alkohol vielleicht noch dazu, trockene Luft im Flugzeug…
Als er dann im Marriott angekommen ist, war er total dehydriert. Und dann steht er da vor der ganzen Gruppe und hält 'ne Rede. Laut, voller Begeisterung. Und dabei stößt er Millionen von Aerosolen aus, voller Viren. Und nachher wird er noch von seinen Kollegen umarmt.
Und ein paar Tage später wacht er dann mit 'ner fetten Grippe auf und merkt, dass er vielleicht 'ne riesige Katastrophe ausgelöst hat.
Tja, und das war's dann wohl, die Geschichte von Mr. Index und dem Corona-Ausbruch im Marriott. Schon krass, oder?