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Calculating...

Okay, let's see... woah, das ist ja ne lange Vorlage. Also, äh, mal sehen, wie wir das in nen Podcast-Monolog verwandeln können. Also, fangen wir mal an.

Tja, hallo erstmal, ne? Also, es geht heut' um, äh, ja, das mysteriöse Harvard Frauen Rugby Team. Klingt erstmal komisch, is aber so. Es gibt da so ne Sache, neulich, äh, ich glaub' in Princeton, war da so ein Rugby Spiel. Princeton gegen Harvard. Typisch, ne? Princeton in Schwarz-Orange, Harvard in Weiß. Ein paar Zuschauer am Rand, kleine Zelte für die Ausrüstung, alles ganz normal. Für die, die nicht dabei sein konnten, gab's sogar nen Livestream auf YouTube. Mega modern, heutzutage, ne?

Die Kommentatoren haben die Namen runtergeleiert: Eva, Brogan, Maya, Tiahna, Skylar, Elizabeth, Zoë, Caroline... und so weiter und so fort. Dann gabs noch ne Warnung wegen rassistischer, homophober oder transphober Diskriminierung, und dann lief die Nationalhymne. Und dann ging's los.

Princeton, das muss man sagen, die hatten ihr Rugby-Programm erst seit zwei Jahren. Viele von denen waren früher Tennis oder Volleyballspielerinnen. Richtige Rugby-Erfahrung hatten die kaum. Harvard war da schon ne ganz andere Nummer, muss man sagen.

Die hatten echt Tiefe im Kader und viele Spielerinnen, die schon ewig Rugby spielen. Harvard war ungeschlagen in das Spiel gegangen. Die hatten vorher schon Teams wie Quinnipiac, American International College, Queens University of Charlotte platt gemacht. Letztes Jahr, als Harvard gegen Princeton gespielt hat, haben die 102 zu 0 gewonnen! Krass, oder? Harvard war einfach gut.

Dann fing's an zu regnen. Erst leicht, dann immer stärker. Der Platz wurde rutschig, die Spielerinnen waren total durchnässt, und die Zuschauer haben sich unter Regenschirmen versteckt.

Dann ging das Spiel weiter, mit irgendwelchen Fachausdrücken, die kein Mensch versteht, der sich nicht mit Rugby auskennt. Also, da hieß es dann: "Kick is taken by Courtney Taylor and carrying a good portion of the Princeton team with her toward the twenty-two... zweite Phase Angriff." Hä? Keine Ahnung, was das heißen soll.

Irgendwann, zwei Stunden später, war das Spiel dann vorbei.

"Good power and distance, just the direction a little bit off and goes to the right and wide and the ref calls it. That’s the final action. Your final score today is sixty-one to Harvard, five to Princeton." Also, Endstand: 61 zu 5 für Harvard. Ja, die waren einfach besser.

Und jetzt kommt die eigentliche Frage, ne? Wenn man zufällig bei diesem Spiel zugeschaut hätte, hätte man sich vielleicht gefragt: Warum, zum Teufel, hat Harvard überhaupt ein Frauen Rugby Team?

Harvard bietet seinen Studenten ja schon unglaublich viele Sportmöglichkeiten. Über 50 Sportvereine gibt's da. Und die nehmen an mehr Division I Varsity Sportarten teil als jede andere Uni in den USA. Da kann man Basketball, Cross-Country, Fechten, Feldhockey, Golf, Eishockey, Lacrosse, Rudern, Segeln, Skifahren, Fußball, Softball, Squash, Schwimmen, Tauchen, Tennis, Leichtathletik, Volleyball und Wasserball spielen. Also, echt alles dabei. Man denkt ja immer, so große staatliche Unis wie die University of Michigan haben viele Sportler. Aber Harvard hat prozentual gesehen viermal so viele!

Und trotzdem hat Harvard 2013 entschieden, dass ihre Studentinnen noch *eine* weitere Option brauchen. Und so wurde Frauen Rugby zu den Varsity Sportarten hinzugefügt. Das bedeutete, dass Coaches und Trainer eingestellt werden mussten. Und Athleten mussten rekrutiert werden. Und das ist besonders wichtig, weil nicht viele junge Frauen in den USA Rugby spielen. Das ist ja ein ausländischer Sport, und dazu noch ein sehr gefährlicher, mit vielen Verletzungen. Da gibt's ausgerenkte Schultern, gebrochene Schlüsselbeine, gerissene Kreuzbänder, Gehirnerschütterungen... also, da schrecken viele junge Frauen verständlicherweise zurück. Also, ein Varsity Rugby Team auf die Beine zu stellen, ist schon ne Herausforderung.

Der Coach, Mel Denham, hat mal in der Harvard Crimson, der Studentenzeitung, gesagt: "Ultimately, we cast a large net in order to find the people who want to be at Harvard and who would be a great fit on and off the field." Mit "large net" meinte er, dass sich seine Recruiting-Bemühungen über die ganze Welt erstreckten.

Also, die haben High Schools in Kalifornien, Utah, Colorado und einigen Staaten im Mittleren Westen gescoutet, und auch in Kanada. "We have also started to work with some English players and are in the process of building relationships with coaches in England, New Zealand, and Australia as well," hat der Coach gesagt. "Our current team has players from Scotland, Canada, Hong Kong, Australia, China, Germany and Honduras, which is incredible to have such diversity in our culture."

Ja, aber warum macht Harvard das alles? Warum die ganze Mühe?

Die Frage wird noch komplizierter, wenn man versteht, wie das Zulassungssystem in Harvard funktioniert. Wie viele Elite-Unis hat Harvard im Grunde genommen zwei Wege. Der normale Weg ist für kluge Studenten aus der ganzen Welt, die sich durch ihre Leistungen qualifizieren. Der zweite Weg ist für das, was die Schule ALDCs nennt. Das steht für: Athletes, Legacies (Kinder von Alumni), Dean's Interest List (Kinder von reichen Leuten) und Children of faculty (Kinder von Professoren). ALDCs machen 30 Prozent der Studenten in Harvard aus! Das sind ganz schön viele. Und deren Weg zur Zulassung ist ganz anders.

Gegen Harvard gab es 2014 ne Klage von ner Gruppe namens Students for Fair Admissions (SFFA). Der Fall landete schließlich vor dem Supreme Court. Und das Seltsamste am ersten Prozess vor dem Bundesgericht war, als beide Seiten versucht haben, das komplizierte ALDC-System zu erklären.

Der Anwalt der Kläger, Adam Mortara, hat in seinem Eröffnungsplädoyer ne Tabelle gezeigt und angefangen, die "academic 1s" zu analysieren. Also, die intellektuellen Leistungen der Bewerber werden auf einer Skala von 1 bis 4 bewertet. 1 ist die höchste Bewertung. Das sind die Superstars. Normalerweise haben Academic 1s ne ganz gute Chance, angenommen zu werden. Aber wenn du ein Legacy bist, also das Kind eines Alumni, und du bist ein Academic 1, dann bist du so gut wie drin.

Mortara hat dann ne neue Tabelle gezeigt, in der die Zulassungsraten nach Noten für normale Studenten und für ALDCs verglichen wurden.

"You start to see how much better the legacy list does here. They do about 50 percent better. Virtually all of them get in at academic 1."

Dann hat Mortara sich die Zulassungsraten für Athleten angeschaut. Bei seiner Analyse von sechs Jahren Zulassungsdaten hat er nur einen einzigen Athleten gefunden, der ne Academic 1 hatte.

"Of course the one athlete...got in."

Dann hat Mortara sich angeschaut, was mit den Studenten passiert, die eine Note schlechter waren.

"Then you see something interesting here in academic 2. 10 percent admission chance for the regular folk with no connection to Harvard. A 50 percent admissions chance at academic 2 for the legacy, dean’s list, and children of faculty or staff. It’s a 5x difference."

Dann hat er kurz pausiert und gesagt: "Again, the athletes almost always get in. I told you that; I’ll stop saying it."

Und dann weiter: "At academic 3, 2.4 percent [get in], really pretty low chances for the regular folk. But if your mom or dad went to Harvard or your grandparent or uncle gave a lot of money to Harvard, then your chances of getting in are seven and a half times higher: 18 percent."

Und selbst bei ner Academic 4, also der schlechtesten Note, haben noch 3,5 Prozent der Legacies, Dean's List Kandidaten und Kinder von Fakultätsmitgliedern ne Chance auf Zulassung.

Am Ende hat er gesagt: "What that reflects is the academic rating is simply not as important to admissions for this group...And this effect is most profoundly seen with the athletes....As I said, they almost universally get in."

Die Athleten kommen fast immer rein.

Es ist ja nicht so schwer, sich ne Erklärung dafür zusammenzubauen, warum Harvard bestimmte Studenten bevorzugt. Alumni und reiche Leute spenden gerne Geld an Unis wie Harvard. Harvard will viel Geld haben. Also ist es aus wirtschaftlicher Sicht sinnvoll, den Kindern dieser Gruppen nen Vorteil zu verschaffen. Und es macht auch Sinn, die Kinder von Professoren zu bevorzugen. Das ist ne einfache Möglichkeit, die Professoren zufrieden zu stellen. Aber warum sollten Athleten in die gleiche Kategorie wie diese drei anderen Gruppen gesteckt werden? Das macht doch keinen Sinn!

In der Harvard Crimson stand mal so ein Artikel:

"Victor Crouin ’22, a member of Harvard’s squash team who hails from France, said he was at the 2017 world junior squash championship in Tauranga, New Zealand when he first connected with a University coach.

“The coach went all the way to New Zealand to watch the students, and then pick a few of them, and ask them, and give them a spot in case their grades were good enough,” Crouin said."

Tauranga, Neuseeland! Was ist denn so besonders an Leuten, die gut Squash spielen, dass man dafür extra ans andere Ende der Welt fliegt? Und was noch wichtiger ist: Warum bekommen Squash-Spieler so nen großen Vorteil gegenüber Studenten, die keine begnadeten Athleten sind? Der Vorteil, den Leute bekommen, die Squash, Rugby oder Segeln spielen, ist so groß, dass es einfacher ist, in die renommierteste Uni der Welt zu kommen, wenn man der beste Athlet an seiner Schule ist, und nicht der beste Schüler.

Bei der Klage gegen Harvard wurde der Dekan für Zulassungen, William Fitzsimmons, gefragt, warum Harvard so komisch mit Athleten umgeht.

Frage: "There’s been a lot of discussion about athletes. Why does Harvard give a tip for athletes?"

Fitzsimmons sah aus wie ein typischer Harvard-Mann. Er hatte nen Doktortitel in Pädagogik und graue Schläfen. Er wusste bestimmt, dass die Frage kommt. Er wurde bestimmt darauf vorbereitet, wie er darauf antworten soll. Aber hört euch mal seine Antwort an:

Fitzsimmons: "For a couple of reasons. One is [that] having people, having all of our students gather together, you know, for athletic contests builds a spirit of community that I think many students expect and I think they deserve. It really unifies the institution in quite a specific and vital way."

Das würde man eher vom Sportdirektor der University of Alabama oder der Ohio State erwarten, wo regelmäßig 80.000 oder mehr Studenten, Alumni und Unterstützer zu den Footballspielen kommen. Das ist Community. Aber Fitzsimmons redet hauptsächlich von Randsportarten wie Segeln, Fechten und Wasserball. Bei dem Rugby-Spiel in Princeton waren kaum Zuschauer. Wie soll das ein "Gemeinschaftsgefühl" aufbauen?

Fitzsimmons war noch nicht fertig:

"So now our biggest state often is California. Our fourth biggest is Texas. Our sixth biggest is Florida. So if you’re a kid coming from some of these areas, you want to go to a place that is collegiate in the way Americans often think of colleges. So having a vibrant athletic tradition and ability to rally people around makes a big difference in our ability to attract all kinds of students."

Also, ganz ehrlich, das macht doch keinen Sinn! Harvard muss sich keine Sorgen machen, Studenten anzuziehen. Die Uni zieht so viele Studenten an, dass sie nur 3,4 Prozent der Bewerber annehmen kann! Und wer soll das sein, diese eingebildete Person aus Kalifornien, Texas oder Florida, die ein Angebot von Harvard ablehnt, weil die Sportszene nicht "vibrant" genug ist?

Fitzsimmons hat's dann nochmal versucht:

"The other part of it is that people who have achieved high levels of athletic expertise, if you want to use that word, often have a commitment, a drive, and an energy that often serves them well during college and then well beyond."

Fitzsimmons hat die Frage immer noch nicht beantwortet! Niemand würde bestreiten, dass man auf dem Spielfeld wertvolle Lektionen lernen kann, die einem im Leben und im Beruf helfen. Aber warum wertschätzt Harvard die Art von "Commitment" und "Drive", die man beim Sport lernt, so viel mehr als das Commitment und der Drive, die man zum Beispiel beim Schreiben eines Romans oder beim Lösen einer schwierigen quadratischen Gleichung lernt? Und warum wertschätzt Harvard diese sportliche Art von Drive so hoch, dass sie bis ans Ende der Welt reisen, um junge Frauen zu finden, die bei Regen auf einem einsamen Feld am Rande des Princeton Campus ein gefährliches Spiel spielen wollen?

Weil keine der offensichtlichen Erklärungen Sinn zu machen scheint, hab ich noch ne andere Erklärung. Ich glaub, dass das Rugby-Rätsel nichts mit Charakterbildung, Energie, Drive oder Gemeinschaftsgefühl zu tun hat. Ich glaub, es hat was mit "Magic Third" und Rosabeth Kanters Ideen über Gruppenverhältnisse zu tun.

Aber was Harvard macht, ist ganz anders als das, was man in Lawrence Tract versucht hat. Die Leute, die an dem Experiment teilgenommen haben, haben ja keinen Hehl daraus gemacht, was sie tun. Sie wollten ihre Zahlen manipulieren und haben ihre Mitglieder zusammengetrommelt, um die Details auszuarbeiten. Social Engineering sieht aber ganz anders aus, wenn die Ingenieure ihre Arbeit heimlich verrichten. Und davon gibt es viel zu viel. Wenn wir die Integrität unserer Institutionen schützen wollen, müssen wir wissen, welche Spiele unter der Oberfläche gespielt werden. Und das Paradebeispiel dafür ist: Harvard University.

Ja, krass, ne? Aber da ist noch mehr.

In den 1920er Jahren hatten die Schulen der Ivy League ein Problem. Und zwar Columbia University, die angesehenste Uni in der größten Stadt des Landes. Die Kinder der jüdischen Einwanderer, die um die Jahrhundertwende in großen Scharen nach New York gekommen waren, waren jetzt im College-Alter und haben die Aufnahmeprüfungen von Columbia mit Bravour bestanden. Anfang der 1900er Jahre waren bis zu 40 Prozent der Studenten in Columbia jüdisch, und der Rest der Ivy League hat das mit Entsetzen zur Kenntnis genommen. Die Neuankömmlinge aus der Bronx, Brooklyn und den Slums der Lower East Side von Manhattan wirkten wie Außerirdische für die Schulen, die seit den Anfängen der Republik die Kinder der WASP-Elite ausgebildet hatten.

In nem Studentenlied aus der Zeit hieß es:

"Oh, Harvard’s run by millionaires

And Yale is run by booze

Cornell is run by farmer’s sons,

Columbia’s run by Jews

So give a cheer for Baxter Street,

Another one for Pell,

And when the little sheenies die,

Their souls will go to hell"

(Ein "Sheeny" war damals ne abwertende Bezeichnung für Juden.)

Am meisten beunruhigt war Abbott Lawrence Lowell, der Präsident von Harvard von 1909 bis 1933. Inspiriert von den Bemühungen von Columbia und NYU, die jüdische Einschreibung zu begrenzen, gründete Lowell ein "Unterkomitee zur Sammlung von Statistiken", um genau festzustellen, wer jüdisch war und wer nicht. Die Schule hat die Bewerber zum ersten Mal gebeten, ihre "Rasse und Farbe", den Mädchennamen ihrer Mutter und den Geburtsort ihres Vaters anzugeben. Und um diejenigen zu erwischen, die ihren Namen geändert hatten, um nicht als Juden erkannt zu werden, hat Harvard jetzt gefragt: "What change, if any, has been made since birth in your own name or that of your father? (explain fully)." Die Ergebnisse haben Lowell in Panik versetzt. Als er 1909 Präsident wurde, waren nur etwas mehr als 10 Prozent der Studenten Juden. Bis 1922 waren es mehr als doppelt so viele.

Es wurden vier Zulassungskategorien geschaffen. J1 wurde Bewerbern zugeordnet, "wenn die Beweise schlüssig darauf hindeuteten, dass der Student jüdisch war". J2 war für die Fälle, in denen eine "Überzahl von Beweisen" darauf hindeutete, dass jemand jüdisch war. J3 war für die Fälle, in denen "die Beweise die Möglichkeit nahelegten, dass der Student jüdisch sein könnte". Und "Other" war für alle anderen. Jetzt konnte sich Harvard seiner jüdischen Einschreibung sicher sein. Und bis 1925 hatte die Situation nen kritischen Punkt erreicht. Nach ihren Berechnungen waren 27,6 Prozent der Studienanfänger J1 und J2, und weitere 3,6 Prozent waren J3. Die Schule stand kurz vor dem "Magic Third".

Harvard und die Schulen der Ivy League hatten jahrzehntelang versucht, ihre akademischen Standards zu erhöhen. Sie hatten strenge Aufnahmeprüfungen entwickelt und sich öffentlich dazu verpflichtet, alle anzunehmen, die am besten abgeschnitten haben.

"But now, just as these efforts were beginning to bear fruit, the ‘wrong’ students were passing the exams," schreibt Jerome Karabel in "The Chosen", seiner Geschichte der Zulassung an der Ivy League.

Harvard, Yale und Princeton standen also vor einer schmerzhaften Wahl: entweder die fast ausschließlich objektiven akademischen Zulassungsstandards beibehalten und die Ankunft von immer mehr Juden in Kauf nehmen oder sie durch subjektivere Kriterien ersetzen, mit denen das gewünschte Ergebnis erzielt werden konnte.

Nach langer Debatte hat Harvard beschlossen, den Weg der "subjektiveren Kriterien" zu gehen. Das Zulassungsbüro bekam freie Hand bei der Entscheidung, wer reinkommt und wer nicht. Jetzt wurden die Bewerber gebeten, Empfehlungsschreiben vorzulegen und ihre außerschulischen Aktivitäten aufzulisten. Plötzlich war es wichtig, was man in den Sommerferien gemacht hat, wie überzeugend der Bewerbungsaufsatz war oder welche Freunde der Eltern für den Charakter bürgen konnten. Harvard hat komplexe Bewertungssysteme entwickelt, um immaterielle Werte zu beurteilen. Sie haben mit persönlichen Interviews begonnen, bei denen sich Harvard-Leute die Bewerber persönlich ansehen konnten. Und zum ersten Mal wurde die Größe des eintretenden Studienjahrgangs streng begrenzt, um, wie College-Präsident Lowell sagte, "einen gefährlichen Anstieg des Anteils der Juden" zu verhindern.

Lowell wollte nicht alle Juden ausgrenzen, so wie die Südstaatler seiner Generation alle Schwarzen aus ihren Schulen ausgeschlossen haben. Er wollte die Zahl der Juden begrenzen. "The summer hotel that is ruined by admitting Jews meets its fate, not because the Jews it admits are of bad character, but because they drive away the Gentiles, and then after the Gentiles have left, they leave also," schrieb Lowell an einen Freund. "This happened to a friend of mine with a school in New York, who thought, on principle, that he ought to admit Jews, but who discovered in a few years that he had no school at all." Wenn man zu viele Juden zulässt, vertreiben die Juden die Nichtjuden. Lowell wollte im Wesentlichen verhindern, dass die Weißen wegziehen.

"It is the duty of Harvard to receive just as many boys who have come, or whose parents have come, to this country without our background as it can effectively educate...," erklärte er. "Experience seems to place that proportion at about 15 percent."

Dieser Wert von 15 Prozent war hoch genug, damit Harvard nicht als offen antisemitisch galt, aber niedrig genug, dass die Uni nicht Gefahr lief, sich in Columbia zu verwandeln. In ihrem berühmten Essay über ihre Beratungserfahrung nannte Rosabeth Kanter ne Gruppe, in der die Minderheit unter 15 Prozent lag, "skewed":

Skewed groups are those in which there is a large preponderance of one type over another, up to a ratio of perhaps 85:15. The numerically dominant types also control the group and its culture in enough ways to be labeled “dominants.” The few of another type in a skewed group can appropriately be called “tokens,” because they are often treated as representatives of their category, as symbols rather than individuals.

Kanter fand ja, dass verzerrte Verhältnisse ein Problem sind. Sie wollte die Zahl der Minderheitengruppe so weit erhöhen, dass sie sie selbst sein und vollen Einfluss auf die Kultur der Gruppe ausüben konnten. Lowell hingegen wollte die Minderheitengruppe unter dieser Schwelle halten. Er wollte den Zulassungsprozess so gestalten, dass Juden am unteren Ende einer verzerrten Verteilung bleiben.

Mit der Zeit hat die besondere Antipathie von Harvard gegenüber Juden nachgelassen. Im Jahr 2001 hat die Schule sogar ihren ersten jüdischen Präsidenten ernannt. Aber die Grundstruktur von Lowells Reformen ist unverändert geblieben. Wie Karabel sagt, hat Lowell "uns den eigentümlichen Zulassungsprozess hinterlassen, den wir heute als selbstverständlich betrachten". Er hat seinen Nachfolgern ne Lektion erteilt, die sie nie vergessen haben: Er hat ihnen gezeigt, wie man die Gruppenverhältnisse in Harvard kontrolliert.

Schauen wir uns mal die folgenden beiden Grafiken an, die nen Einblick in die nachhaltigen Auswirkungen von Lowells Anweisungen an die nachfolgenden Administratoren geben. Sie zeigen die Zahl der asiatischen Amerikaner, die zwischen Anfang der 1990er Jahre und 2013 in Harvard und Caltech (einer der wenigen Schulen der Welt, in die man so schwer reinkommt wie in Harvard) eingeschrieben waren. Fangen wir mal mit Caltech an.

(Ich spare mir hier die Zahlen, die stehen ja oben.)

Caltech ist ne Schule, die nen sehr leistungsbezogenen Zulassungsprozess verwendet. Sie spielen keine Spielchen mit Athleten, Legacies oder den Kindern von Spendern. Und wenn man sich auf nen stärker leistungsbezogenen Zulassungsprozess verlässt, kann man seine Gruppenverhältnisse nicht kontrollieren. Deshalb sind die asiatischen Zahlen in Caltech so unterschiedlich. Der Anteil der Asiaten beginnt bei nem Viertel der Studenten. Innerhalb von zwei Jahren springt er auf fast 30 Prozent, geht wieder etwas zurück und schießt dann nach der Jahrhundertwende wieder in die Höhe. Im Jahr 2013 lag er bei 42,5 Prozent. Heute liegt er bei fast 45 Prozent.

Caltech hat die gleiche Veränderung durchgemacht wie Columbia vor 100 Jahren. Ne neue ethnische Gruppe ist in Amerika angekommen, und ihre Kinder waren fest entschlossen, in der Leistungsgesellschaft ihres gewählten Landes erfolgreich zu sein. Kann man vorhersagen, wie Caltech in ner Generation aussehen wird? Nein! Caltech versucht nicht, seine Gruppenverhältnisse zu kontrollieren. Wenn plötzlich ne Flut von nigerianischen Einwanderern in die USA kommen würde und ihre Kinder den gleichen Weg wie die jüdischen und asiatischen Söhne und Töchter vor ihnen gehen würden, könnte der westafrikanische Anteil in Caltech eines Tages genauso hoch sein wie der asiatische Anteil. (Das ist nicht weit hergeholt: Nigerianische Einwanderer haben derzeit mehr Hochschulabschlüsse pro Kopf als jede andere Gruppe in Amerika.)

Und jetzt schauen wir uns mal die asiatischen Einschreibungszahlen von Harvard im gleichen Zeitraum an.

(Ich spare mir wieder die Zahlen, die stehen ja oben.)

Die Zahlen von Caltech sind das Ergebnis, wenn sich ne Institution nicht darum kümmert, ihre Gruppenverhältnisse zu kontrollieren. Die Zahlen von Harvard sind das Ergebnis, wenn ne Institution das tut. Der Anteil der Asiaten in Harvard ist jahrelang im Grunde gleich geblieben. Eigentlich sind die Anteile aller in Harvard im Grunde gleich geblieben.

Schauen wir uns mal die letzte Zeile an. Nur ne Gruppe in Harvard darf den "Magic Third" überschreiten.

Also, warum hat sich Harvard die ganze Mühe gemacht, ein Frauen Rugby Team hinzuzufügen? Es ist doch offensichtlich. Varsity Sportarten sind ein Mechanismus, mit dem Harvard seine Gruppenverhältnisse aufrechterhält.

Vor ein paar Jahren gab es nen bizarren Gerichtsfall über die Frage der Elite-Colleges und Sport. Es ging um nen reichen Mann namens Amin Khoury, der angeblich 180.000 Dollar in nen braunen Papiersack gesteckt und an den Tennistrainer der Georgetown University, Gordon Ernst, geschickt hat. Khoury wollte, dass Ernst seine Tochter als Varsity Tennisspielerin rekrutiert. Khoury wusste, dass an Elite-Schulen "die Athleten immer reinkommen", also glaubte er, dass dies der sicherste Weg für seine Tochter sei, an nem angesehenen College zugelassen zu werden.

Der Prozess war sehr unterhaltsam, mit peinlichen E-Mails und SMS, nem Abend mit Alkohol in nem schicken Restaurant und verschiedenen Zulassungs- und Sportbeauftragten, die sich unbehaglich auf der Zeugenbank gewunden haben. Als Fallstudie über die Korruption im Hochschulwesen ist "US v. Khoury" wirklich unschlagbar. Das, was bei dem Prozess ausgesagt wurde, ist aber auch sehr hilfreich, um zu verstehen, wie Colleges Sport nutzen, um ihre Gruppenverhältnisse zu manipulieren.

Mitten im Prozess hat die Staatsanwaltschaft ne ehemalige Varsity Tennisspielerin von Georgetown aufgerufen. Nennen wir sie mal Jane. Sie ist in nem exklusiven Privatgymnasium in der Nähe von Washington, DC, zur Schule gegangen, wo das Schulgeld über 50.000 Dollar pro Jahr beträgt.

Jane war ne sehr gute Tennisspielerin in der High School.

Frage: "What was your national ranking?"

Antwort: "My national ranking was 52 in the country."

Frage: "And you said you were from Maryland, correct?"

Antwort: "Mm-hmm."

Frage: "How about just within Maryland?"

Antwort: "I was number one in Maryland."

Wenn man sich mit Juniorentennis auskennt, weiß man, wie hart man arbeiten muss, um die Nummer eins in seinem Bundesstaat zu sein.

Staatsanwalt: "Where are you from? Where did you go to high school?"

Jane: "I went to Holton-Arms in Bethesda, Maryland. I left high school early every single day, and I went out to the tennis center at College Park out near the University of Maryland. There’s an academy there. And I trained three hours a day on the court, and then I did an hour of fitness [afterward]."

Was Jane nicht gesagt hat, ist, dass man sehr viel Geld braucht, um vier Stunden am Tag Tennis zu spielen. Janes Vater war Partner in ner Anwaltskanzlei. Das musste er sein. Er hatte ne Tochter, die im Juniorentennis erfolgreich sein wollte.

Es lohnt sich, das mal durchzurechnen. Die folgenden Zahlen stammen von der Tennistrainerin Marianne Werdel, die selbst US-Juniorenmeisterin war. Werdel hat ne Fokusgruppe mit 23 Familien mit nem Kind, das Juniorentennis spielt, durchgeführt, um herauszufinden, wie viel Geld sie pro Jahr für das Tennisspiel ihrer Tochter oder ihres Sohnes ausgeben. Und das hat sie herausgefunden:

Die Familien der Fokusgruppe haben zwischen 1.200 und 55.000 Dollar für Mitgliedschaften und Platzmiete ausgegeben. Die jährlichen Kosten im Freien betragen durchschnittlich 4.000 Dollar und die saisonalen Kosten in der Halle durchschnittlich 35.000 Dollar.

Am oberen Ende stehen private Country Clubs, die Aufnahmegebühren von 20.000 Dollar oder mehr und monatliche Beiträge im Bereich von 750 Dollar verlangen.

"Focus-group families spent between $7,500 and $45,000 annually for coaching," fährt Werdel fort. Turniere hatten Nenngelder und Reisekosten. (Die höchste Zahl, die ihr dafür genannt wurde, war 42.000 Dollar pro Jahr.) Die meisten Top-Spieler hatten nen Trainer. Das sind zwischen 5.000 und 18.000 Dollar pro Jahr. Physiotherapie kostete bis zu 7.000 Dollar pro Jahr. Und dann gab es noch die Schule. Man kann ja nicht wirklich auf ne öffentliche Schule gehen, wenn man vier Stunden am Tag trainiert. Also braucht man entweder ne kooperative Privatschule, wie Holton-Arms, oder Homeschooling:

Laurel Springs ist die am häufigsten verwendete Online-Schule für Tennisfamilien. Sie kostet etwa 4.000 bis 6.000 Dollar für die Mittelstufe und 7.000 bis 9.000 Dollar für die Oberstufe....Familien mit Kindern, die auf Top-Unis gehen wollen, haben durchschnittlich 7.000 Dollar für Nachhilfe in Verbindung mit dem Schulgeld von Laurel Springs ausgegeben.

Tennisschläger kosten die meisten Familien etwa 900 Dollar pro Jahr. Das Besaiten dieser Schläger kostet zwischen 800 und 2.500 Dollar. Schuhe kosten 500 bis 1.800 Dollar pro Jahr, und noch ein paar Tausend für Kleidung, Schlägertaschen, Griffe, Handtücher und so weiter.

Ihr könnt das gerne alles zusammenrechnen, aber ihr versteht, worauf ich hinauswill: Es ist wirklich schwer, nen Tennisspieler von nationalem Rang in der High School zu sein, wenn man nicht aus ner wohlhabenden Familie kommt, in der Nähe eines Country Clubs wohnt und mindestens ein Elternteil hat, der genug Zeit hat, einen für Turniere durchs ganze Land zu fahren und sich um die Beschaffung und das Management der kleinen Armee von Trainern, Physiotherapeuten und Tutoren zu kümmern, die man braucht, um erfolgreich zu sein.

Und was war die Belohnung für Janes Familie, dass sie so viel für ihr Tennisspiel ausgegeben hat? Jane würde nie auf der Profitour spielen. So gut war sie nie. Aber sie hat nen schönes Spiel gelernt, das sie ihr ganzes Leben lang spielen kann, und das ist ja auch nicht schlecht. Und sie wurde von vielen exklusiven Colleges rekrutiert. Sie hat sich für Georgetown entschieden.

Nachdem Jane ausgesagt hatte, hat die Staatsanwaltschaft Meg Lysy aufgerufen, die Zulassungsbeauftragte von Georgetown, die für das Tennisteam zuständig war.

Frage: "What was the typical process for the admission of tennis recruits?"

Antwort: "Before the deadline...the coach would bring transcripts and would have SAT or ACTs and say, “These are the students on my radar to recruit.” And it was my job to go through and look at the academic preparedness and say, “Yes, you can recruit the student. No problem.” “No, you can’t recruit the student.”

In einigen Fällen hat Lysy an den akademischen Qualifikationen eines Athleten gezweifelt. Aber wenn sie gut genug im Tennis waren, war sie bereit, Kompromisse einzugehen.

Antwort: "Gordie [Gordon Ernst] would say, you know, “This player is going to change my team. This player is so strong.” And in that scenario, we might admit someone whose academics were slightly lower, or lower than what we were looking for, because it would have such an impact."

Frage: "What, if anything, did you do to verify a recruit’s tennis ability?"

Antwort: "I didn’t do anything."

Frage: "What did you rely on to assure yourself of a recruit’s tennis ability?"

Antwort: "It was the coach’s word."

Frage: "Why did you rely on the coach’s word?"

Antwort: "Well, because his job [is] to be the tennis coach, recruiting the talent, and bringing the talent. And my role was to look at the transcripts and the academic preparedness."

Für normale College-Studenten ist der Zulassungsprozess ein sehr detaillierter Prozess mit Aufsätzen, Zeugnissen, Empfehlungsschreiben und langen Diskussionen im Zulassungsbüro. Aber nicht, wenn man Tennis spielt. In diesem Fall kommt es nur darauf an, was der Trainer will. Wäre Jane in Georgetown aufgenommen worden, wenn der Trainer nicht gedacht hätte, dass sie ne tolle Tennisspielerin ist? Wahrscheinlich nicht. Lysy hat das deutlich gesagt.

Frage: "How did a tennis recruit’s grades compare to the typical Georgetown admitted students?"

Antwort: "They were much lower."

Frage: "And how did a tennis recruit’s standardized test scores compare to the typical Georgetown admitted students?"

Antwort: "Much lower."

Frage: "Why was Georgetown willing to accept students with lower grades and standardized test scores as tennis recruits?"

Antwort: "The feeling was that student athletes bring something special to a community, like a university like Georgetown. You know, they bring talent. They bring pride. You know, everyone wants teams to do well. And Georgetown’s had national recognition with their sports programs, which is exciting for students and for alumni."

Es ist die gleiche unüberzeugende Antwort wie von Harvards Dekan Fitzsimmons! Studentische Sportler bringen etwas Besonderes in die Community. Wirklich? Hören wir mal, wie Jane die Anforderungen beschreibt, im Tennisteam zu sein.

Frage: "How many days a week did you practice at Georgetown?"

Antwort: "Monday through Friday."

Frage: "Do you all practice hard?"

Antwort: "Absolutely. Practices included, you know, on the court and also off the court. So that included, like, weight lifting two to three times a week, as well as tennis practices every single day, Monday through Friday."

Frage: "Did you play year-round, or was it seasonal?"

Antwort: "It was pretty much year-round. We did have a break post-Thanksgiving through the end of the holiday season. So right when we started second semester, the spring season was our main season."

Frage: "Did you sometimes travel for games?"

Antwort: "Yes. Very heavily in the main season and during the spring. And then also in the fall, we had several tournaments across the country."

Frage: "Did you ever have to miss classes to practice or go to a game?"

Antwort: "Absolutely. We would occasionally miss practice—or sorry, miss classes, depending on where the tournaments or the matches were, for days or just a day. It depended on where it was."

Es ist schwer zu glauben, dass Tennisspieler "etwas Besonderes in die Community bringen", wenn sie nie Zeit in der Community verbringen. Warum ist Georgetown so froh, seine eigenen Zulassungsstandards für Leute zu senken, die ihre ganze Freizeit damit verbringen, irgendwo auf nem Übungsplatz Rückhände zu schlagen? Was ist denn so toll an nem richtig guten Tennisspieler? Ich hab die Antwort ja schon gegeben: Was an richtig guten Tennisspielern toll ist, ist, dass man nur dann nen richtig guter Tennisspieler sein kann, wenn man aus ner wohlhabenden Familie kommt, in der Nähe eines Country Clubs wohnt und mindestens ein Elternteil hat, der genug Zeit hat, einen für Turniere durchs ganze Land zu fahren und sich um die Beschaffung und das Management der kleinen Armee von Trainern, Physiotherapeuten und Tutoren zu kümmern, die man braucht, um erfolgreich zu sein.

Der erste Zeuge im Khoury-Prozess war ein Mann namens Timothy Donovan. Er war der Vermittler zwischen Amin Khoury und dem Tennistrainer von Georgetown, Gordon Ernst. Donovan hatte zusammen mit Gordon Ernst und Amin Khoury in den späten 1980er Jahren Tennis an der Brown University gespielt. Sie kannten sich alle. Jetzt betrieb er Donovan Tennis Strategies, ne Beratungsfirma, die sich darauf spezialisiert hat, all die Tennisspieler, deren Eltern Hunderttausende von Dollar für die Entwicklung ihrer Vor- und Rückhände ausgegeben haben, in einen der Tennisplätze zu bringen, die von Elite-Schulen sorgfältig für Tennisspieler reserviert wurden.

Frage: "Approximately how many clients do you have each year?"

Antwort: "It can vary a little bit, but roughly on average seventy-five to eighty per class."

Frage: "How much do your services cost?"

Antwort: "There’s a range. We have three different packages, so it starts at $4,600 currently. It goes up to roughly $10,000."

Frage: "And how else have you been compensated?"

Antwort: "On three occasions, I received a success fee."

Frage: "What is a success fee?"

Antwort: "It’s basically a bonus where the client will come to us and say, you know, “We’d like to incentivize you. If you can be helpful in our son or daughter ending up at this school, we would be willing to pay you a bonus essentially of a certain amount.”

Frage: "And in what amount have you received success fees?"

Antwort: "So, in the three fees, one of them was $15,000, one of them was $50,000

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