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Calculating...

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Ach, Mensch, wo fange ich denn da an? Das ist mal wieder so eine Sache, die mich echt beschäftigt, ne? Und zwar geht's darum: Was ist eigentlich genug? Also, wirklich genug.

Ich hab' da mal 'ne Geschichte gelesen, von Kurt Vonnegut. Der hat da über seinen Freund Joseph Heller geschrieben, den Autor von "Catch-22". Und zwar waren die beiden wohl auf 'ner Party bei so'm Milliardär. Vonnegut fragt Heller so ganz beiläufig: "Joe, wie fühlst du dich eigentlich dabei, dass unser Gastgeber wahrscheinlich gestern mehr Geld gemacht hat, als dein Roman 'Catch-22' in seiner ganzen Geschichte verdient hat?" Und Heller antwortet: "Ich hab' was, was er nie haben wird... das Wissen, dass ich genug habe."

Boah, das hat mich echt umgehauen, als ich das gelesen hab'. Was bedeutet das denn, "Ich hab' genug"? Was ist so besonders daran, dass es mehr wert sein soll, als all das Geld von dem Gastgeber?

Um das zu verstehen, muss man's vielleicht mal andersrum fragen: Was passiert denn, wenn man dieses Wissen nicht hat? Na, dann ist man doch ständig auf der Jagd nach mehr. Immer mehr, immer mehr.

Ich mein', kennste das? Da gab's doch diesen John D. Rockefeller, den haben sie mal gefragt, wie viel Geld genug ist. Und was hat er gesagt? "Nur ein bisschen mehr." Immer nur ein bisschen mehr. Das ist doch wie Sisyphusarbeit, oder? Du schiebst diesen Felsen immer den Berg hoch, ackern, ackern, ackern, und dann rollt er wieder runter. Und dann fängst du von vorne an. Und dieses Ding mit der "hedonistischen Adaption" – das bedeutet ja, dass wir uns immer wieder an das Normale anpassen, selbst nach positiven Ereignissen. Also, selbst wenn du mal 'nen fetten Gewinn machst, bist du trotzdem nicht wirklich zufrieden.

Deine aktuelle Definition von "mehr" wird dann deine zukünftige Definition von "nicht genug". Und schon hast du das nächste Ziel vor Augen, von dem du dir einredest, dass es dich glücklich macht.

Ich hab' das so oft gesehen, bei mir selbst und bei anderen. Das, wonach du dich mal so sehr gesehnt hast, das ist dann plötzlich was, was du unbedingt "upgraden" musst. Das ist doch der Grund, warum Leute Kredite aufnehmen für irgendwelche Anbauten am Haus, die sie eigentlich gar nicht brauchen. Oder sich 'n neues Auto kaufen, obwohl's überhaupt nicht nötig ist. Oder sich für 'ne teure Uhr verschulden. Oder die Gesundheit und die Familie vernachlässigen, während sie irgendeiner Beförderung hinterherjagen. Verrückt, oder?

Mark Twain hat mal 'nen Brief an Cornelius Vanderbilt geschrieben, den damals reichsten Mann der Welt. Und er hat geschrieben, wie arm dieser Mann doch eigentlich ist. So nach dem Motto: "Armer Vanderbilt! Ich bedauere Sie... Sie sind ein alter Mann und sollten sich eigentlich ausruhen, aber Sie müssen kämpfen und sich einschränken und sich den Schlaf rauben, weil Sie so dringend Geld brauchen." Er meinte so in etwa: "Es geht nicht darum, was man hat, sondern darum, zufrieden zu sein mit dem, was man hat. Das ist Reichtum."

Es gibt ja so viele Milliardäre, die unfassbar viel Geld haben, aber denen irgendwelche grundlegenden Dinge für ein glückliches Leben fehlen. Die zehn reichsten Menschen der Welt, die haben zusammen zwölf Scheidungen hinter sich. Krass, oder? Das ist dann wie 'n Pyrrhussieg: Du gewinnst die Schlacht, aber verlierst den Krieg.

Und es gibt so viele Geschichten von Milliardären, die immer noch eine Stufe höher wollen und dabei zu viel riskieren und dann alles verlieren. Gerade in den letzten Jahren gab's ja einige Unternehmer, die erst auf dem Cover vom Forbes Magazin gefeiert wurden und dann im Knast gelandet sind.

Klar, man könnte jetzt sagen, die Welt braucht ja auch diese "Verrückten", die immer mehr wollen und dadurch was Neues schaffen. Aber das Problem ist ja nicht diese Leute an sich, sondern der gesellschaftliche Druck, der einem einredet, dass man auch so sein muss.

Die Jagd nach "mehr" wird in unserer Gesellschaft gefeiert, während Zufriedenheit mit dem, was man hat, schnell als Mangel an Ehrgeiz missverstanden wird. Aber der Wert deines Lebens, der wird doch nicht durch die Zahlen auf deinem Konto bestimmt. Du legst doch die Regeln fest! Du bestimmst doch, was du willst! Es ist doch völlig okay, wenn du sagst, ich will was anderes. Wenn du dich auf andere Dinge konzentrierst: Zeit, Freunde, Familie, Gesundheit. Dann lebst du dein Leben nach deinen eigenen Regeln und nicht nach dem, was dir irgendwelche gesellschaftlichen Zwänge einreden wollen.

Die Lösung für diese Jagd nach "mehr": Finde heraus, was genug für dich bedeutet, und akzeptiere es.

Es gibt dieses schwedische Wort "Lagom". Das bedeutet so viel wie "genau die richtige Menge". Das ist es doch, wonach wir suchen: Das Wissen, wann es genug ist, das Gleichgewicht. Das Problem ist nur, dass dieses "Lagom" sich ständig verändert. Je näher du dran bist, desto höher setzt du die Messlatte. Und genau das musst du verhindern.

Du wirst nie wirklich finanziell reich sein, wenn deine Erwartungen schneller wachsen als dein Vermögen.

Es gibt kein Patentrezept. Diese hedonistische Adaption, die ist ja in unseren Genen drin. Aber es hilft schon mal, wenn man sich bewusst macht, was "genug" für einen bedeutet.

Als mein Sohn geboren wurde, hab' ich angefangen, mir genau vorzustellen, wie mein "Genug-Leben" aussehen würde. Ein Leben im Einklang mit diesem "Lagom"-Gefühl. Ich hab' mir das richtig vorgestellt. Ich hab' es definiert.

Und das solltest du auch tun: Wie sieht dein "Genug-Leben" aus?

Wo wohnst du?

Was hast du?

Was machst du mit deinen Liebsten?

Worauf konzentrierst du dich?

Wie viel finanzielles Polster hast du?

Wichtig ist: Dein "Genug-Leben" muss nicht einfach oder spartanisch sein. Es kann ruhig ambitioniert oder luxuriös sein, wenn du das willst. Mein "Genug-Leben", das hat zum Beispiel ein Ferienhaus in einer schönen Gegend, weil ich da gerne mit Familie und Freunden Zeit verbringen möchte. Aber es hat keine unnötigen Luxusartikel, an denen ich kein Interesse habe. Keine Privatjets, keine Jachten, keine Villen, keine teuren Uhren. Es ist dein "Genug-Leben"! Nicht das von jemand anderem. Nicht beeinflusst von irgendwelchen gesellschaftlichen Erwartungen. Wenn du es definierst, wenn du es aufschreibst, dann wird es dir bewusst. Das hält diese natürliche Aufwärtsbewegung zwar nicht auf, aber es macht sie rationaler.

Dein Ziel sollte sein, so viel Vermögen aufzubauen, dass du dir dein "Genug-Leben" leisten kannst. Und wenn du das erreicht hast, dann solltest du deine Energie auf andere Dinge konzentrieren: Zeit, Beziehungen, Sinn, Wachstum, Gesundheit.

Es gibt da so eine schöne Geschichte:

Ein reicher Banker macht Urlaub in einem kleinen Fischerdorf. Er geht am Hafen spazieren und sieht einen Fischer, der gerade von seiner Ausfahrt zurückkommt. Auf dem Boot liegen ein paar dicke Fische.

"Wie lange haben Sie denn dafür gebraucht?", fragt der Banker. Der Fischer lächelt: "Nur 'ne kurze Zeit."

Der Banker ist überrascht. Er will dem Fischer helfen: "Warum fischen Sie nicht länger, damit Sie mehr Fische fangen?"

Der Fischer zuckt mit den Schultern: "Ich hab' doch alles, was ich brauche. Ich schlaf' jeden Tag aus, fisch' 'n bisschen und verbringe Zeit mit meiner Frau und meinen Kindern. Am Abend geh' ich in die Stadt, trink' Wein, spiel' Gitarre und lach' mit meinen Freunden."

Der Banker ist verwirrt. Er will seinem neuen Freund helfen, der seiner Meinung nach völlig falsch liegt. Er hat ja schließlich 'nen MBA und kennt sich mit Geschäften aus. Also erklärt er dem Fischer seinen Plan: "Zuerst fischen Sie länger, damit Sie mehr Fische verkaufen können. Mit dem Geld kaufen Sie sich ein größeres Boot, mit dem Sie noch mehr Fische fangen und verkaufen können. Dann kaufen Sie eine ganze Flotte von Booten. Sie stellen Leute ein. Sie gründen 'n großes Unternehmen! Sie ziehen in die Großstadt, machen Ihre Firma an der Börse publik und werden Millionär!"

Der Fischer guckt verwirrt, aber lächelt: "Und dann?"

Der Banker lacht: "Na ja, dann können Sie sich in 'nem ruhigen Dorf zur Ruhe setzen! Sie können ausschlafen, 'n bisschen fischen und Zeit mit Ihrer Frau und Ihren Kindern verbringen. Am Abend können Sie in die Stadt gehen, Wein trinken, Gitarre spielen und mit Ihren Freunden lachen."

Der Fischer lächelt, bedankt sich für den Ratschlag und geht langsam in der warmen Nachmittagssonne davon.

Die meisten Leute denken, dass der Fischer Recht hat und der Banker falsch liegt. Ich finde aber, es geht nicht darum, wer Recht hat. Es geht darum, herauszufinden, was Erfolg für dich bedeutet und dein Leben danach auszurichten. Es geht darum, dein "Genug-Leben" zu definieren und es dann zu leben.

Vielleicht sind ja auch beide glücklich mit ihrer Entscheidung. Ich lass' sie mal entscheiden. Und du solltest das auch tun.

Es gibt da so 'ne Szene in dem Film "Cool Runnings", wo es um die jamaikanische Bobmannschaft geht. Der Trainer, gespielt von John Candy, sagt zu einem der Bobfahrer: "Eine Goldmedaille ist was Tolles, aber wenn du ohne sie nicht genug bist, dann wirst du es auch mit ihr nie sein."

Wenn du ambitioniert bist, dann spielst du doch ständig so 'n Spiel. Du machst alles in Erwartung einer Zukunft, in der du "mehr" hast:

"Ich kann's kaum erwarten, bis ich [X] Euro habe, damit ich mir das neue Auto kaufen kann."

"Ich kann's kaum erwarten, bis ich [Y] Euro habe, damit ich mir das neue Haus kaufen kann."

"Ich kann's kaum erwarten, bis ich [Z] Euro habe, damit ich mir das zweite Haus kaufen kann."

Und wenn du das dann erreicht hast, dann setzt du dir einfach das nächste Ziel.

Das ist ganz natürlich, aber es ist gefährlich. Wenn du dir einredest, dass du erst zufrieden bist, wenn du das nächste finanzielle Ziel erreicht hast, dann wirst du es nie sein.

Und genau das hat Joseph Heller gemeint, als er zu Kurt Vonnegut gesagt hat: "Ich hab' das Wissen, dass ich genug habe."

Denn: "Wenn du ohne nicht genug bist, dann wirst du es auch mit nie sein."

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