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Okay, lass mal gucken... also, da war doch was... Ah ja! 1787, irgendwer in New Jersey, keine Ahnung mehr wer genau, hat da so 'nen riesigen Oberschenkelknochen gefunden, der da so aus 'nem Ufer rausgeguckt hat. Total irre, ne? War wohl von 'nem Tier, das es heutzutage gar nicht mehr gibt, und schon gar nicht in New Jersey. Stell dir vor, die dachten später, das wär 'n Hadrosaurus, also so 'n Dino mit 'ner Entenschnauze. Damals hatte noch keiner von Dinos gehört, krass, oder?
Den Knochen haben sie dann zu Dr. Caspar Wistar geschickt, dem Top-Anatom der USA zu der Zeit. Der hat dann im Herbst bei so 'ner Versammlung der American Philosophical Society in Philadelphia davon erzählt. Aber der Wistar, der hat irgendwie die Tragweite nicht so ganz gecheckt. Hat halt gesagt, dass das Ding halt riesig ist, so ungefähr. Tja, Chance verpasst, quasi 'nen halbes Jahrhundert vor allen anderen 'nen Dino zu entdecken. Der Knochen hat dann auch keinen weiter interessiert, ist in irgendeiner Abstellkammer verschwunden und... puff... weg war er. So war der erste Dino-Knochenfund auch gleich der erste Dino-Knochenverlust. Typisch, oder?
Komisch eigentlich, dass der Knochen niemanden vom Hocker gehauen hat, weil die Amis waren damals total verrückt nach Überresten von riesigen, alten Tieren. Der Graf von Buffon, ein französischer Naturforscher – kennst du vielleicht noch aus der Sache mit den erhitzten Kugeln? – der hatte da so 'ne komische Theorie: Lebewesen in Amerika wären irgendwie minderwertiger als die in Europa. Der hat in seinem Mega-Buch "Naturgeschichte" geschrieben, dass in Amerika die Quellen stinken, die Böden nix hergeben, die Tiere klein und schwach sind, weil da so "Giftgase" aus den Sümpfen und dunklen Wäldern aufsteigen. Und selbst die Indianer wären da nicht so richtig fruchtbar.
"Die haben keine Bärte, keine Körperbehaarung", hat der Buffon dann noch so ganz unter der Hand erzählt, "und die Frauen, die haben keine Leidenschaft." Und deren Geschlechtsorgane wären "klein und kraftlos". Was für'n Quatsch, oder?
Und das Verrückte ist, andere Autoren, besonders die, die das Land kaum kannten, haben das total abgefeiert. Da war so 'n Holländer namens Corneille de Pauw, der hat in so 'nem Schinken namens "Philosophische Untersuchungen über die Amerikaner" behauptet, dass die amerikanischen Ureinwohner nicht nur bei der Fortpflanzung 'n bisschen schwach auf der Brust sind, sondern dass "ihnen sogar Milch aus der Brust läuft". Totaler Humbug, aber der Scheiß hat sich ewig gehalten und ist immer wieder in europäischen Schriften aufgetaucht, bis fast Ende des 19. Jahrhunderts. Unglaublich, oder?
Klar, dass die Amis da stinksauer waren. Thomas Jefferson, der hat dann in seinen "Notizen über Virginia" total wütend gekontert – was man aber nur versteht, wenn man die ganze Geschichte kennt. Er hat sogar seinen Kumpel John Sullivan in New Hampshire beauftragt, 20 Soldaten loszuschicken, um 'n Elch zu fangen und dem Buffon zu schicken, um zu zeigen, wie groß und prächtig die amerikanischen Vierbeiner sind. Die Soldaten haben zwei Wochen gebraucht, um was Passendes zu finden. Blöd nur, dass der Elch keine so richtig beeindruckenden Geweihe hatte, wie Jefferson sich das vorgestellt hat. Aber Sullivan hat einfach noch 'n paar Elch- oder Hirschgeweihe draufgesetzt. In Frankreich checkt das ja eh keiner, ne?
Parallel dazu haben in Philadelphia, wo der Wistar ja zu Hause war, Naturforscher versucht, die Knochen von so 'nem elefantenartigen Tier zusammenzusetzen. Am Anfang hieß das Ding nur "das unbekannte amerikanische Riesentier", später wurde es dann fälschlicherweise als Mammut identifiziert. Die ersten Knochen hat man in Kentucky gefunden, in "Big Bone Lick", aber dann gab's die überall. Anscheinend hatte Amerika mal 'n riesiges Tier, das Buffons blöde Theorie widerlegen sollte.
Und beim Versuch, dieses unbekannte Tier als besonders groß und gefährlich darzustellen, haben die Naturforscher irgendwie total übertrieben. Die haben das Viech sechsmal so groß gemacht wie es war und ihm noch furchterregende Klauen verpasst. Die Klauen waren aber eigentlich von 'nem Faultier. Die dachten, das Tier wär "agil und wild wie ein Tiger" und haben es in Zeichnungen dargestellt, wie es hinter Felsen lauert, bereit, mit der Anmut einer Katze auf Beute zu springen. Und als dann noch Stoßzähne gefunden wurden, haben sie sich alle Mühe gegeben, die irgendwie am Kopf anzubringen. Einer hat die Stoßzähne mit Schrauben verkehrt herum montiert, wie die Eckzähne von 'nem Säbelzahntiger, damit das Viech noch gefährlicher aussieht. Ein anderer hat die Stoßzähne nach hinten gebogen, weil er meinte, das Viech wär 'n Wasserbewohner und hätte sich mit den Zähnen an Bäumen verankert, wenn es geschlafen hat. Aber die wahrscheinlichste Theorie war, dass dieses unbekannte Tier ausgestorben ist. Und Buffon hat sich natürlich sofort drauf gestürzt und das als Beweis für die angebliche Degeneration der amerikanischen Tierwelt genommen. Klar, ne?
Buffon ist dann 1788 gestorben, aber der Streit ging weiter. 1795 wurden 'ne Menge sorgfältig ausgewählter Knochen nach Paris geschickt, damit sich der junge, aufstrebende Paläontologe Georges Cuvier das mal anguckt. Cuvier konnte Knochenhaufen ratzfatz zusammensetzen, da waren die Leute schon total beeindruckt von. Angeblich konnte er allein anhand eines Zahns oder 'ner Kieferknochen beschreiben, wie das Tier aussah und was für 'n Charakter es hatte. Und oft wusste er auch noch, zu welcher Art und Gattung es gehörte. Cuvier hat dann gemerkt, dass in Amerika noch keiner 'n Buch über diese riesigen Tiere geschrieben hat, und hat das einfach selbst gemacht. So wurde er zum Entdecker dieses Tieres. Er hat es "Mastodon" genannt, was so viel heißt wie "Elefant mit Brustwarzenzähnen". Klingt komisch, ist aber so, oder?
Inspiriert von dieser ganzen Debatte hat Cuvier 1796 'ne bahnbrechende Arbeit geschrieben, "Notiz über lebende und fossile Elefanten". Darin hat er zum ersten Mal offiziell die Theorie des Aussterbens aufgestellt. Er glaubte, dass die Erde immer wieder globale Katastrophen erlebt, bei denen ganze Populationen von Lebewesen aussterben. Für religiöse Menschen, auch für Cuvier selbst, hatte das 'nen komischen Beigeschmack, weil es bedeutete, dass Gott unberechenbar ist. Gott erschafft Arten und vernichtet sie dann wieder, was soll das denn? Das war total gegen die Vorstellung von der "großen Kette des Seins", die besagte, dass die Welt perfekt geordnet ist und jedes Lebewesen seinen Platz und Zweck hat, schon immer und für immer. Jefferson konnte diese Vorstellung nicht akzeptieren. Als er gefragt wurde, ob 'ne Expedition ins amerikanische Hinterland jenseits des Mississippi wissenschaftlich und politisch wertvoll wäre, hat er sofort zugestimmt. Er hoffte, dass mutige Entdecker Herden von gesunden Mastodonten und anderen riesigen Tieren in den fruchtbaren Ebenen finden würden. Jefferson's persönlicher Sekretär und Vertrauter, Meriwether Lewis, wurde zusammen mit William Clark zum Leiter der Expedition ernannt und war auch noch Chef-Naturforscher. Und wer sollte ihm sagen, nach welchen lebenden und toten Tieren er suchen sollte? Natürlich Caspar Wistar. Der Kreis schließt sich, oder?
Während der berühmte Cuvier in Paris die Theorie des Aussterbens aufstellte, hat im selben Jahr – sogar im selben Monat – ein unbekannter Engländer jenseits des Ärmelkanals seine Ansichten über den Wert von Fossilien veröffentlicht. Und seine Ansichten hatten auch nachhaltige Auswirkungen. William Smith war der junge Bauleiter der Kohlengrube des Somerset-Kanals. Am 5. Januar 1796 notierte er in 'nem Gasthof in Somerset die Idee, die ihn berühmt machen sollte. Um Gestein zu erklären, brauchst du etwas zum Vergleich. Und du weißt, dass die Karbon-Gesteine in Devon jünger sind als die kambrischen Gesteine in Wales. Mit jeder Veränderung der Gesteinsschicht verschwanden die Fossilien bestimmter Arten, während andere Fossilien sich bis in die nächste Gesteinsschicht erstreckten. Indem du herausfindest, welche Art in welcher Gesteinsschicht vorkommt, kannst du das Alter des Gesteins berechnen, egal wo sich das Gestein befindet. Mit seinem Wissen als Vermesser hat Smith sofort angefangen, 'ne Karte der englischen Gesteinsschichten zu zeichnen. Diese Karten wurden dann 1815 veröffentlicht und wurden zum Grundstein der modernen Geologie.
Blöd nur, dass Smith, trotz seiner genialen Ideen, komischerweise kein Interesse daran hatte, herauszufinden, warum die Gesteine so unter der Erde liegen. "Ich habe die Entstehung der Gesteinsschichten nicht weiter untersucht, sondern mich damit zufrieden gegeben, dass es so ist", schrieb er, "Was das Warum und Weshalb betrifft, so liegt das nicht im Aufgabenbereich eines Bergwerksvermachers." Tja.
Smiths Enthüllungen über das Innere der Gesteinsschichten haben die moralische Peinlichkeit der Aussterbens-Theorie noch verstärkt. Erstens bestätigte es, dass Gott nicht versehentlich Lebewesen vernichtet, sondern regelmäßig. Gott scheint also nicht nur unachtsam, sondern auch extrem unfreundlich zu sein. Und dann musste man sich noch die Mühe machen, zu erklären, warum einige Arten komplett ausstarben, während andere Arten bis in die folgenden Epochen überlebten. Klar war, dass das Aussterben nicht durch die "große Flut" in der Zeit Noahs erklärt werden konnte. Cuvier hat das dann so erklärt, dass sich die Genesis nur auf die letzte Flut bezieht. Gott wollte Moses wohl nicht mit früheren, unzusammenhängenden Aussterbe-Ereignissen ablenken oder in Panik versetzen.
Also, Anfang des 19. Jahrhunderts hatten Fossilien irgendwie 'ne Bedeutung. Da stand der Wistar natürlich noch blöder da, weil er die Bedeutung des Dino-Knochens nicht erkannt hatte. Jedenfalls wurden solche Knochen dann überall auf der Welt gefunden. Und es gab noch 'n paar Chancen für die Amis, die Entdeckung der Dinos zu verkünden, aber die wurden alle verpasst. 1806 ist die Lewis-und-Clark-Expedition durch die Hölle-Bach-Formation in Montana gezogen. Da lagen denen die Dino-Knochen quasi zu Füßen. Die haben auch was gefunden, was in Gestein eingebettet war und anscheinend 'n Dino-Knochen war, aber haben sich nix dabei gedacht. Und in Neuengland hat 'n Junge namens Pliny Moody alte Fußabdrücke auf 'nem Felsvorsprung in South Hadley, Massachusetts, gefunden. Und dann wurden im Connecticut River Valley Fossilien von Knochen und Fußabdrücken gefunden. Wenigstens ein paar davon sind noch erhalten – bemerkenswerterweise die Knochen eines Anchisaurus – und werden heute im Peabody Museum der Yale University aufbewahrt. Diese Dino-Knochen wurden 1818 gefunden und waren die ersten, die untersucht und aufbewahrt wurden. Blöd nur, dass die erst 1855 als solche erkannt wurden. In dem Jahr, als Caspar Wistar gestorben ist. Immerhin hat der Botaniker Thomas Nuttall 'ne hübsche Kletterpflanze nach ihm benannt, was Wistar in gewisser Weise unsterblich gemacht hat. Manche Pflanzen-Puristen schreiben den Namen dieser Pflanzen bis heute "Wistaria".
Aber zu dem Zeitpunkt hatte sich die Begeisterung für die Paläontologie schon nach England verlagert. 1812 hat in Lyme Regis, Dorset, ein junges Mädchen namens Mary Anning – die war entweder 11, 12 oder 13, je nachdem wem du glaubst – 'n fünf Meter langes, komisches Meeresfossil gefunden, das in 'ner steilen und gefährlichen Klippe an der Küste des Ärmelkanals eingebettet war. Diese Tiere werden heute Ichthyosaurier genannt.
So hat Anning ihr außergewöhnliches Leben begonnen. In den folgenden 35 Jahren hat sie Fossilien gesammelt und an Touristen verkauft. (Es wird allgemein angenommen, dass sie die Inspiration für das berühmte Zungenbrecher-Lied "She sells seashells by the seashore" war.) Sie hat auch das erste Plesiosaurier-Fossil (ein anderes Meeresreptil) und eins der ersten und besten Pterodaktylus-Fossilien gefunden. Streng genommen waren das keine Dinos, aber das war egal, weil damals noch keiner wusste, was Dinos sind. Es reichte zu wissen, dass es mal Tiere auf der Welt gab, die völlig anders waren als alles, was wir heute sehen.
Anning war nicht nur gut darin, Fossilien zu finden – da war sie anscheinend unschlagbar –, sondern auch darin, sie vorsichtig und unbeschadet auszugraben. Wenn du mal die Gelegenheit hast, das Ancient Marine Reptile Gallery im Natural History Museum in London zu besuchen, solltest du dir das nicht entgehen lassen. Nur da kannst du die gewaltigen und herausragenden Leistungen dieser jungen Frau würdigen, die sie mit einfachsten Werkzeugen unter extrem schwierigen Bedingungen und quasi auf sich allein gestellt vollbracht hat. Allein für die Ausgrabung des Plesiosaurier-Fossils hat sie geduldig zehn Jahre gebraucht. Anning war nicht ausgebildet, aber sie konnte Gelehrten professionell aussehende Bilder und Beschreibungen liefern. Aber trotz ihrer Fähigkeiten waren die großen Entdeckungen rar, sodass sie die meiste Zeit ihres Lebens in bitterer Armut verbrachte.
In der Geschichte der Paläontologie ist es schwer, jemanden zu finden, der so wenig Anerkennung bekommen hat wie Mary Anning. Aber es gab da noch jemanden, dem es ähnlich ging: Gideon Algernon Mantell, 'n Landarzt aus Sussex.
Mantell hatte 'ne Menge Macken – er war eitel, egozentrisch, selbstgefällig und hat sich nicht um seine Familie gekümmert –, aber es gab keinen engagierteren Amateur-Paläontologen als ihn. Und er hatte Glück, 'ne loyale und aufmerksame Frau zu haben. 1822 war Mrs. Mantell auf dem Land in Sussex unterwegs, als sie auf 'nem Feldweg was Komisches gefunden hat – 'n gebogenes, braunes Knochenstück, etwa so groß wie 'ne Walnuss. Sie dachte, das wäre 'n Fossil. Sie wusste, dass ihr Mann sich für Fossilien interessiert, und hat es ihm gegeben. Mantell hat sofort erkannt, dass es sich um 'n fossilen Zahn handelte. Nach kurzer Untersuchung kam er zu dem Schluss, dass es sich um 'n Tierzahn handelte, von 'nem Tier, das in der Kreidezeit gelebt hat, pflanzenfressend war, ein Reptil und riesig – zig Meter lang. Seine Schätzung war völlig richtig, aber er hatte auch 'ne Menge Mut, weil vorher noch niemand so was gesehen hatte, nicht mal in der Fantasie.
Mantell erkannte, dass seine Entdeckung unser Verständnis der Vergangenheit verändern würde. William Buckland – dieser Gelehrte im Talar, der so gerne experimentiert hat – hat ihm auch geraten, vorsichtig zu sein. Also hat Mantell drei Jahre lang nach Beweisen gesucht, die seine Schlussfolgerung unterstützen. Er hat den Zahn an Cuvier in Paris geschickt, um seine Meinung einzuholen, aber der große Franzose hat das einfach abgetan und gesagt, das wäre nur 'n Flusspferd-Zahn. (Cuvier hat sich später für diesen seltenen Fehler entschuldigt.) Eines Tages war Mantell im Hunter Museum in London und hat sich mit 'nem Kollegen unterhalten. Der Kollege hat gemeint, der Zahn sieht aus wie die Zähne von 'nem Tier, das er gerade untersucht – 'nem südamerikanischen Leguan. Die haben die dann verglichen und festgestellt, dass sie ähnlich sind. Also wurde Mantells Tier nach 'ner sonnenbadenden Echse aus den Tropen benannt und "Iguanodon" genannt.
Dabei hatten die beiden überhaupt nix miteinander zu tun.
Mantell hat dann 'ne Arbeit geschrieben und wollte sie der Royal Society vorlegen. Blöd nur, dass in 'nem Steinbruch in Oxfordshire gerade 'n anderer Dino-Knochen gefunden und offiziell beschrieben worden war – und zwar von keinem Geringeren als Pfarrer Buckland, der Mantell geraten hatte, sich nicht zu