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Ach, ja, Kapitel 37, ne? Die Zelle. Wahnsinn, oder? Das Leben fängt ja wirklich mit einer einzigen Zelle an. Stell dir vor, die teilt sich, zack, in zwei, dann vier, und so weiter. Und, ähm, nach ungefähr 47 Verdopplungen hast du dann, boah, eine Billiarde Zellen. Eine Billiarde! Das ist schon der Wahnsinn, wenn man so drüber nachdenkt. Und dann bist du, quasi, fast fertig mit der Entwicklung zum Menschen. Klar, im Laufe des Lebens gehen auch Zellen drauf, ist ja logisch, aber trotzdem... eine Billiarde!
Und das krasse ist ja, deine Zellen, die wissen so viel über dich, viel mehr als du selbst! Jede Zelle hat den kompletten genetischen Code, deine persönliche Bauanleitung. Die weiß, was sie zu tun hat, aber eben auch, was jede andere Zelle im Körper macht. Du musst denen ja auch nie sagen, "Hey Zelle, denk mal an das ATP, oder wo ist das ganze Folsäure?". Das machen die alles von alleine, und noch Millionen andere Sachen.
Echt, jede Zelle ist ein kleines Wunderwerk. Selbst die einfachste Zelle ist so komplex, da kommt unsere Ingenieurskunst niemals ran. Zum Beispiel, eine simple Hefezelle zu bauen, das wäre ungefähr so, als würde man eine Boeing 777 bauen, aber dann alles in eine Kugel mit fünf Mikrometern Durchmesser quetschen und das Ding irgendwie zum Vermehren bringen. Verrückt, oder?
Okay, Hefezellen sind noch simpel im Vergleich zu unseren menschlichen Zellen, aber die Interaktionen, die sind halt schon wieder spannend. Aber ja, deine Zellen, das ist wie ein Staat mit einer Billiarde Einwohnern. Und jeder einzelne dient deinem Wohl, macht dich glücklich, lässt dich denken. Sie lassen dich stehen, dich strecken, hüpfen. Sie nehmen Nährstoffe auf, geben dir Energie, entsorgen Abfall – alles, was man so in Bio gelernt hat. Und sie sorgen dafür, dass du Hunger bekommst und dich nach dem Essen wohlfühlst, damit du nicht vergisst zu essen. Sie lassen deine Haare wachsen, produzieren Ohrenschmalz, lassen dein Gehirn leise arbeiten. Sie kümmern sich um alles. Und wenn Gefahr droht, dann beschützen sie dich. Milliarden von Zellen sterben jeden Tag für dich, und du sagst nicht mal Danke. Also, lasst uns mal kurz innehalten und denen Respekt zollen.
Wie Zellen das alles hinkriegen – wie sie Fett speichern, Insulin produzieren, all diese komplexen Prozesse am Laufen halten... wir verstehen nur einen Bruchteil davon. Es gibt mindestens 200.000 verschiedene Proteine in deinem Körper. Und wir kennen vielleicht... zwei Prozent davon? Also, manche sagen auch 50, aber das hängt wohl davon ab, wie man "kennen" definiert.
Es gibt da so viele Überraschungen in der Zellenwelt. Zum Beispiel, Stickstoffmonoxid, ein echt fieses, giftiges Gas, Umweltverschmutzer. In den 80ern haben Wissenschaftler entdeckt, dass unsere Zellen das ständig produzieren. Erst waren sie total verwirrt, aber dann haben sie rausgefunden, dass es überall mitmischt: Es reguliert den Blutfluss, das Energieniveau der Zellen, es bekämpft Krebs, reguliert den Geruchssinn, und hilft sogar bei der Erektion. Ja, echt! Und das erklärt auch, warum Nitroglycerin, also Sprengstoff, gegen Angina hilft. Es wird im Blut zu Stickstoffmonoxid umgewandelt, entspannt die Muskeln in den Blutgefäßen, und das Blut kann wieder besser fließen. Innerhalb von zehn Jahren wurde aus einem bösen Gift ein echtes Wundermittel im Körper. Krass, oder?
Laut dem belgischen Biochemiker Christian de Duve hast du ungefähr "ein paar Hundert" verschiedene Zelltypen. Die sind total unterschiedlich in Größe und Form. Nervenzellen sind zum Beispiel wie Drähte, die können einen Meter lang werden. Rote Blutkörperchen sind scheibenförmig. Und die Zellen, die für unser Sehen zuständig sind, sind stäbchenförmig. Die Größe ist auch unterschiedlich. Am krassesten ist es wahrscheinlich bei der Befruchtung: Da schwimmt so eine winzige Samenzelle auf eine Eizelle zu, die 85.000 Mal größer ist. Aber im Durchschnitt ist eine menschliche Zelle so 20 Mikrometer breit. Das sind ungefähr zwei Prozent von einem Millimeter, also fast unsichtbar. Aber groß genug, um tausende komplexe Strukturen wie Mitochondrien und Millionen über Millionen von Molekülen zu beherbergen.
Und auch die Lebensdauer ist unterschiedlich. Deine Hautzellen sind tot. Ziemlich deprimierend, wenn man drüber nachdenkt, dass die ganze Oberfläche deines Körpers aus toten Zellen besteht. Als durchschnittlicher Erwachsener trägst du so zwei Kilo tote Haut mit dir rum, und jeden Tag fallen Milliarden von Zellen ab. Wenn du mit dem Finger über ein verstaubtes Regal fährst, dann schreibst du da hauptsächlich mit toter Haut.
Die meisten Zellen leben nicht länger als einen Monat, aber es gibt Ausnahmen. Leberzellen können ein paar Jahre leben, auch wenn ihre inneren Bestandteile alle paar Tage ausgetauscht werden. Gehirnzellen leben so lange wie du. Du wirst mit etwa 100 Milliarden Zellen geboren, und das ist das Maximum. Du verlierst schätzungsweise 500 Zellen pro Stunde. Also, wenn man's genau nimmt, sollte man echt keine Zeit verschwenden. Zum Glück erneuern sich die Bestandteile deiner Gehirnzellen ständig. Wie bei den Leberzellen leben deine Gehirnzellen eigentlich nur etwa einen Monat. Tatsächlich ist es so, dass wir, angeblich, komplett anders sind als vor neun Jahren. Das klingt jetzt esoterisch, aber auf zellulärer Ebene sind wir alle jung.
Der Erste, der Zellen beschrieben hat, war Robert Hooke, den hatten wir ja schon mal. Der hatte ja diesen Streit mit Isaac Newton wegen des Gravitationsgesetzes. Hooke wurde 68 Jahre alt und hat viel erreicht. Er war nicht nur ein guter Theoretiker, sondern auch ein genialer Instrumentenbauer. Aber berühmt wurde er vor allem durch sein Buch "Micrographia" von 1665. Darin hat er der staunenden Öffentlichkeit eine Mikrowelt gezeigt, mit einer Komplexität und Vielfalt, die sich vorher niemand vorstellen konnte.
Hooke hat zum Beispiel kleine Hohlräume in Pflanzen entdeckt. Und er hat die "Zellen" genannt, weil sie ihn an die kleinen Kammern von Mönchen erinnert haben. Er hat berechnet, dass ein Quadratzentimeter Kork ungefähr 1.255.750 solcher Hohlräume enthält. So eine riesige Zahl hatte man in der Wissenschaft noch nie gesehen. Das Mikroskop gab es da schon seit einer Generation, aber Hookes Mikroskope waren echt top. Die konnten 30-fach vergrößern, das war im 17. Jahrhundert der absolute Wahnsinn.
Zehn Jahre später waren Hooke und die anderen Mitglieder der Royal Society ziemlich überrascht, als sie Bilder und Berichte von einem Tuchhändler aus Delft in Holland bekamen. Der hieß Antonie van Leeuwenhoek. Der hatte fast keine Schulbildung, keinen wissenschaftlichen Hintergrund, aber er war ein super Beobachter und ein technisches Genie.
Bis heute weiß man nicht, wie er mit seinen einfachen Mitteln so hochauflösende Mikroskope bauen konnte. Das war eigentlich nur ein kleines Glasstück in einem Holzrahmen. Seine Mikroskope sahen eher aus wie Lupen. Aber Leeuwenhoek hat für jedes Experiment ein neues Instrument gebaut. Und er hat sein Wissen immer für sich behalten. Aber er hat den Engländern verraten, wie man die Auflösung verbessern kann. Ach so, Leeuwenhoek war übrigens ein enger Freund des Malers Jan Vermeer. Und es gibt ja diese Theorie, dass Vermeer eine Camera obscura benutzt hat, um seine Bilder zu malen. Und wer war der Nachlassverwalter von Vermeer? Richtig, Antonie van Leeuwenhoek, der Meister der geheimen Linsenherstellung. Zufall?
Über 50 Jahre lang – und das, obwohl er erst mit über 40 damit angefangen hat – hat er fast 200 Berichte an die Royal Society geschickt, alle auf Niederländisch, weil er keine andere Sprache konnte. Er hat einfach seine Entdeckungen aufgelistet, mit ein paar Zeichnungen, aber ohne Erklärungen. Er hat alles untersucht, was er in die Finger bekommen konnte: Brotschimmel, Bienenstachel, Blutzellen, Zähne, Haare, seinen Speichel, sein Sperma, sogar seinen Kot (und sich für den Geruch entschuldigt). Alles, was vorher noch nie unter einem Mikroskop gesehen wurde.
1676 hat Leeuwenhoek dann behauptet, er hätte winzige Tierchen in Pfefferwasser entdeckt. Die Royal Society hat alles in Bewegung gesetzt, um diese "Tierchen" zu finden. Und erst ein Jahr später haben sie das Problem mit der Vergrößerung gelöst. Leeuwenhoek hatte Protozoen entdeckt. Er hat ausgerechnet, dass in einem einzigen Tropfen Wasser 8.280.000 von diesen Viechern sind, mehr als Einwohner in Holland. Die Welt war voll von Leben, viel mehr als man sich je hätte vorstellen können.
Inspiriert von Leeuwenhoeks Entdeckungen haben dann auch andere Leute angefangen, ins Mikroskop zu starren. Manchmal zu genau, so dass sie Dinge gesehen haben, die gar nicht da waren. Ein gewisser Nicolaas Hartsoeker hat behauptet, er hätte "vorgeformte kleine Menschen" in Spermazellen gesehen. Die hat er "Homunkuli" genannt. Eine Zeit lang haben viele Leute geglaubt, dass alle Menschen – ja, alle Lebewesen – einfach nur vergrößerte Versionen ihrer Eltern sind. Leeuwenhoek selbst hat sich auch mal in seinen Interessen verirrt. Bei einem seiner weniger erfolgreichen Experimente wollte er die Explosionseigenschaften von Schießpulver untersuchen, indem er sich eine kleine Explosion ganz genau angesehen hat. Fast hätte er sich dabei die Augen verätzt.
1683 hat Leeuwenhoek Bakterien entdeckt. Aber weil die Mikroskop-Technik so begrenzt war, hat sich da über anderthalb Jahrhunderte nicht viel getan. Erst 1831 hat man zum ersten Mal einen Zellkern gesehen, entdeckt von dem Schotten Robert Brown. Der war Botaniker und hat sich immer für Wissenschaftsgeschichte interessiert, obwohl das kaum jemand wusste. Er hat seinen Fund Zellkern genannt, nach dem lateinischen Wort "nucula", kleine Nuss. Und erst 1839 hat man wirklich erkannt, dass die Zelle die Basis allen Lebens ist. Das war der Deutsche Theodor Schwann. Diese Erkenntnis kam nicht nur relativ spät, sondern wurde auch nicht sofort akzeptiert. Erst in den 1860er Jahren hat Louis Pasteur bewiesen, dass Leben nicht von selbst entstehen kann, sondern aus einer bereits existierenden Zelle kommen muss. Diese Theorie nennt man "Zelltheorie", und sie ist die Grundlage der modernen Biologie.
Die Zelle wurde schon mit so vielen Dingen verglichen: mit "einer komplexen chemischen Fabrik" oder "einer dicht besiedelten Großstadt". Sie ist beides und keins von beidem. Sie ist wie eine Fabrik, weil da so viele chemische Reaktionen ablaufen. Und sie ist wie eine Großstadt, weil sie so voll und geschäftig ist. Überall Interaktionen, Chaos und doch eine eigene Struktur. Aber sie ist viel krasser als jede Stadt oder jede Fabrik. Erstens gibt es in der Zelle kein Oben und Unten (die Schwerkraft spielt da keine Rolle). Jeder atomgroße Raum wird genutzt. Überall ist Aktivität, überall fließen Ströme. Man denkt ja nicht, dass man so viel Elektrizität in sich hat. Aber wir essen und atmen Sauerstoff, und das wird in den Zellen zu Strom umgewandelt. Aber warum kriegen wir dann keinen Schlag, wenn wir uns berühren? Oder warum brennt das Sofa nicht, wenn wir uns draufsetzen? Weil alles in so kleinem Maßstab passiert: Die Spannung beträgt nur 0,1 Volt, und die Strecken werden in Nanometern gemessen. Aber wenn man das hochrechnen würde, wäre das wie 20 Millionen Volt pro Quadratmeter, so viel wie in einem Blitz.
Egal welche Form und Größe sie haben, alle deine Zellen sind im Grunde gleich aufgebaut: Sie haben eine Hülle, die Zellmembran, einen Zellkern, in dem die genetische Information gespeichert ist, und dazwischen einen belebten Raum, das Zytoplasma. Die Zellmembran ist aber nicht so eine dicke, feste Gummischicht, wie man sich das vorstellt. Sie besteht aus einer fettartigen Substanz, Lipiden. Und das ist eher wie "leichtes Maschinenöl". Aber lass dich davon nicht täuschen: Unter dem Mikroskop sieht alles anders aus. Auf molekularer Ebene ist Wasser ein zähes Gel, und Lipide sind fast wie Stahl.
Wenn man mal eine Zelle besuchen könnte, würde es einem da wahrscheinlich nicht gefallen. Wenn man Atome auf Erbsengröße vergrößern würde, wäre eine Zelle eine Kugel mit 800 Metern Durchmesser, die von einem komplizierten Gerüst, dem Zytoskelett, zusammengehalten wird. Und darin würden Millionen über Millionen von Objekten herumsausen, manche so groß wie Basketbälle, andere so groß wie Autos. Da würde man kaum einen Fuß auf den Boden bekommen, und jede Sekunde von tausenden Objekten von allen Seiten getroffen werden. Selbst für die Bewohner der Zelle ist das ein gefährlicher Ort. Jede DNA-Kette wird durchschnittlich alle 8,4 Sekunden angegriffen oder beschädigt – 10.000 Mal am Tag. Die muss man schnell reparieren, sonst geht die Zelle kaputt.
Proteine sind total aktiv, die drehen, zittern und fliegen herum, eine Milliarde Mal pro Sekunde stoßen sie aneinander. Enzyme sind auch Proteine. Die sausen herum und erledigen 1000 Aufgaben pro Sekunde, wie Ameisen im Zeitraffer. Sie bauen Moleküle auf und ab, knipsen da ein Stückchen ab, setzen da ein Stückchen dran. Einige Enzyme überwachen die Proteine, die vorbeifliegen, und markieren die, die beschädigt sind. Diese markierten Proteine werden dann zu einem Proteasom gebracht, wo sie abgebaut und zu neuen Proteinen verarbeitet werden. Manche Proteine leben nicht länger als eine halbe Stunde, andere ein paar Wochen. Aber alle sind total verrückt unterwegs. Wie de Duve gesagt hat: "Alles in den Molekülen bewegt sich mit unglaublicher Geschwindigkeit, das können wir uns kaum vorstellen."
Aber wenn man die Moleküle mal verlangsamen könnte, so dass man ihre Interaktionen beobachten kann, wäre das Ganze vielleicht nicht mehr so überwältigend. Dann würde man sehen, dass eine Zelle einfach nur aus Millionen Objekten besteht – verschieden große Lysosomen, Endosomen, Ribosomen, Liganden, Peroxisomen, Proteine –, die mit Millionen anderen Objekten zusammenstoßen, um ganz normale Aufgaben zu erledigen: Energie aus Nährstoffen gewinnen, neue Strukturen aufbauen, Abfall entsorgen, Eindringlinge abwehren, Botschaften empfangen und senden, reparieren. Eine Zelle enthält normalerweise etwa 20.000 verschiedene Proteine, von denen es mindestens 50.000 Moleküle gibt. Das bedeutet, dass selbst wenn man nur die Moleküle zählt, von denen es mindestens 50.000 gibt, in jeder Zelle mindestens eine Milliarde Proteinmoleküle sind. Eine unglaubliche Zahl, die einem eine Ahnung davon gibt, wie intensiv die biochemischen Prozesse in unserem Körper sind.
Und diese Aktivität verbraucht jede Menge Energie. Dein Herz muss pro Stunde etwa 340 Liter Blut pumpen, pro Tag über 8000 Liter, pro Jahr 3 Millionen Liter – genug, um vier olympische Schwimmbecken zu füllen –, damit alle Zellen mit frischem Sauerstoff versorgt werden. (Und das ist nur im Ruhezustand, bei Anstrengung ist es noch viel mehr.) Der Sauerstoff wird von den Mitochondrien aufgenommen, den Kraftwerken der Zelle. Jede Zelle hat ungefähr 1000 davon, je nachdem, was sie gerade macht und wie viel Energie sie braucht.
Mitochondrien waren ja mal Bakterien, die von unseren Zellen eingefangen wurden und jetzt als Untermieter bei uns wohnen. Sie haben ihre eigenen Gene, teilen sich nach ihrem eigenen Zeitplan und sprechen ihre eigene Sprache. Und wir verdanken ihnen unser Wohlergehen. Denn fast alles, was wir essen und atmen, wird zu den Mitochondrien transportiert, und die wandeln es dann in Adenosintriphosphat um, kurz ATP.
Vielleicht hast du von ATP noch nie gehört, aber das ist es, was deinen Körper am Laufen hält. ATP-Moleküle sind wie kleine Batterien, die in der Zelle herumschwirren und alle Prozesse mit Energie versorgen. In jedem Moment deines Lebens hat jede Zelle in deinem Körper ungefähr eine Milliarde ATP-Moleküle. Nach zwei Minuten ist die Energie verbraucht, und dann kommen wieder eine Milliarde neue. Jeden Tag produzierst und verbrauchst du ungefähr die Hälfte deines Körpergewichts an ATP. Fühl mal deine warme Haut, das ist dein ATP bei der Arbeit.
Wenn Zellen nicht mehr gebraucht werden, sterben sie auf eine Art, die man fast als würdevoll bezeichnen kann. Sie bauen ihre Stützen und Bögen ab und verdauen ihre Bestandteile unauffällig. Dieser Prozess wird Apoptose genannt, programmierter Zelltod. Milliarden von Zellen sterben jeden Tag für dich, und Milliarden andere räumen die Überreste weg. Zellen können auch plötzlich sterben, zum Beispiel bei einer Infektion, aber meistens sterben sie auf Befehl. Wenn sie keinen Befehl zum Weiterleben bekommen, wenn sie keine Aktivierungsbotschaft von einer anderen Zelle erhalten, bringen sie sich selbst um. Zellen brauchen echt Zuspruch.
Wenn Zellen mal nicht auf Befehl sterben, sondern sich stattdessen unkontrolliert teilen und ausbreiten, dann nennen wir das Krebs. Krebszellen sind einfach nur Zellen, die vom Weg abgekommen sind. Solche Fehler passieren ständig, aber der Körper hat komplizierte Mechanismen, um das zu korrigieren. Nur in seltenen Fällen geraten die Zellen außer Kontrolle. Im Durchschnitt bekommt man nur einmal pro Billiarde Zellteilungen eine tödliche Krankheit. Krebs ist in gewisser Weise einfach nur Pech.
Das Wunderbare an Zellen ist nicht, dass ab und zu was schiefgeht, sondern dass sie über Jahrzehnte hinweg alles am Laufen halten. Dafür senden und empfangen sie ständig Informationen aus allen Teilen des Körpers – ein ständiges Ticken von Nachrichten: Befehle, Fragen, Korrekturen, Notrufe, Erneuerungen, Ankündigungen von Teilung oder Tod. Die meisten dieser Informationen werden durch chemische Botenstoffe, Hormone, wie Insulin, Adrenalin, Thyroxin, Testosteron, aus den Schilddrüsen und anderen Drüsen übermittelt. Einige Informationen kommen auch vom Gehirn oder regionalen Zentren. Dieser Prozess wird "parakrine Signalübertragung" genannt. Und schließlich kommunizieren die Zellen auch direkt mit ihren Nachbarn, um sicherzustellen, dass sie alle am gleichen Strang ziehen.
Das Beeindruckendste an Zellen ist, dass sie sich ständig in Bewegung und Kollision befinden, angetrieben von nichts anderem als den grundlegenden Gesetzen von Anziehung und Abstoßung. Keine Bewegung in der Zelle hat einen Sinn. Alles geschieht ruhig, repetitiv und zuverlässig, so dass wir es kaum bemerken. Aber all das hält nicht nur die Zelle in Ordnung, sondern hält auch den Organismus in perfekter Harmonie. Billiarden über Billiarden von reflexartigen chemischen Reaktionen ergeben zusammen dich, einen denkenden Menschen – oder einen weniger intelligenten, aber trotzdem gut organisierten Mistkäfer. Und vergiss nicht: Jedes Lebewesen ist ein Wunder der Atomtechnik.
Manche vermeintlich primitiven Lebewesen haben eine zelluläre Organisation, die unsere eigene wie ein unordentlicher Entwurf aussehen lässt. Wenn man die Zellen eines Schwamms trennt (zum Beispiel durch einen Filter), und sie dann in eine Lösung gibt, dann setzen sie sich schnell wieder zusammen und bilden wieder einen Schwamm. Das kann man immer wieder machen, die setzen sich immer wieder zusammen. Weil sie, wie du und ich und alle anderen Lebewesen, einen unbändigen Drang haben: weiterzuleben.
Und das alles, weil es da so ein komisches, eigensinniges Molekül gibt, von dem wir so wenig wissen. Es ist selbst nicht lebendig, und die meisten davon tun überhaupt nichts. Es heißt DNA. Aber bevor wir uns damit beschäftigen, müssen wir erstmal zurück ins viktorianische England, vor etwa 160 Jahren, zur Zeit von Charles Darwin. Der hatte nämlich die "beste Idee aller Zeiten", aber die hat er erstmal 15 Jahre lang in der Schublade versteckt. Aber warum, das müssen wir erstmal erklären...