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Okay, hier ist ein Versuch, den Text in einen Podcast-Skript in natürlichem, konversationellem Deutsch umzuwandeln:
Mensch, also, ich hab da so ne Story gelesen… wirklich faszinierend. Und zwar geht's um diesen... Amos Tversky. Nie gehört, oder? War wohl so ne echt krasse Persönlichkeit in Israel.
Also, fangen wir mal an. Da war dieser Amnon Rapoport. Der war irgendwie schon mit 18... Achtzehn! ...von der Armee als Führungskraft eingestuft worden. Krass, oder? Und dann, zack, Panzerkommandant. Der Typ meinte wohl, er wusste nicht mal, dass es überhaupt so ne Panzertruppe gab. Und dann, eines Nachts, im Oktober '56, wurde er losgeschickt, um sich für irgendwelche getöteten israelischen Zivilisten zu rächen. Also, mit dem Panzer nach Jordanien. Und das ist ja immer so'n Ding, ne? In solchen Situationen musst du blitzschnell entscheiden. Schießen oder nicht? Leben nehmen oder verschonen? Sterben oder... überleben, halt.
Vor ein paar Monaten war da ein anderer Soldat, auch so jung, der wurde von den Syrern gefangen genommen. Und der hat sich dann lieber selbst umgebracht, bevor er irgendwas verraten hat. Die Syrer haben den dann zurückgeschickt, und der hatte so nen Zettel unter seinem Zehennagel versteckt: "Ich hab nicht verraten." Krass, oder?
Also, Amnon, in dieser Nacht, seine erste Entscheidung war: Nicht schießen. Er sollte wohl das zweite Stockwerk von so nem jordanischen Polizeirevier bombardieren, während die Fallschirmjäger unten angreifen. Aber er hatte Angst, die eigenen Leute zu treffen. Nachdem er aufgehört hatte zu schießen, hat er dann über Funk mitgekriegt, was da unten los war. Und dann, bumm, war er plötzlich in der Realität. Das war kein Abenteuerfilm mehr, kein Spiel. Das war ernst. Und die Fallschirmjäger, das sind ja so die Elite, ne? Die hatten echt üble Verluste. Aber am Funk klang das alles so... ruhig. Fast schon emotionslos. Der meinte dann so, "Keine Panik, alles cool." Alter, wie geht denn das? Wie werden die denn so zu... so Spartanern? Er wusste nicht, wie er sich in so nem Nahkampf verhalten würde. Er hoffte nur, er könnte auch so'n Held sein.
Zwei Wochen später ging's dann mit dem Panzer nach Ägypten. Das war dann so der Startschuss für die Invasion. Und mitten im Gefecht musste er aufpassen, dass er nicht von den Ägyptern, aber auch nicht von den eigenen Leuten beschossen wird. Erinnert sich noch genau an diesen Moment, wo so ne MiG-15 direkt auf seinen Panzer zurast. Er guckt gerade oben aus dem Turm raus und schreit den Fahrer an, und die haben sich gerade noch so wegducken können. Er meinte, das war so, als ob die seinen Kopf abschießen wollten.
Ein paar Tage später haben die Ägypter dann aufgegeben. Die wurden vorher noch von Beduinen gejagt, die ihre Gewehre und Stiefel klauen wollten. Und jetzt bettelten die Beduinen um Wasser und Schutz. Und Amnon, der die noch vor kurzem umbringen sollte, hatte plötzlich nur noch Mitleid. Er meinte dann, so "Wie kann man so schnell vom Killer zum... Mitfühlenden werden?" Wie geht denn das?
Nach dem Krieg hatte er dann erst mal genug. Er meinte, die zwei Jahre bei der Panzertruppe hätten ihn irgendwie... wild gemacht. Er wollte weg, so weit wie möglich. Aber für'n Flug ins Ausland hatte er kein Geld. Und die Leute in den 50ern in Israel, die haben noch nicht so viel über Stressabbau und so'n Kram nachgedacht. Die haben einfach... irgendwie damit gelebt. Er hat dann so nen Job in so nem Kupferbergwerk in der Wüste gefunden. Da, wo angeblich schon König Salomon seine Schätze abgebaut hat. Die meisten Arbeiter waren Knastis. Und Amnon, der konnte halt besser rechnen als die anderen, deswegen wurde er da so'n Bibliothekar. War aber nicht so geil da, meinte er. Kein Klo, kein Klopapier. Und dann, einmal, beim... Geschäft verrichten, hat er in der Zeitung gelesen, dass die Uni in Jerusalem jetzt Psychologie anbietet. Da war er 20. Er kannte nur Freud und Jung. Gab nicht viel auf Hebräisch, aber es hat ihn irgendwie interessiert. Warum, wusste er selber nicht so genau. War vielleicht irgendwie so ne innere Stimme, die er gehört hat.
Das war das erste Mal, dass man in Israel Psychologie studieren konnte, und die Aufnahmeprüfung war mega hart. Ein paar Wochen später stand Amnon dann auch da, vor diesem Kloster, das die Uni als Gebäude benutzt hat, und wartete auf irgendwelche komischen Tests. Einer war von so nem Typen namens Daniel Kahneman. Der hat da so nen Aufsatz in so ner Fantasiesprache geschrieben, und die Bewerber sollten die Grammatik analysieren. Die Schlange ging bis auf die Straße. Nur zwanzig Plätze, aber Hunderte wollten das studieren. War '57, viele junge Leute in Israel wollten halt einfach studieren. Und die, die reinkamen, waren echt krass. 19 von denen haben später ihren Doktortitel gemacht. Die eine, die's nicht gemacht hat, die war die Beste in der Aufnahmeprüfung, aber die hat dann geheiratet und Hausfrau gespielt. Psychologie war da echt so'n Ding, wie... Football in Alabama.
In der Schlange stand dann so'n kleiner Typ neben Amnon. Blass, Babygesicht, sah aus wie 15, aber komisch angezogen. Gummistiefel, steife Uniform, und so ne rote Fallschirmjäger-Mütze auf. Sah aus wie so'n kleiner, neuer Spartaner. Die haben sich dann unterhalten. Er hieß Amos Tversky. Und Amnon meinte, er weiß nicht mehr, worüber die geredet haben, aber er wusste sofort: Der ist schlauer als ich.
Amos Tversky, für die Israelis war der irgendwie... anders. Aber trotzdem typisch israelisch. Seine Eltern, die sind in den 20ern aus Russland abgehauen, wegen dem Antisemitismus, und sind dann voll in die zionistische Bewegung eingestiegen. Seine Mutter, Ginja Tversky, die war so'ne Politikerin. Die war dann auch im ersten israelischen Parlament und die vier danach. Hat ihr ganzes Leben der Politik gewidmet. Ist viel rumgereist. Kurz nach Amos' Geburt war sie in Europa, um amerikanischen Soldaten zu helfen, KZ-Überlebende zu retten und wieder einzugliedern. Und dann war sie halt meistens in Jerusalem im Parlament. War nicht viel zu Hause.
Amos hatte ne Schwester, die war 13 Jahre älter. Also, er ist quasi als Einzelkind aufgewachsen. Und sein Vater, Josef Tversky, war Tierarzt. Hat sich meistens um Vieh gekümmert. Sein Vater war Rabbi, aber er war nicht religiös. Hat russische Literatur geliebt und die Geschichten von seinen Mitmenschen. War früher Arzt, aber dann Tierarzt geworden, weil, laut Amos, "Tiere mehr leiden, aber weniger jammern." War so'n ernster Typ, aber wenn er über sein Leben und seine Arbeit geredet hat, hat er Amos auf den Schoß genommen und ihm von seinen Erfahrungen erzählt. Und von den Mysterien des Lebens. Amos hat dann später in seiner Doktorarbeit geschrieben: "Diese Arbeit widme ich meinem Vater, der meine Neugierde auf die Welt geweckt hat."
Amos hat immer gesagt, manche Leute erleben interessante Dinge, weil sie aus normalen Sachen interessante Geschichten machen können. Und er konnte echt gut Geschichten erzählen. Hatte so'n leichten Sprachfehler, klang ein bisschen wie'n Katalane, der Spanisch redet. Blass, man konnte die Adern unter seiner Haut sehen. Und seine hellblauen Augen, die waren immer in Bewegung, als ob er jeden Gedanken einfangen wollte.
Selbst beim Reden wirkte er irgendwie immer in Bewegung. War jetzt nicht so der Sportler – war immer klein –, aber trotzdem flink. Konnte schnell rennen und war mega agil. Konnte in den Bergen rumspringen wie so'n... so'n Bergmensch. Und er hatte so'n Lieblings-Gag, den er manchmal beim Geschichtenerzählen gemacht hat: Er ist auf irgendwas hohes geklettert, auf nen Felsen oder auf nen Panzer, und ist dann mit dem Gesicht nach unten runtergesprungen. Und kurz bevor er auf dem Boden aufgeschlagen wäre, hat er sich dann gedreht und ist gelandet. Er liebte dieses Gefühl des Fallens, dieses Gefühl, von oben herabzuschauen.
Er war auch sonst ziemlich mutig mit seinem Körper, oder wollte es zumindest sein. Nachdem er mit seinen Eltern von Jerusalem in die Hafenstadt Haifa gezogen war, konnte er mit anderen Kindern ins Schwimmbad gehen. Da gab's so nen Zehn-Meter-Turm, und die anderen wollten ihn da runterstoßen. Amos war aber erst zwölf und konnte gar nicht schwimmen. In Jerusalem gab's während des Unabhängigkeitskrieges ja nicht mal Trinkwasser, geschweige denn Schwimmbäder. Also, hat sich Amos so nen älteren Jungen ausgesucht und gesagt: "Ich spring da runter, aber du musst mich dann rausholen." Also, ist Amos da runtergesprungen, und der Junge hat ihn dann gerade noch so vor dem Ertrinken gerettet.
In der High School musste er sich dann entscheiden, ob er eher was mit Sprachen oder mit Naturwissenschaften machen will. Der junge Staat hat die Jungs eher in die Naturwissenschaften gedrängt, weil das irgendwie die Zukunft sein sollte. Amos war auch echt gut in Mathe und Physik. Aber er war der einzige von den klugen Köpfen, der dann was mit Geisteswissenschaften gemacht hat. War irgendwie so'n Risiko. Mathe konnte er sich ja selbst beibringen, aber die Geisteswissenschaften, das war was Neues. Amos meinte, er wird nie vergessen, wie begeistert er vom Hebräisch- und Philosophieunterricht war. Er hat dann seiner Schwester in Los Angeles geschrieben, dass er entweder Dichter oder Literaturkritiker werden will.
Und dann war da noch Dalia Ravikovitch. Mit der hatte er so ne enge, fast schon romantische Beziehung. Die kam irgendwann neu in die Klasse, war immer so traurig. Ihr Vater war gestorben, und sie hat in so nem Kibbuz gewohnt, was sie gehasst hat, und dann in verschiedenen Pflegefamilien, wo's auch nicht so geil war. War so'n Außenseiter, zumindest für die Israelis in den 50ern. Aber Amos, der coole Typ in der Schule, der war mit ihr befreundet. Hat keiner verstanden. Er sah noch aus wie'n Kind, und sie war schon so ne junge Frau. Er war immer draußen, sportlich, und sie... naja, sie hat geraucht, wenn die anderen Sport hatten. Er war immer mit Leuten zusammen, und sie war immer allein. Später, als sie dann berühmt wurde mit ihren Gedichten, da haben alle gesagt: "Ach so, ja, klar, die waren ja beide Genies."
Wie die meisten Kinder in Haifa in den 50ern, war auch Amos in so ner linken Jugendorganisation. Die hieß "Nachal". Das sollte so junge zionistische Schulabgänger in die Kibbuzim schicken, wo sie dann Soldaten waren und die Farmen beschützt haben. Und danach sollten sie dann Bauern werden.
In seinem letzten Jahr in der High School hat General Mosche Dajan so ne Rede in Haifa gehalten. Und einer, der dabei war, meinte, der hat dann gefragt: "Wer ist denn hier bei Nachal?" Und alle haben die Hände gehoben. Und Dajan hat gesagt: "Ihr seid ja Verräter! Wir brauchen euch nicht, um Tomaten und Gurken anzubauen! Wir brauchen euch zum Kämpfen!" Im nächsten Jahr gab's dann so ne neue Regel, dass jede Jugendorganisation 12 von 100 Leuten zu den Fallschirmjägern schicken muss. Der Amos, der sah ja nicht so aus wie so'n Elitekämpfer, eher wie so'n Pfadfinder. Aber er hat sich sofort gemeldet. Er war zu leicht, musste erst mal Literweise Wasser trinken, um das Gewicht zu schaffen.
In der Fallschirmjägerschule wurden die Jungs dann zu so ner Art Symbol für den neuen Staat. Zu Helden, zu Killermaschinen. Angst war nicht erlaubt. Wenn die sich getraut haben, von so ner 5,5 Meter hohen Mauer zu springen, ohne sich was zu brechen, dann haben die Ausbilder die auf so ne alte Holzmaschine aus dem Zweiten Weltkrieg geschickt. Der Propeller und die Tür waren auf der gleichen Höhe. War mega windig da. Und vor der Tür war ne rote Lampe. Wenn die Ausbilder die Ausrüstung gecheckt hatten, wurde die Lampe grün, und dann mussten die springen. Wer sich nicht getraut hat, wurde einfach rausgeschubst.
Bei den ersten Sprüngen hatten die meisten Angst. Und mussten halt geschubst werden. In Amos' Gruppe gab's einen, der sich geweigert hat. Das war dann so sein Stigma für immer. ("Die, die sich nicht trauen zu springen, sind die Mutigen", meinte später einer der Fallschirmjäger.) Aber Amos, der hat nie gezögert. "Der war immer der Erste, der aus dem Flugzeug springen wollte", erinnerte sich Juri Schamir, der auch bei den Fallschirmjägern war. Er ist insgesamt so 50 Mal gesprungen, vielleicht auch öfter. In der Nähe der feindlichen Linien, '56 im Krieg, bei der Sinai-Kampagne. Einmal ist er sogar in so n Bienennest gesprungen und wurde von den Wespen so zerstochen, dass er bewusstlos war. Und als er dann '61, nach dem Studium, nach Amerika geflogen ist, um da zu studieren, da ist er zum ersten Mal ohne Fallschirm gesprungen. Nach der Landung hat er dann ganz verwundert auf den Boden geguckt und gesagt: "So bin ich noch nie gelandet."
Kurz nach seiner Zeit bei den Fallschirmjägern wurde Amos dann Zugführer. Er hat dann seiner Schwester in Los Angeles geschrieben: "Ich hätte nie gedacht, dass ich mich so schnell an das neue Leben gewöhnen würde. Meine Freunde sind wie ich, nur dass ich halt zwei Streifen mehr auf dem Ärmel habe. Jetzt müssen die mich grüßen und auf meine Befehle hören: Rennen! Hinlegen! Alle haben sich daran gewöhnt, und ich hab das Gefühl, dass ich dafür geboren bin." Die Briefe aus dem Militär wurden zensiert, deswegen hat er in seinen Briefen nicht so viel über sein Leben als Soldat erzählt. Er musste an Vergeltungsaktionen teilnehmen, die beide Seiten teuer zu stehen kamen. Er hat Freunde verloren und Freunde gerettet. "Bei so ner Vergeltungsaktion hab ich nen Freund gerettet und dafür Lob bekommen", schrieb er seiner Schwester. "Aber ich bin kein Held. Ich wollte nur, dass meine Freunde heil nach Hause kommen."
Und viele Sachen hat er gar nicht geschrieben. Hat auch selten drüber geredet. Irgendein sadistischer Offizier wollte wohl testen, wie lange die Soldaten ohne Wasser aushalten können. Bis einer von Amos' Leuten verdurstet ist. Dann war das vorbei. Amos hat dann vor'm Militärgericht gegen den Offizier ausgesagt. Und einmal haben Amos' Leute so nem anderen sadistischen Offizier ne Decke über den Kopf gezogen und ihn verprügelt. Amos war nicht dabei, aber er hat denen dann geholfen, nicht angeklagt zu werden. "Wenn die Fragen stellen, dann antwortet mit unwichtigen Details, bis die keine Lust mehr haben, weiterzufragen", hat er denen geraten. Hat wohl geklappt.
Ende '56 war Amos dann nicht nur Zugführer, sondern auch Träger der höchsten israelischen Tapferkeitsmedaille. Bei so ner Übung, die von so nem General abgenommen wurde, sollte einer von seinen Leuten mit ner Sprengladung so'n Stacheldrahtzaun zerstören. Nach dem Zünden hatte der 15 Sekunden Zeit, um abzuhauen. Der hat die Sprengladung unter den Zaun geschoben, gezündet, und ist dann ohnmächtig geworden. Der Offizier hat allen befohlen, stehen zu bleiben. Aber Amos nicht. Er ist aus der Deckung gesprungen, hat den Soldaten gepackt, ihn weggetragen, und sich dann auf ihn geworfen. Die Splitter sind dann für immer in Amos' Körper geblieben. So ne Medaille kriegt man nicht einfach so. Mosche Dajan war dabei und hat das alles gesehen. Als er Amos die Medaille überreicht hat, meinte er: "Du hast was Dummes und Mutiges getan. Das nächste Mal hast du vielleicht nicht so viel Glück."
Manchmal hatte man den Eindruck, dass Amos mehr darauf geachtet hat, wie er auf andere wirkt, als auf seine eigene Sicherheit. "Er hat immer alles gegeben", erinnerte sich Juri Schamir. "Ich glaub, vielleicht wollte er das irgendwie kompensieren, weil er so klein und blass war." Aber irgendwie stimmt das auch nicht. Er hat sich selbst dazu gezwungen, mutig zu sein, und dann wurde Mut zur Gewohnheit. Gegen Ende seiner Zeit beim Militär hat er sich dann auch verändert gefühlt. "Ich glaub, du würdest mich heute nicht mehr erkennen", schrieb er seiner Schwester. "Die Worte reichen nicht aus, um die Veränderungen zu beschreiben, die dieser Junge in Uniform durchgemacht hat. Er ist nicht mehr der Junge, der vor fünf Jahren in Khaki-Shorts am Flughafen stand."
Außer in Briefen hat Amos selten über seine Zeit beim Militär geredet. Wenn, dann waren's irgendwelche lustigen oder komischen Geschichten. Zum Beispiel, dass seine Einheit im Sinai-Krieg ägyptische Kamele erbeutet hat. Amos war noch nie Kamel geritten. Nach ner Viertelstunde war ihm so schwindelig, dass er in so nen offenen Wagen steigen musste. Hat dann sechs Tage gebraucht, um aus dem Sinai rauszukommen. Aber danach hat er dann so'n Kamelrennen gewonnen.
Oder seine Leute. Selbst im Gefecht wollten die keine Helme tragen, weil's zu heiß war. Und wenn die von ner Kugel getroffen werden, dann soll wenigstens ihr Name auf der Kugel stehen. (Darauf Amos: "Was ist, wenn alle Kugeln 'Unbekannt' sind?") Meistens haben seine Geschichten mit irgendwelchen Kleinigkeiten angefangen. Irgendein israelischer Mathematiker hat mal gesagt: "Wenn man ihn getroffen hat, hat er immer gefragt: 'Hab ich dir schon die Geschichte erzählt?' Aber die Geschichte hatte nichts mit ihm zu tun. Zum Beispiel: 'Weißt du, bei Konferenzen an israelischen Unis reden alle dazwischen, weil sie Angst haben, dass ihnen jemand die Idee klaut. Und bei Konferenzen an amerikanischen Unis sind alle still, weil sie glauben, dass alle die gleiche Idee haben...'" Und dann hat Amos so nen Vortrag über die Unterschiede zwischen Amerikanern und Israelis gehalten. Amerikaner glauben, dass morgen alles besser wird, Israelis glauben, dass alles schlechter wird. Amerikanische Kinder lernen für die Schule, israelische Kinder lesen nie was, haben aber immer die besten Ideen. Sowas halt.
Wer Amos kannte, wusste, dass seine Geschichten nur so ne Art Spielerei waren. Eine israelische Freundin von ihm hat mal gesagt: "Wenn man ihn kennt, redet man über nichts anderes. Wir haben uns immer getroffen und über ihn geredet." Und dann waren da noch die Geschichten über die Sachen, die er gesagt hat. Meistens über Leute, die er für eingebildet gehalten hat. Da war mal so'n amerikanischer Wirtschaftswissenschaftler, der hat ständig irgendwen als Idiot oder Dummkopf bezeichnet. Amos hat dann zu ihm gesagt: "Deine ganzen Wirtschaftsmodelle basieren auf intelligenten, rationalen Menschen. Aber du bist ja nur von Idioten umgeben." Oder er hat mal so nem Nobelpreisträger für Physik zugehört, wie der da so nen Vortrag über alles gehalten hat. Danach hat Amos gesagt: "Weißt du, Murray, so schlau wie du hält sich sonst keiner." Und einmal hat er auf ner Konferenz irgendwas gesagt, und danach kam so'n britischer Statistiker zu ihm und meinte: "Normalerweise mag ich keine Juden, aber dich mag ich." Worauf Amos geantwortet hat: "Normalerweise mag ich Briten, aber dich nicht."
Egal was Amos gesagt hat, es gab am Ende immer noch mehr Geschichten über ihn. Zum Beispiel, einmal hat die Uni in Tel Aviv so ne Party für so nen Physiker gegeben, der so nen Wolf-Preis gewonnen hat. Das ist so der zweitwichtigste Preis für Physik, kurz vor dem Nobelpreis. Waren fast alle Top-Physiker Israels da. Aber irgendwie hat der Preisträger dann mit Amos geredet, der sich gerade so für schwarze Löcher interessiert hat. Am nächsten Tag hat der dann den Organisator der Party angerufen und gefragt: "Wie hieß denn der Physiker, mit dem ich gestern geredet hab? Er hat mir seinen Namen nicht gesagt." Nach einigem Nachforschen haben die dann gemerkt, dass er Amos gemeint hat. Die haben ihm dann gesagt, dass Amos kein Physiker, sondern Psychologe ist. "Unmöglich", hat der Physiker gesagt. "Das war der schlauste Physiker, den ich je getroffen habe."
Ein Philosophieprofessor aus Princeton meinte: "Amos hat immer sofort den Kern der Sache erfasst. Das war echt unglaublich. Egal was, er konnte immer sofort was Schlaues dazu sagen. Er konnte sich in jede Diskussion einklinken." Und irgendein Psychologe von der Uni von Südkalifornien hat mal gesagt: "Er sah unscheinbar aus. Wenn da 30 Leute im Raum sitzen, dann ist er der Letzte, den man bemerkt. Aber sobald er den Mund aufmacht, merken alle, dass er mega schlau ist." Und irgendein Psychologe von der Uni von Michigan hat mal so nen IQ-Test mit nur einer Frage erfunden: Je schneller man merkt, dass Amos schlauer ist als man selbst, desto schlauer ist man. Irgendeine Mathematikerin, mit der er befreundet war, meinte: "Er kam in den Raum und sah nicht besonders aus. Ganz normal angezogen. Er saß einfach da. Aber sobald er angefangen hat zu reden, war er das Zentrum. Er wurde zum Licht, zu dem alle hingeschaut haben."
Aber die Leute haben nicht nur über das geredet, was Amos gesagt hat, sondern auch darüber, wie er gelebt hat. Er war so'n Nachtmensch. Ist erst bei Sonnenaufgang ins Bett gegangen und bis Sonnenuntergang geschlafen. Hat zum Frühstück eingelegtes Gemüse gegessen und zum Abendessen Eier. Er hat versucht, alles zu vermeiden, was seiner Meinung nach Zeitverschwendung war. Zum Beispiel hat er sich beim Autofahren im Rückspiegel rasiert und die Zähne geputzt. Seine Tochter meinte: "Er wusste nie, welche Uhrzeit gerade ist. Aber das war egal. Er hat in seiner eigenen Welt gelebt, und man ist ihm halt zufällig begegnet." Und Sachen, von denen erwartet wurde, dass er sich dafür interessiert, wie Museumsbesuche oder Meetings, hat er einfach ignoriert. "Für die, die das mögen, ist das halt so", hat Amos dann immer gesagt. Seine Tochter meinte: "Er war nie dabei, wenn wir irgendwo hingefahren sind, es sei denn, er fand das interessant." Aber die Kinder haben das nicht schlimm gefunden. Sie haben ihren Vater geliebt und gemerkt, dass er sie auch liebt. "Er hat seine Familie geliebt", meinte sein Sohn. "Er hat es nur nicht gemocht, wenn er sich an irgendwelche Regeln halten musste."
Sachen, die sich die meisten nicht getraut hätten, hat Amos einfach gemacht. Wenn er rennen wollte, dann ist er halt einfach losgerannt. Ohne sich aufzuwärmen, ohne sich umzuziehen. Einfach Hose ausgezogen und in Unterhosen losgerannt, so schnell er konnte, bis er nicht mehr konnte. "Amos hat sich gesagt, dass die Leute zu viel für irgendwelche Kleinigkeiten opfern", meinte seine Freundin. "Und er hat das früh erkannt und gemerkt, dass sich das nicht lohnt."
Leute, die Amos kannten, wussten, dass er ein Talent dafür hatte, seine Ziele zu erkennen. Eine Freundin hat mal erzählt, dass sie ihn besucht hat und auf seinem Tisch lag so'n Stapel Post. So hoch, wie in ner Woche. Die Briefe waren nach Datum sortiert. Einladungen für Jobs, Ehrendoktorwürden, Interviews, Vorträge, Fragen zu irgendwelchen Problemen, Rechnungen. Wenn neue Post kam, hat er die aufgemacht, die ihn interessiert haben. Und der Rest ist auf dem Tisch gelandet. Jeden Tag kamen neue Briefe, und der Tisch wurde immer voller. Und wenn's dann zu viel war, hat Amos die Briefe einfach in den Müll geworfen. Er hat dann immer gesagt: "Das Tolle an dringenden Sachen ist, dass sie irgendwann nicht mehr dringend sind, wenn man sie lange genug ignoriert." Irgendein Freund von ihm hat mal gesagt: "Wenn ich ihm erzählt hab, dass ich das und das machen muss, hat er immer gesagt: 'Du musst das nicht machen.' Und ich hab mir dann gedacht: 'Du hast's gut!'"
Amos war einfach ehrlich. Man konnte immer merken, was er mag und was nicht. Seine Kinder haben das mitbekommen, wenn ihre Eltern ins Kino gegangen sind. Die sind dann zu dem Film gefahren, den ihre Mutter sehen wollte. Nach 20 Minuten kam der Vater wieder und hat sich aufs Sofa gesetzt. Er konnte schon in den ersten fünf Minuten entscheiden, ob sich der Film lohnt. Und wenn nicht, dann ist er nach Hause gegangen und hat sich irgendwelche Serien oder Basketballspiele angeguckt. Und nach dem Film hat er dann seine Frau wieder abgeholt. Er hat dann zu seiner Frau gesagt: "Die haben ja schon mein Geld gekriegt. Wollen die jetzt auch noch meine Zeit klauen?" Und wenn er mal auf ner Party war, die ihm nicht gefallen hat, dann hat er sich einfach unsichtbar gemacht. Seine Tochter meinte: "Wenn er in nen Raum gekommen ist und gemerkt hat, dass er da nicht bleiben will, dann hat er sich einfach versteckt. Er hatte da so ne Superkraft. Seine Taten haben gezeigt, dass er sich nicht für soziale Verpflichtungen interessiert. Obwohl er das schon höflich gemacht hat."
Klar, dass Amos damit auch mal Leute vor den Kopf gestoßen hat. Allein schon seine hellblauen Augen, die immer hin und her gesprungen sind, konnten Leute nervös machen. Die haben dann gedacht, er hört nicht zu. Aber in Wirklichkeit hat er oft nur sehr genau zugehört. Irgendein Freund von ihm meinte: "Das Problem war für ihn, dass manche Leute nicht wussten, was sie nicht wissen. Und wenn er gemerkt hat, dass man langweilig ist, dann hat er einfach unterbrochen." Aber Leute, die ihn kannten, haben das schon verstanden.
Amos hat sich nicht gefragt, ob er von Leuten gemocht wird. Irgendein Freund von ihm meinte: "Er wollte unbedingt alle mit seinem Charme erobern. Für so nen schlauen Typen war das schon komisch." Und irgendein anderer Freund hat gesagt: "Er wollte, dass die Leute ihn bewundern und lieben. Und wenn er jemanden mochte, dann hat er sich auch Mühe gegeben. Seine Freunde haben sich dann immer gefragt: Ich weiß, warum ich ihn mag, aber warum mag er mich?"
Amnon Rapoport hatte nie Probleme, bewundert zu werden. Er war im Krieg mutig und sah gut aus. Blonde Haare, braune Haut, markantes Gesicht. Für viele Frauen war er der schönste Mann auf der Welt. Später hat er dann seinen Doktortitel in mathematischer Psychologie gemacht, war so'n gefragter Professor und hat an Top-Unis gearbeitet. Und selbst der war total geehrt, als er gemerkt hat, dass Amos ihn mag. "Ich wusste, dass seine Intelligenz mich anzieht", meinte Amnon. "Aber ich wusste nicht, was ich ihm zu bieten habe. Vielleicht, weil ich so gut aussehe." Egal warum, die beiden haben sich echt gut verstanden. Ab dem Moment, wo sie sich kennengelernt haben, waren Amnon und Amos unzertrennlich. In der Uni saßen die zusammen, in der Wohnung waren die Nachbarn, und im Sommer sind die zusammen verreist. War so'n bekanntes Duo. Amnon meinte: "Ich glaub, manche haben gedacht, wir wären schwul oder so."
Während Amos entschieden hat, was er studieren will, war Amnon gerade so richtig erfolgreich. In den 50ern musste man an der Uni in Jerusalem immer zwei Hauptfächer wählen. Amos hat Philosophie und Psychologie gewählt. Aber er hat sich da so strategisch rangetastet. Wie beim Ölbohren. Nach zwei Jahren Philosophie hat er dann gesagt, dass da kein Öl mehr zu holen ist. Amnon erinnerte sich: "Er meinte, wir können da nichts mehr machen. Platon hat die meisten Probleme schon gelöst. Es gibt zu viele weise Leute und zu wenige Probleme. Und die wenigen, die es noch gibt, sind unlösbar." Das Leib-Seele-Problem zum Beispiel. Wie hängen unsere Gedanken, unsere Überzeugungen, mit unseren körperlichen Reaktionen zusammen? Wie hängen Körper und Geist zusammen? War das Problem schon bei Descartes, und keiner hat's gelöst. Zumindest nicht in der Philosophie. Amos meinte, das Problem mit der Philosophie ist, dass die sich nicht an die wissenschaftlichen Regeln halten. Die Philosophen haben einfach nur sich selbst untersucht und dann ne Theorie über die Menschheit aufgestellt. Und die Psychologie, die hat zumindest so getan, als ob sie ne Wissenschaft ist. Die hat zumindest Daten benutzt. Wenn Psychologen ne Theorie hatten, dann haben sie sich so ne Gruppe von Leuten ausgesucht und die getestet. Und andere konnten dann seine Theorie bestätigen oder widerlegen. Der Weg zur Wahrheit war zwar steinig, aber die Psychologen haben's zumindest versucht.
Amos' Freunde in Israel fanden es nicht überraschend, dass er sich für Psychologie interessiert hat. Fragen wie "Warum machen die Leute das?" oder "Warum denken die Leute so?" waren ständig Thema in ihren Gesprächen. Irgendeine Freundin meinte: "Er hat nie über Kunst geredet. Nur über Menschen. Das war so n ewiges Rätsel. Warum treffen die Leute diese oder jene Entscheidung? Vielleicht liegt das an der jüdischen Denkweise. Juden sind ja so, dass sie ständig andere einschätzen. Wer ist gefährlich? Wer ist zuverlässig? Wer bezahlt seine Schulden? Wer nicht? Die Antworten kommen dann meistens aus psychologischen Einschätzungen." Aber viele haben nicht verstanden, warum sich so n klar denkender Mensch wie Amos für die dunklen Gebiete der Psychologie interessiert. Warum sich so n optimistischer, logischer Mensch, der keinen Unsinn toleriert hat, sich mit so Mystizismus und traurigen Seelen beschäftigt.
Amos hat darüber nicht viel geredet. Und wenn er's mal getan hat, dann hat's sich so angehört, als ob er zufällig da reingeraten ist. Als Amos so Mitte 40 war, haben ihn viele junge Psychologen verehrt. Da hat er sich mal mit so nem Psychiater von Harvard zusammengesetzt. Der hat ihn gefragt, wie er Psychologe geworden ist. Amos hat gesagt: "Es ist schwer zu sagen, wie Menschen ihren Weg im Leben finden. Viele unserer wichtigen Entscheidungen sind eigentlich zufällig. Nur die unwichtigen Entscheidungen, die zeigen, wer wir wirklich sind. In welchem Bereich wir landen, hängt vielleicht davon ab, welchen Lehrer wir in der High School hatten. Und wen wir heiraten, hängt davon ab, wer gerade zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist. Aber die kleinen Entscheidungen, die sind systematischer. Dass ich Psychologe bin, das sagt nicht so viel aus. Aber was für n Psychologe ich bin, das sagt schon mehr."
Was für n Psychologe war er denn dann? An dem meisten, was die Psychologie zu bieten hatte, war er nicht interessiert. Er hat Kurse über Kinderpsychologie, klinische Psychologie und Sozialpsychologie belegt, aber den meisten Kram hat er ignoriert. Er war schockierend nachlässig, wenn's um Aufgaben ging. Irgendeine Kommilitonin von ihm hat mal mitbekommen, wie er so'n IQ-Test mit so nem fünfjährigen Kind machen sollte. "Kurz vor der Deadline hat Amos dann Amnon gefragt: 'Amnon, leg dich mal auf die Couch. Ich stell dir jetzt n paar Fragen, und du tust so, als ob du fünf wärst.' So hat er das dann gemacht!" Im Unterricht war Amos der Einzige, der keine Notizen gemacht hat. Kurz vor der Prüfung hat er sich dann Amnons Notizen angeguckt. "Er hat sich das einmal durchgelesen und konnte das dann besser als ich", meinte Amnon. "Und es war auch unglaublich, wenn er irgendwen getroffen hat, der Physik studiert hat, dann konnte er mit dem ne halbe Stunde über Physik reden, obwohl er keine Ahnung hatte. Und der Physiker hat hinterher Sachen über Physik gewusst, die er vorher gar nicht gewusst hat. Am Anfang hab ich gedacht, dass das nur so oberflächliches Wissen ist. Aber das war kein Trick."
Viele Professoren haben sich einfach nur auf ihr Gefühl verlassen. Irgendein Typ aus Schottland, der Psychologiegeschichte unterrichtet hat, wurde entlassen, weil er seinen Doktortitel gefälscht hat. Und irgendein polnischer Jude, der Persönlichkeitstests unterrichtet hat und der sich früher in den Wäldern versteckt hat, um der Shoah zu entkommen, der ist weinend aus dem Raum gerannt, als Amos und Amnon ihn mit Fragen gelöchert haben. "Wir mussten uns Psychologie selbst beibringen", erinnerte sich Amnon. Damals war klinische Psychologie noch nicht so weit entwickelt. Und die meisten von Amos' Kommilitonen wollten Ärzte werden. Im 17. Jahrhundert war es ja so, dass man kränker wurde, wenn man zum Arzt gegangen ist, als wenn man's gelassen hat. Und im 19. Jahrhundert war's dann schon so, dass es ungefähr 50/50 war, ob man besser oder schlechter dran war. Amos meinte, die klinische Psychologie wäre wie die Medizin im 17. Jahrhundert. Dafür hatte er viele Beispiele.
Irgendwann '59, die waren im zweiten Semester, hat Amnon mal so nen Artikel über Entscheidungstheorie gelesen. Der war von so nem Psychologieprofessor. Der Artikel hat so angefangen: "Viele Soziologen, aber nicht Psychologen, versuchen, die Ursachen für das Verhalten von Menschen zu erklären. Viele Wirtschaftswissenschaftler und einige Psychologen haben sich mit der Frage beschäftigt, wie Menschen Entscheidungen treffen. Die Theorie beschäftigt sich vor allem mit solchen Entscheidungen: Stell dir vor, es gibt A und B. Und du kannst dich aussuchen, ob du A oder B willst. Zum Beispiel, so n Kind, das vor nem Süßigkeitenregal steht und sich fragt, ob es A oder B nehmen soll. Wenn's A nimmt, kriegt's 25 Cent. Aber keine Süßigkeiten. Wenn's B nimmt, kriegt's 15 Cent und ne Süßigkeit im Wert von 10 Cent. Die Entscheidungstheorie soll vorhersagen, was die Leute in solchen Situationen machen." Und dann hat der Typ gesagt, dass viele Sachen in der Wirtschaft, die sich mit Märkten und Politik beschäftigen, auf der Entscheidungstheorie basieren. Aber die Psychologen, die ja eigentlich am besten darin sein sollten, rauszufinden, wie Menschen Entscheidungen treffen, die interessieren sich nicht so für Wirtschaft.
Der Typ wollte aber nicht sagen, dass er oder seine Forschung irgendwas gegen die Wirtschaft hat. Er wollte nur, dass die Psychologen mal die Annahmen und Vorhersagen der Wirtschaftswissenschaftler überprüfen. Die Wirtschaftswissenschaftler gehen davon aus, dass Menschen "rational" sind. Was heißt das? Zumindest, dass die Leute wissen, was sie wollen. Wenn sie die Wahl haben, können sie die Sachen nach ihren Interessen ordnen. Wenn die zum Beispiel ne Speisekarte mit drei Getränken bekommen, dann mögen die Kaffee lieber als Tee, und Tee lieber als Kakao. Und dann sollten die auch Kaffee lieber als Kakao mögen. Das nennt man "Transitivität". Wenn die Leute ihre Vorlieben nicht so ordnen würden, dann würden die Märkte nicht funktionieren. Wenn jemand Kaffee lieber als Tee mag, und Tee lieber als Kakao, und dann aber Kakao anstatt Kaffee wählt, dann würde das ja nie aufhören. Weil die ja theoretisch jedes Mal Geld ausgeben müssen, um das Getränk zu tauschen. Von Kakao zu Tee, von Tee zu Kaffee. Die könnten sich ja nie entscheiden und würden sich