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Calculating...

Also, es geht heut' mal so ein bisschen um... ja, was wär eigentlich, wenn dein zehnjähriges Ich dich heute treffen würde? So ungefähr. Kennst du das? Diese Frage, was man eigentlich werden will, wenn man mal groß ist? Ich sag dann immer, ich will so werden wie der Hank.

Der Hank Behar, der wohnte früher, also als ich klein war, in der gleichen Gegend wie meine Eltern. Eigentlich ist er ganz normal, also jetzt nicht irgendwie superreich oder berühmt oder so. Aber das Ganze, wenn man's zusammennimmt, ist dann doch wieder ziemlich außergewöhnlich, irgendwie. Der war nämlich Drehbuchautor und Regisseur in Hollywood, und das merkt man ihm auch an, der hat echt 'nen guten Humor. Und er ist seit über 50 Jahren mit derselben Frau verheiratet, der Phyllis. Die war wohl mal 'ne Soap-Opera-Darstellerin, und er hat sie, wie er sagt, irgendwie dazu gebracht, mit ihm auszugehen. Die beiden haben drei Kinder, vier Enkel und zwei Urenkel. Und der Hank, der ist einfach 'n total lieber Mensch, immer für 'nen Witz zu haben. Trotz seines Alters ist er noch total aktiv, die beiden machen öfter mal 'nen spontanen Trip oder 'ne Kreuzfahrt.

Und dann, irgendwann, hat die Phyllis ihn mal gefragt, was er sich eigentlich zum 90. Geburtstag wünscht. Beide waren noch fit, und sie dachte, er will vielleicht 'nen schönen Urlaub oder so. Aber er meinte: "Ich wollte schon immer mal sehen, was die Genies in Harvard so treiben. Ich würde da gern mal 'nen Tag verbringen."

Also, meine Eltern haben das dann organisiert, mein Vater ist da Professor. Der Hank durfte dann wirklich einen Tag lang in Harvard Vorlesungen besuchen. Er ist dann ganz früh aufgestanden, hat sich schick angezogen und ist nach Cambridge gefahren.

Da saß er dann, dieser 90-jährige Mann, in der ersten Reihe in 'ner Astronomie-Vorlesung, zwischen lauter 18-jährigen Superhirnen. Er war ein Musterschüler, pünktlich, hat mitgeschrieben und sogar Fragen gestellt.

Allein das Bild ist ja schon total schön, oder? Aber die Geschichte ist mehr als nur 'ne nette Anekdote. Die zeigt nämlich, dass Neugierde total wichtig ist, um lange gesund und glücklich zu bleiben.

Neugier ist so die Basis für ein erfülltes Leben, für so eine Art mentalen Reichtum. Und das ist eigentlich auch unsere Grundeinstellung, damit werden wir ja geboren. Wenn man Kinder hat oder mit Kindern zu tun hat, dann weiß man ja, wie unbändige Neugier aussieht. Kinder sind von allem fasziniert, die staunen über die Welt. Und durch Neugier lernen wir ja auch, wie die Welt funktioniert, und bleiben am Leben.

Die Wissenschaft sagt das auch. Neugier ist total gesund. Das ist quasi der Jungbrunnen.

Eine Studie hat gezeigt, dass die Gehirnregionen, die bei Neugier aktiv sind, dazu beitragen, dass wir im Alter geistig und körperlich fit bleiben. Und Neugier macht uns auch glücklicher, zufriedener und weniger ängstlich. Wenn's 'ne Pille gegen Unzufriedenheit gäbe, die würde sich doch jeder kaufen, oder?

Also, Mental Wealth bedeutet, dass man diese Neugier, die man von Natur aus hat, fördert, dass man sucht, forscht, Fragen stellt und lernt. Dadurch findet man seine Bestimmung, gewinnt neue Erkenntnisse und wächst ein Leben lang. Und nimmt sich die Zeit, um nachzudenken, um zur Ruhe zu kommen, sich mit Fragen auseinanderzusetzen und neue Energie zu tanken.

Es ist schwer zu sagen, warum, aber wenn man das Leben mit so einer kindlichen Neugier angeht, dann passieren meistens gute Dinge. Im Job und privat.

Man sieht das ja überall:

Die angehenden Unternehmer, die ihre Ideen finden, indem sie neue Märkte und Geschäftsmodelle erkunden.

Die Rentner, die ihren Geist fit halten, indem sie neue Sprachen lernen.

Die Leute, die ihren Partner finden, weil sie auf Veranstaltungen gehen, die sie interessieren.

Die CEOs, die ihren Erfolg auf "Denktage" zurückführen, an denen sie über die größten Herausforderungen ihres Unternehmens nachdenken.

Eins ist klar: Wer neugierig ist, hat Glück.

Leider verkümmert diese Neugier, die man als Kind hat, im Laufe des Lebens immer mehr. Die Realität holt einen ein, man muss Geld verdienen, hat Stress, und die Neugier bleibt auf der Strecke.

Studien haben gezeigt, dass die Neugier und die Offenheit für neue Erfahrungen im Laufe des Lebens abnehmen. Das fängt schon im Jugendalter an und geht dann immer weiter. Einige Forscher meinen, dass das daran liegt, dass man mit dem Alter weniger Zeit hat. Man denkt, dass es sich nicht mehr lohnt, neugierig zu sein, weil man ja nicht mehr so lange davon profitiert.

Ich glaube aber, dass das eher 'n veralteter Überlebenstrieb ist. Als Kind braucht man Neugier, um die Welt kennenzulernen. Aber wenn man dann weiß, wie alles funktioniert, dann ist Neugier eher gefährlich, weil sie einen dazu bringt, sich außerhalb der sicheren Routine zu bewegen. Heutzutage müssen wir aber ja keine Angst mehr haben, von 'nem Löwen gefressen zu werden, wenn wir neugierig sind. Deswegen finde ich, dass uns mangelnde Neugier eher schadet als nützt.

Ein Leben ohne Neugier ist ein leeres Leben, ein Leben ohne Staunen.

Ein Freund hat mal gesagt: In jedem Achtzigjährigen steckt ein Zehnjähriger, der sich fragt: Was zur Hölle ist hier eigentlich passiert?

Das fängt aber schon viel früher an. In den Zwanzigern und Dreißigern, wenn man keine Hobbys mehr hat. In den Vierziger und Fünfzigern, wenn man aufhört, die Welt zu verstehen und sagt: "Das ist halt so." In den Sechzigern und Siebzigern, wenn man nichts Neues mehr lernen will, weil man keinen Sinn mehr darin sieht.

Die meisten Leute haben den Kontakt zu ihrem inneren Kind verloren, aber es ist nicht zu spät, ihn wiederzufinden.

Man kann sich ja mal in die Vergangenheit oder Zukunft versetzen. Stell dir mal vor, wie dein jüngeres Ich staunen würde, was du alles erreicht hast. Oder wie dein älteres Ich sich wünschen würde, wieder so zu sein, wie du jetzt bist.

Also, was würde dein zehnjähriges, neugieriges, verspieltes Ich dir heute sagen?

Wäre es begeistert von deiner Lebensfreude oder enttäuscht, dass du dich mit weniger zufriedengegeben hast, als du verdient hättest?

Wäre es beeindruckt von deiner Lernbereitschaft?

Wäre es erschrocken, wie wenig Zeit du für dich selbst hast?

Dein zehnjähriges Ich würde dich daran erinnern, neugierig zu bleiben und Spaß zu haben. Wenn das Leben dich dazu bringt, unneugierig zu werden, dann musst du kämpfen, um dein Staunen über die Welt zu bewahren.

Der Hank Behar wird bald 100. Zum 99. Geburtstag hat einer seiner Enkel 'nen kurzen Film über ihn gemacht und ihn nach seinen Geheimnissen für ein langes Leben gefragt. Zum Frühstück gibt's bei ihm Kaffee ohne Koffein mit Milch, Hering, Cheerios mit fettarmer Milch, Blaubeeren und 'ner Banane, zwei Cracker mit Marmelade und genau zehn Weintrauben. Und wenn seine Frau Phyllis ihm die Banane geschält hat, dann gibt's 'nen Kuss auf die Wange. Hank schaut in die Kamera und sagt: "Wie wird man 99? Man heiratet eine gute Frau." Und dann zeigt er sich in seinem Sessel mit der Zeitung in der Hand und sagt: "Ich lese jeden Tag die Zeitung. Ich will natürlich wissen, was los ist."

Ich hoffe, er hat noch viele Jahre vor sich, in denen er lernen kann. Und ich hoffe, dass seine Geschichte euch dazu inspiriert, den Kontakt zu eurem inneren Kind wiederzufinden. Ich glaube, es gibt viele Gründe, warum ich sage, dass ich mal so werden will wie der Hank, wenn ich groß bin. Aber der wichtigste ist:

Der Hank hat ein erfülltes Leben geführt, mit viel Mental Wealth. Ja genau.

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