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Also, ich erzähl euch mal was, ja? Und zwar geht's um... hach... um 'n Krater, ja? Aber nicht irgendeinen. Dieser Krater, der liegt nämlich... also, unter der Erde, versteht ihr? In Iowa.
Also, die Leute, die wussten schon lange, dass da irgendwas komisch ist mit dem Boden unter Manson, Iowa. Schon 1912, da hat so'n Typ, der 'nen Brunnen bohren wollte, um Wasser zu finden, der hat von total komischen Steinen berichtet, die er da rausgeholt hat. Irgendwie so geschmolzenes Zeug mit so Kristallbrocken drin, also echt merkwürdig. Und das Wasser war auch total komisch, irgendwie super weich, wie Regenwasser fast. Sowas gab's in Iowa vorher noch nie.
Und obwohl die Steine und das Wasser da so seltsam waren, hat's trotzdem 41 Jahre gedauert, bis dann mal 'ne Uni, die Iowa Universität, da 'n Team hingeschickt hat. Manson war damals, wie heute auch, nur so'n kleines Kaff mit ungefähr 2000 Leuten im Nordwesten von dem Staat. Und 1953, nachdem die dann da so'n paar Testbohrungen gemacht haben, waren sich die Geologen von der Uni einig, dass da wirklich irgendwas nicht stimmt, aber sie haben die komischen Steine dann halt so 'nem alten Vulkan zugeschrieben. Das war damals so die gängige Meinung, aber als geologische Erklärung war das halt totaler Quatsch, ne?
Das Ding, was da in Manson passiert ist, kam nämlich nicht von der Erde, sondern von... also, von mindestens 160 Millionen Kilometern weit weg. Irgendwann mal, vor langer, langer Zeit, als Manson noch an so 'ner Art flacher Küste lag, da ist 'n riesiger Stein, so zweieinhalb Kilometer breit und ungefähr 10 Milliarden Tonnen schwer, der ist dann... bumm... mit vielleicht 200-facher Schallgeschwindigkeit durch die Atmosphäre geflogen und hat die Erde getroffen. Und der Aufprall, der war so heftig und so plötzlich, das kann man sich kaum vorstellen. An der Stelle, wo heute Manson ist, da war dann plötzlich 'n Krater, fast fünf Kilometer tief und über 30 Kilometer breit. Und während das restliche Iowa überall so Kalkstein hat, der für hartes Mineralwasser sorgt, da ist der Kalkstein da einfach komplett weggepustet worden und durch total zerbeultes Gestein ersetzt worden. Und genau dieses Gestein, das hat diesen Brunnenbauer 1912 so verwirrt.
Dieser Manson-Einschlag, das ist das größte Ding, was jemals auf dem amerikanischen Festland passiert ist. Ehrlich. Der Krater, der ist so riesig, dass man bei gutem Wetter von einem Rand den anderen sehen könnte. Da wäre der Grand Canyon 'n Witz gegen. Nur blöd, dass 'n Eiszeitgletscher vor zweieinhalb Millionen Jahren den Manson-Krater komplett mit Geröll aufgefüllt und dann noch schön glatt geschliffen hat. Deswegen sieht Manson und die Gegend drumrum heute aus wie'n flacher Tisch. Und deswegen hat auch noch nie jemand von dem Manson-Krater gehört.
In der Bücherei in Manson, die zeigen einem gerne 'ne Sammlung von alten Zeitungsartikeln und 'ne Kiste mit Bohrkernproben aus den Bohrungen von 1991 und '92... naja, die holen die dann auf jeden Fall ganz schnell raus, aber man muss schon danach fragen. Irgendwelche Ausstellungen oder so gibt's da nicht und auch keine Schilder, die auf irgendwelche Geschichte hinweisen, nix.
Für die meisten Leute in Manson ist das größte Ereignis, was da jemals passiert ist, 'n Tornado 1979. Der hat die Hauptstraße total zerlegt. Aber 'n Vorteil hat das flache Land ja, die Gefahr sieht man schon von weitem. Also, die ganze Stadt ist an 'n Ende der Hauptstraße gegangen und hat 'ne halbe Stunde lang zugesehen, wie der Tornado auf sie zukommt und haben gehofft, dass er sich dreht. Hat er aber nicht. Und dann sind sie natürlich schnell weggerannt. Vier Leute waren leider nicht schnell genug, die sind dabei gestorben. Und heute, jedes Jahr im Juni, da feiern die Leute in Manson 'ne Woche lang das "Kraterfest". Das hat sich irgendwer ausgedacht, damit die Leute das blöde Jubiläum mal vergessen, aber mit dem Krater hat das eigentlich gar nix zu tun. Irgendwie hat noch keiner 'ne Idee gehabt, wie man diesen unsichtbaren Einschlag irgendwie nutzen könnte.
"Ab und zu kommt mal jemand vorbei und fragt, wo man denn den Krater sehen kann. Da müssen wir dann sagen, da gibt's nix zu sehen", hat mal die nette Bibliothekarin Anna Schlappkohl gesagt. "Dann sind die immer etwas enttäuscht und gehen wieder." Aber die meisten Leute, auch die aus Iowa selber, haben noch nie was von dem Manson-Krater gehört. Selbst Geologen finden den nicht so spannend. Aber in den 80ern, da war Manson plötzlich der heißeste Scheiß für die Geologen weltweit.
Die Geschichte fängt nämlich schon in den 50ern an. Da war so'n junger, ehrgeiziger Geologe namens Eugene Shoemaker, der hat den Meteor Crater in Arizona untersucht. Heute ist der Meteor Crater die bekannteste Einschlagstelle der Welt und 'n riesen Touristenziel. Aber damals kamen da noch nicht so viele Leute hin. Der Krater wurde oft noch Barringer Krater genannt, nach dem reichen Bergbauingenieur Daniel M. Barringer. Der hatte den nämlich 1903 gekauft, weil er dachte, der Krater wäre von 'nem 10 Millionen Tonnen schweren Meteoriten verursacht worden und da wäre jede Menge Eisen und Nickel drin. Und er war sich total sicher, dass er reich werden würde, wenn er das Zeug ausgräbt. Aber er hat nicht gewusst, dass der Meteorit bei dem Aufprall mit allem, was drin war, einfach verdampft. Und die nächsten 26 Jahre hat er dann da Löcher gebuddelt und 'ne Menge Geld verloren.
Also, die Forschung an dem Krater war damals, sagen wir mal, etwas einfacher. Der erste, der da geforscht hat, war G.K. Gilbert von der Columbia University. Der hat den Einschlag simuliert, indem er Murmeln in Töpfe mit Haferbrei geworfen hat. Keine Ahnung warum, aber diese Experimente hat er nicht im Labor der Uni gemacht, sondern in Hotelzimmern. Und irgendwie hat Gilbert daraus geschlossen, dass die Krater auf dem Mond wirklich durch Einschläge entstanden sind, was damals schon 'ne krasse Aussage war, aber die Krater auf der Erde nicht. Die meisten Wissenschaftler haben das nämlich komplett abgelehnt. Die meinten, die Krater auf dem Mond sind einfach nur alte Vulkane und sonst nix. Und die paar Krater, die es auf der Erde gab, die wurden dann halt irgendwie anders erklärt oder als Ausnahme abgetan.
Als Shoemaker dann da angefangen hat, den Krater zu untersuchen, da waren die meisten Leute der Meinung, dass der Krater durch 'ne Dampfexplosion unter der Erde entstanden ist. Shoemaker hatte keine Ahnung von Dampfexplosionen – weil es sowas ja gar nicht gibt – aber er kannte sich mit Explosionsgebieten aus. Nach dem Studium hat er nämlich die Explosionsgebiete auf der Nevada Test Site untersucht, wo Atomtests durchgeführt wurden. Und er ist zum gleichen Ergebnis gekommen wie Barringer vorher: Der Meteor Crater zeigt keine Anzeichen für Vulkanismus, aber dafür jede Menge andere Dinge – vor allem komische, kleine Silizium- und Magnetitkugeln – die darauf hindeuten, dass da irgendwas aus dem Weltall eingeschlagen ist. Und das hat ihn so fasziniert, dass er in seiner Freizeit angefangen hat, sich damit zu beschäftigen.
Shoemaker hat erst mit seiner Kollegin Eleanor Helin zusammengearbeitet und später dann mit seiner Frau Carolyn und seinem Assistenten David Levy. Die haben dann angefangen, den Himmel systematisch nach Objekten abzusuchen, die auf Kollisionskurs mit der Erde sind, vor allem Asteroiden.
"Am Anfang hat man vielleicht 10 von diesen Dingern bei der ganzen Himmelsbeobachtung gefunden", hat sich Shoemaker Jahre später in 'nem Fernsehinterview erinnert. "Die Astronomen im 20. Jahrhundert haben das Sonnensystem im Grunde aufgegeben", hat er dann noch gesagt. "Die haben sich lieber mit Sternen und Galaxien beschäftigt."
Shoemaker und seine Leute haben festgestellt, dass da draußen im Weltall viel mehr Gefahren lauern, als man gedacht hat – viel, viel mehr. Viele Leute wissen ja, dass Asteroiden so felsige Dinger sind, die sich zwischen Mars und Jupiter rumtreiben. Auf Bildern sehen die immer so aus, als ob die alle ganz eng zusammen sind, aber das Sonnensystem ist eigentlich riesig. So 'n Asteroid ist ungefähr eineinhalb Millionen Kilometer von seinem nächsten Nachbarn entfernt. Keiner weiß genau, wie viele Asteroiden da draußen rumfliegen, aber es sollen wohl mindestens 'ne Milliarde sein. Und man vermutet, dass die Asteroiden eigentlich Planeten hätten werden sollen, aber die Schwerkraft von Jupiter hat das verhindert.
Die ersten Asteroiden wurden Anfang des 19. Jahrhunderts entdeckt. Der erste Asteroid wurde am ersten Tag des Jahrhunderts von so'nem Sizilianer namens Giuseppe Piazzi entdeckt – die wurden dann erst für Planeten gehalten. Die ersten beiden Asteroiden wurden Ceres und Pallas genannt. Aber dann hat der Astronom Wilhelm Herschel irgendwie rausgefunden, dass die Dinger viel kleiner sind als Planeten. Er hat sie dann Asteroiden genannt – das kommt aus dem Lateinischen und bedeutet "sternartig" – was eigentlich doof ist, weil Asteroiden ja gar keine Sterne sind. Heutzutage nennt man die manchmal auch Planetoiden, was eigentlich besser passt.
Anfang des 19. Jahrhunderts war die Suche nach Asteroiden total angesagt. Bis zum Ende des Jahrhunderts kannte man dann ungefähr 1000 Asteroiden. Aber keiner hat die Dinger so richtig systematisch erfasst. Und Anfang des 20. Jahrhunderts war es dann oft schwierig zu sagen, ob 'n Asteroid neu ist oder ob der schon mal entdeckt wurde und dann wieder verschwunden ist. Und die Astrophysik war damals auch schon so weit, dass die wenigsten Astronomen ihre Zeit mit so normalen Dingern wie felsigen Planetoiden verschwenden wollten. Nur ein paar Leute haben sich noch für das Sonnensystem interessiert, zum Beispiel der niederländische Astronom Gerard Kuiper. Nach dem ist ja der Kuipergürtel benannt. Dank seiner Arbeit am McDonald Observatorium in Texas und später dann der Arbeit anderer Leute am Minor Planet Center in Cincinnati und am Spacewatch-Projekt in Arizona, da wurde dann 'ne lange Liste von verschollenen Asteroiden abgearbeitet. Und Ende des 20. Jahrhunderts gab's dann nur noch einen bekannten Asteroiden, der vermisst wurde – so'n Ding namens Albert (719). Der wurde das letzte Mal im Oktober 1911 gesehen und im Jahr 2000, nach 89 Jahren, wurde er dann endlich wiedergefunden.
Also, im 20. Jahrhundert wurde bei der Asteroiden-Forschung vor allem Statistik gemacht. Eigentlich erst in den letzten Jahren haben Astronomen angefangen, auch die anderen Asteroiden zu zählen und zu überwachen. Seit Juli 2001 sind 26.000 Asteroiden benannt und bestätigt worden – die Hälfte davon in den letzten zwei Jahren. Aber bei 'ner geschätzten Zahl von 'ner Milliarde Asteroiden, die man da noch zählen muss, ist die Statistik natürlich noch lange nicht fertig.
Irgendwie ist diese Arbeit aber auch nicht so wichtig. Wenn man 'n Asteroid zählt, dann wird der ja nicht sicherer. Selbst wenn man jeden Asteroiden im Sonnensystem benennt und seine Bahn kennt, kann man ja trotzdem nicht vorhersagen, ob irgendwelche Störungen dazu führen, dass der auf uns zurast. Man kann einfach nicht vorhersehen, was so'n Felsbrocken an der Erdoberfläche anrichten kann.
Stellt euch vor, die Umlaufbahn der Erde ist wie 'ne Straße, auf der nur wir mit unserem Auto fahren, aber auf der ständig Fußgänger über die Straße laufen, ohne vorher zu gucken. Mindestens 90 % der Fußgänger kennen wir nicht, wir wissen nicht, wo die wohnen, wann die unterwegs sind und wie oft die über die Straße laufen. Wir wissen nur, dass die irgendwann mal an irgendeiner Stelle über die Straße gehen, während wir da mit 100.000 Kilometern pro Stunde langrasen. Wie Steven Ostro vom Jet Propulsion Laboratory mal gesagt hat: "Wenn man 'n Scheinwerfer einschalten könnte, um alle Asteroiden zu beleuchten, die größer als 10 Meter sind und die Bahn der Erde kreuzen, dann würde man 'ne Milliarde von diesen Dingern am Himmel sehen." Also, dann sieht man nicht 2000 Sterne, die da funkeln, sondern 'ne Milliarde oder 'ne Billion von wild umherfliegenden Objekten – "die alle mit der Erde zusammenstoßen könnten und die alle mit unterschiedlicher Geschwindigkeit auf leicht unterschiedlichen Bahnen über den Himmel fliegen. Das ist echt beängstigend." Und dann solltet ihr auch Angst haben, weil die sind da draußen. Wir sehen die nur nicht.
Man schätzt – aber das ist nur 'ne Schätzung, die auf der Anzahl der Krater auf dem Mond beruht – dass ungefähr 2000 Asteroiden groß genug sind, um die Zivilisation zu gefährden und unsere Bahn kreuzen. Aber selbst 'n kleiner Asteroid – so groß wie 'n Haus – der kann schon 'ne Stadt zerstören. Es gibt bestimmt hunderttausende oder Millionen von kleineren Asteroiden, die die Bahn der Erde kreuzen und die fast unmöglich zu verfolgen sind.
Der erste Asteroid, der uns gefährlich werden könnte, wurde erst 1991 entdeckt. Und zwar erst, nachdem er schon vorbeigeflogen war. Der wurde dann 1991 BA genannt; der ist in 170.000 Kilometern Entfernung an der Erde vorbeigeschrammt – was im Weltall so viel ist wie 'ne Kugel, die durch unseren Ärmel fliegt, ohne den Arm zu berühren. Zwei Jahre später ist wieder 'n größerer Asteroid fast mit der Erde zusammengestoßen, nur 145.000 Kilometer Abstand – das war der knappste Vorbeiflug, der jemals aufgezeichnet wurde. Auch der wurde erst entdeckt, als er schon weg war. Tim Ferris hat mal im New Yorker geschrieben, dass solche Vorbeiflüge wahrscheinlich zwei oder drei Mal pro Woche passieren, ohne dass wir was davon merken.
Um 'n Objekt mit 'nem Durchmesser von 200 Metern zu entdecken, müsste man schon 'n paar Tage vorher mit 'nem Teleskop draufzielen, was eher unwahrscheinlich ist, weil es selbst heute noch nicht so viele Leute gibt, die nach solchen Objekten suchen. Man sagt immer, dass es auf der ganzen Welt weniger Leute gibt, die aktiv nach Asteroiden suchen, als in 'nem typischen McDonald's arbeiten. (Inzwischen sind's zwar etwas mehr, aber nicht viel.)
Während Eugene Shoemaker versucht hat, die Leute auf die Gefahren im Sonnensystem aufmerksam zu machen, da hat sich in Italien etwas ganz anderes angebahnt – was aber erst mal gar nix damit zu tun hatte. Anfang der 70er Jahre hat Walter Alvarez, 'n junger Geologe vom Lamont-Doherty Earth Observatory der Columbia University, in der Nähe der umbrischen Bergstadt Gubbio Feldforschung betrieben. Und da hat er sich plötzlich für 'ne dünne Schicht hellroten Tons interessiert. Diese Tonschicht trennte zwei Schichten von altem Kalkstein, eine aus der Kreidezeit und eine aus dem Tertiär. Das ist in der Geologie die KT-Grenze. Die markiert das plötzliche Verschwinden der Dinosaurier und von ungefähr der Hälfte aller anderen Tierarten aus den Fossilienaufzeichnungen vor 65 Millionen Jahren. Alvarez hat nicht ganz verstanden, wie so 'ne dünne Tonschicht, die nur 6 Millimeter dick war, so 'n dramatisches Ereignis in der Erdgeschichte erklären soll.
Damals war die gängige Meinung über das Aussterben der Dinosaurier die gleiche wie schon vor 'nem Jahrhundert zu Charles Lyells Zeiten – dass die Dinosaurier über Millionen von Jahren hinweg ausgestorben sind. Aber diese dünne Tonschicht deutete darauf hin, dass das zumindest in Umbrien ganz plötzlich passiert ist. Aber in den 70er Jahren hat halt keiner untersucht, wie lange es dauert, bis sich so 'ne Tonschicht bildet.
Normalerweise hätte sich Alvarez wahrscheinlich nicht weiter darum gekümmert. Aber zum Glück hatte er 'n guten Draht zu jemandem, der ihm da weiterhelfen konnte – nämlich zu seinem Vater Luis. Luis Alvarez war 'n berühmter Kernphysiker und hatte 10 Jahre vorher den Nobelpreis für Physik bekommen. Der fand es zwar immer doof, dass sein Sohn sich so für Steine interessiert hat, aber er fand die Sache interessant. Und da ist ihm plötzlich eingefallen, dass die Antwort vielleicht im Staub aus dem Weltall liegt.
Jedes Jahr sammelt die Erde ungefähr 30.000 Tonnen "Weltraumkügelchen" – also Weltraumstaub, um es mal klar zu sagen. Wenn man das alles auf 'nen Haufen kehren würde, wäre das zwar schon ganz schön viel, aber verteilt auf die ganze Erde ist das halt fast nix. Und in diesem Staub sind halt auch ein paar seltene Elemente, die es auf der Erde nicht so oft gibt. Zum Beispiel Iridium. Das Zeug gibt's im Weltall 100 Mal mehr als in der Erdkruste (weil das meiste Iridium sich bei der Entstehung der Erde wahrscheinlich im Erdkern abgesetzt hat).
Luis Alvarez wusste, dass es im Lawrence Berkeley National Laboratory in Kalifornien 'n Kollegen namens Frank Asaro gab, der 'ne Methode entwickelt hatte, mit der man die chemische Zusammensetzung von Ton genau bestimmen konnte: die Neutronenaktivierungsanalyse. Dabei wird die Probe in 'nem kleinen Atomreaktor mit Neutronen beschossen und dann die frei werdende Gammastrahlung genau gemessen. Das war 'ne total aufwendige Arbeit. Asaro hatte vorher mit der Methode ein paar Keramiken analysiert. Alvarez dachte, wenn sie den Anteil von so'nem seltenen Element in der Tonprobe seines Sohnes messen könnten und das dann mit der jährlichen Ablagerungsrate von dem Element vergleichen, dann könnten sie rausfinden, wie lange es gedauert hat, bis die Probe entstanden ist. Und eines Nachmittags im Oktober 1977 sind Luis und Walter Alvarez zu Asaro gegangen und haben gefragt, ob der für sie ein paar Tests machen kann.
Die Anfrage war schon etwas dreist. Die wollten, dass Asaro monatelang 'ne geologische Probe aufs Genaueste vermisst, nur um was zu bestätigen, was eigentlich von vornherein klar war – dass die Tonschicht wegen ihrer geringen Dicke in kurzer Zeit entstanden ist. Keiner hat da mit irgendeiner bahnbrechenden Entdeckung gerechnet.
"Ach, die waren so nett und überzeugend", hat sich Asaro 2002 in 'nem Interview erinnert. "Das schien 'ne interessante Herausforderung zu sein, also hab ich zugesagt. Aber ich hatte halt auch noch so viel anderes zu tun, deshalb hab ich erst nach acht Monaten damit angefangen." Dann hat er in seinen Notizen nachgeschaut: "Am 21. Juni 1978 um 13:45 Uhr haben wir 'ne Probe in den Detektor gelegt. Die Maschine lief 224 Minuten und wir haben gemerkt, dass da interessante Ergebnisse rauskommen, also haben wir die Maschine mal gestoppt, um nachzuschauen."
Die Ergebnisse waren so unerwartet, dass die drei Wissenschaftler erst mal dachten, die hätten sich geirrt. Die Alvarez-Probe hatte 300 Mal mehr Iridium als normal – viel mehr als erwartet. Und in den nächsten Monaten haben Asaro und seine Kollegin Helen Michel oft 30 Stunden am Stück gearbeitet ("Wenn man erst mal angefangen hat, kann man nicht mehr aufhören", hat Asaro erklärt), um die Proben zu analysieren und sind immer zum gleichen Ergebnis gekommen. Und die haben auch Proben von anderen Orten untersucht – aus Dänemark, Spanien, Frankreich, Neuseeland, der Antarktis. Das Ergebnis war, dass die Iridium-Ablagerung weltweit war und überall viel zu hoch, manchmal sogar 500 Mal höher als normal. Irgendwas muss da passiert sein, was plötzlich war, was wahrscheinlich katastrophal war, damit so 'ne krasse Isotopenspur entstehen konnte.
Nachdem die beiden Alvarez viel darüber nachgedacht hatten, sind sie zu dem Schluss gekommen, dass die logischste Erklärung – zumindest für sie – war, dass 'n Asteroid oder 'n Komet auf die Erde gestürzt ist.
Die Idee, dass die Erde manchmal von verheerenden Einschlägen getroffen wird, war aber gar nicht so neu, wie man heute vielleicht denken würde. Schon 1942 hatte der Astronom Ralph B. Baldwin von der Northwestern University in 'nem Artikel im Popular Astronomy Magazine auf diese Möglichkeit hingewiesen. (Der Artikel wurde in dem Magazin veröffentlicht, weil keine wissenschaftliche Zeitschrift das drucken wollte.) Und mindestens zwei andere Wissenschaftler – der Astronom Ernst Öpik und der Chemiker und Nobelpreisträger Harold Urey – hatten die Idee auch schon mal geäußert. Selbst in der Paläontologie gab's da schon Ideen. 1956 hat M.W. Laubenfels von der Oregon State University im Journal of Paleontology geschrieben, dass die Dinosaurier möglicherweise von 'nem tödlichen Einschlag aus dem Weltall betroffen waren, was eigentlich schon die Alvarez-Theorie vorweggenommen hat. Und 1970 hat der Präsident der Paleontological Society, Dewey J. McLaren, auf der Jahrestagung der Gesellschaft vorgeschlagen, dass Einschläge aus dem All die Ursache für das frühe "Frasnien-Aussterben" gewesen sein könnten.
Und um die Sache noch zu unterstreichen, da hat Hollywood 1979 'n Film namens Meteor gedreht (Er ist 8 Kilometer breit… er kommt mit 48.000 Kilometern pro Stunde… wir können uns nicht verstecken!). Mit Henry Fonda, Natalie Wood, Karl Malden und 'nem riesigen Felsbrocken.
Also, als die beiden Alvarez dann in der ersten Woche des Jahres 1980 auf 'ner Konferenz der American Association for the Advancement of Science verkündet haben, dass die Dinosaurier nicht über Millionen von Jahren hinweg ausgestorben sind, sondern durch 'n plötzliches, explosives Ereignis, da hätte sich ja eigentlich keiner mehr wundern sollen.
Aber die Leute waren total überrascht. Vor allem die Paläontologen fanden das totalen Blödsinn.
"Ach, man muss sich das mal vorstellen", hat Asaro sich erinnert. "Wir waren ja keine Experten auf dem Gebiet. Walter war Geologe und sein Spezialgebiet war Paläomagnetismus; Luis war Physiker; ich war Kernchemiker. Und jetzt kommen wir daher und sagen den Paläontologen, dass wir das Rätsel gelöst haben, an dem die schon seit über 'nem Jahrhundert rumknobeln. Da ist es ja kein Wunder, dass die uns nicht gleich geglaubt haben."
Luis Alvarez hat mal gewitzelt: "Wir haben ohne Lizenz Geologie betrieben und sind dabei erwischt worden."
Aber es gab auch noch tiefere Gründe, warum die Leute die Einschlagstheorie doof fanden. Seit Lyells Zeiten galt das Prinzip, dass die Prozesse auf der Erde langsam ablaufen, als Grundpfeiler der Naturgeschichte. Und in den 80er Jahren war der Katastrophismus halt total out. Für die meisten Geologen war die Idee von verheerenden Einschlägen, wie Eugene Shoemaker mal gesagt hat, "ein Verstoß gegen ihre wissenschaftlichen Dogmen".
Und es hat auch nicht geholfen, dass Luis Alvarez die Paläontologen und ihren Beitrag zur Wissenschaft offen verachtet hat. "Die sind eher wie Briefmarkensammler", hat er in 'nem Artikel in der New York Times geschrieben. Und das hat die Leute bis heute getroffen.
Die Gegner der Alvarez-Theorie hatten natürlich 'n paar andere Erklärungen für die Iridium-Ablagerung – zum Beispiel, dass die durch ständige Vulkanausbrüche in Indien entstanden ist, die sogenannten "Deccan-Trapps" ("Trapp" ist Schwedisch und bedeutet so viel wie Lava; "Deccan" ist die heutige Deccan-Halbinsel). Und die haben vor allem darauf bestanden, dass es in den Fossilienaufzeichnungen an der Iridium-Grenze keinen Beweis dafür gibt, dass die Dinosaurier plötzlich verschwunden sind. Charles Officer vom Dartmouth College war einer der größten Gegner. Der hat darauf bestanden, dass das Iridium durch Vulkanismus abgelagert wurde, obwohl er in 'nem Interview zugegeben hat, dass er dafür keine Beweise hat. Und selbst 1988, da waren über die Hälfte der amerikanischen Paläontologen, die befragt wurden, immer noch der Meinung, dass das Aussterben der Dinosaurier nix mit Asteroiden oder Kometeneinschlägen zu tun hat.
Und das, was die Gegner am meisten vermisst haben, war genau das, was die Alvarez-Theorie am besten hätte beweisen können: 'ne Einschlagstelle. Und da kam dann Eugene Shoemaker ins Spiel. Shoemaker kannte sich nämlich in Iowa aus – seine Schwiegertochter hat an der Iowa Universität unterrichtet – und er kannte auch den Manson-Krater durch seine Forschung. Und dank ihm haben dann alle auf Iowa geschaut. Geologie ist ja nicht überall gleich. Iowa ist 'n flacher Staat, wo die Gesteinsschichten nicht besonders auffällig sind. Deshalb ist die geologische Arbeit da oft relativ ruhig. Da gibt's keine hohen Berge oder Gletscher, keine großen Erdöl- oder Edelmetallvorkommen und keine Anzeichen für Lavaströme. Wenn man in Iowa als Geologe angestellt ist, dann besteht die Arbeit oft darin, die "Güllemanagementpläne" zu beurteilen, die die Schweinebauern regelmäßig abgeben müssen. In Iowa gibt's 15 Millionen Schweine, da fällt 'ne Menge Gülle an, die man irgendwie loswerden muss. Das soll jetzt keine Kritik sein – die Arbeit ist total wichtig, damit das Wasser in Iowa sauber bleibt. Aber selbst mit dem größten Willen kann man da halt nicht so einfach Lavabomben am Pinatubo besteigen oder Spalten im grönländischen Eisschild überwinden, um nach alten Quarzen zu suchen. Man kann sich also vorstellen, wie aufgeregt das Department of Natural Resources von Iowa war, als sich Mitte der 80er Jahre die Geologen aus der ganzen Welt für Manson und den Manson-Krater interessiert haben.
Das Trowbridge Building in Des Moines ist 'n rotes Backsteingebäude, was um die Jahrhundertwende gebaut wurde. Da ist das Department of Earth Sciences der Iowa Universität drin und da arbeiten auch die Geologen vom Iowa Department of Natural Resources in so 'ner Art Dachgeschoss. Keiner weiß mehr genau, wann und warum die Geologen des Staates in so 'ner akademischen Einrichtung untergebracht wurden. Die Büros sind total eng, die Decken sind niedrig und der Zugang ist schwierig. Wenn man da mitgenommen wird, muss man sich darauf einstellen, dass man über 'n Dachfirst geführt und dann durch 'n Fenster in 'n Büro gehievt wird.
Ray Anderson und Brian Witzke haben da gearbeitet und ihre Arbeitszeit inmitten von Zeitungen, Zeitschriften, Diagrammen und Gesteinsproben verbracht. (Geologen benutzen ja gerne Briefbeschwerer.) Wenn man da irgendwas suchte – 'n Ersatzstuhl, 'ne Kaffeetasse, 'n klingelndes Telefon – da musste man erst mal 'n paar Papierstapel wegräumen.
"Plötzlich waren wir mitten in 'ner riesigen Sache drin", hat sich Anderson erinnert und seine Augen haben geleuchtet, als ich ihn und Witzke an 'nem grauen Julimorgen in ihrem Büro getroffen habe. "Das war 'ne tolle Zeit."
Ich hab ihn nach Eugene Shoemaker gefragt. Shoemaker war wohl 'ne sehr angesehene Person. "Der war 'n toller Typ", hat Witzke ohne zu zögern gesagt. "Ohne ihn wäre die ganze Sache gar nicht zustande gekommen. Und selbst mit seiner Unterstützung hat's noch zwei Jahre gedauert, bis es losging. Die Bohrungen waren halt total teuer – damals hat's ungefähr 115 Dollar pro Meter gekostet, jetzt kostet's noch mehr – und wir mussten fast 1000 Meter tief bohren."
"Manchmal sogar noch tiefer", hat Anderson ergänzt.
"Manchmal noch tiefer", hat Witzke zugestimmt. "An ein paar Stellen. Da braucht man natürlich 'ne Menge Geld. Das hat unser Budget gesprengt."
Und dann haben der Iowa Geological Survey und der U.S. Geological Survey beschlossen, zusammenzuarbeiten.
"Zumindest dachten wir, dass es 'ne Zusammenarbeit ist", hat Anderson mit 'nem bitteren Lächeln gesagt.
"Eigentlich war das für uns 'ne Lehrstunde", hat Witzke gesagt. "Während der ganzen Zusammenarbeit gab's 'ne Menge Pseudowissenschaft – irgendwelche Leute haben schnell Schlüsse gezogen, die sich nicht immer bestätigt haben." Zum Beispiel auf der Jahrestagung der American Geophysical Union 1985, da haben Glen Izett und C.L. Pillmore vom U.S. Geological Survey verkündet, dass der Manson-Krater genau zur gleichen Zeit entstanden ist wie das Aussterben der Dinosaurier. Das hat die Presse total aufgeregt, war aber leider verfrüht. Wenn man sich die Daten mal genauer anschaut, dann ist der Manson-Krater nicht nur zu klein, sondern auch noch 9 Millionen Jahre zu alt.
Für die beiden war das 'n Rückschlag. Anderson und Witzke haben das erst auf 'ner Konferenz in South Dakota mitbekommen. Die Leute sind auf sie zugekommen und haben gesagt: "Wir haben gehört, ihr habt den Krater verloren." Izett und andere Wissenschaftler vom U.S. Geological Survey hatten gerade die überarbeiteten Zahlen veröffentlicht, aus denen hervorging, dass der Manson-Krater doch nicht für das Aussterben der Dinosaurier verantwortlich war. Das war für Anderson und Witzke 'ne Überraschung.
"Das war echt schockierend", hat sich Anderson erinnert. "Ich meine, wir hatten da was wirklich Wichtiges und dann war's plötzlich weg. Aber noch schlimmer war, dass wir gemerkt haben, dass die Leute, von denen wir dachten, dass sie mit uns zusammenarbeiten, es nicht mal für nötig gehalten haben, uns ihre neuen Ergebnisse mitzuteilen."
"Warum?"
Er hat mit den Schultern gezuckt: "Keine Ahnung. Auf jeden Fall haben wir da gelernt, dass Wissenschaft ganz schön dreckig sein kann, wenn man da irgendwie mitspielt."
Die Forschung hat sich dann woanders hingewendet. 1990 hat Alan Hildebrand von der University of Arizona 'nen Reporter vom Houston Chronicle getroffen. Der Reporter wusste zufällig von 'ner riesigen kreisförmigen Struktur, die unter der Halbinsel Yucatán liegt. Ungefähr 950 Kilometer südlich von New Orleans, in der Nähe von Progreso in Mexiko, unter Chicxulub. 193 Kilometer breit und 48 Kilometer tief. Die Struktur wurde 1952 von der mexikanischen Ölgesellschaft entdeckt – genau in dem Jahr, als Eugene Shoemaker zum ersten Mal den Meteor Crater in Arizona untersucht hat – aber die Geologen der Firma dachten, das wäre 'n Vulkan, ganz im Sinne der damaligen Denkweise. Hildebrand ist dann dahin gefahren und hat schnell festgestellt, dass die da den gesuchten Krater gefunden hatten. Anfang 1991 stand dann fest, dass das die Einschlagstelle ist und damit waren fast alle zufrieden.
Aber viele Leute haben immer noch nicht ganz verstanden, was so 'n Einschlag überhaupt anrichten kann. Stephen Jay Gould hat mal in 'nem Essay geschrieben: "Ich hatte anfangs immer noch Zweifel an der Macht solcher Ereignisse… wie kann 'n Objekt mit 'nem Durchmesser von nur 10 Kilometern so viel Schaden auf 'nem Planeten mit 'nem Durchmesser von 13.000 Kilometern anrichten?"
Und die Gelegenheit, die Theorie mal in der Praxis zu testen, hat sich dann schnell ergeben. Shoemaker und Levy haben den Kometen Shoemaker-Levy 9 entdeckt und dann schnell gemerkt, dass der auf den Jupiter zurast. Zum ersten Mal konnten die Menschen live 'nen Einschlag im Weltall beobachten – und dank des neuen Hubble-Weltraumteleskops auch noch ganz genau. Die meisten Astronomen waren nicht besonders optimistisch, vor allem weil der Komet kein kompakter Ball war, sondern 'ne Kette aus 21 Bruchstücken. "Ich denke", hat jemand geschrieben, "der Jupiter wird die Kometen einfach so verschlucken, ohne mit der Wimper zu zucken." 'Ne Woche vor dem Einschlag hat die Zeitschrift Nature 'n Artikel mit dem Titel "The Big Fizzle" veröffentlicht, in dem vorhergesagt wurde, dass der Einschlag nur 'ne Sternschnuppenschauer sein wird.
Der Einschlag hat am 16. Juli 1994 angefangen und 'ne Woche gedauert und war viel heftiger als erwartet – vielleicht mit Ausnahme von Eugene Shoemaker. Das Bruchstück "Nucleus G" hatte 'ne Sprengkraft von 6000 Gigatonnen – das ist das 75-fache der Sprengkraft aller Atomwaffen, die es heute gibt. Nucleus G war nur so groß wie 'n Hügel, aber der hat auf dem Jupiter 'ne Wunde hinterlassen, die so groß war wie die Erde. Das war für die Kritiker der Alvarez-Theorie 'n herber Schlag.
Luis Alvarez hat die Entdeckung des Chicxulub-Kraters oder den Einschlag des Kometen Shoemaker-Levy 9 gar nicht mehr erlebt. Der ist 1988 gestorben. Und Shoemaker ist auch zu früh gestorben. Am dritten Jahrestag des Jupiter-Einschlags sind er und seine Frau im australischen Outback ums Leben gekommen. Er ist jedes Jahr dahin gefahren, um nach Einschlagstellen zu suchen. Auf 'ner unbefestigten Straße in der Tanami-Wüste – einem der leersten Orte auf der Erde – sind die über 'ne Kuppe gefahren und genau auf der anderen Seite kam 'n Auto entgegen. Shoemaker war sofort tot, seine Frau wurde verletzt. Seine Asche wurde mit der Raumsonde Lunar Prospector auf den Mond gebracht, der Rest wurde in der Nähe vom Meteor Crater verstreut.
Der Krater von Anderson und Witzke ist zwar nicht mehr für das Aussterben der Dinosaurier verantwortlich. "Aber wir haben immer noch den größten und am besten erhaltenen Einschlagkrater auf dem amerikanischen Festland", hat Anderson gesagt. (Um den Manson-Krater an der Spitze zu halten, muss man bei der Formulierung etwas flexibel sein. Es gibt noch größere Krater – vor allem die Chesapeake Bay, die 1994 als Einschlagstelle identifiziert wurde – aber die liegen halt vor der Küste oder sind verformt.) "Der Chicxulub-Krater liegt zwei oder drei Kilometer tief im Kalkstein und größtenteils vor der Küste. Das macht die Forschung schwierig", hat Anderson gesagt. "Und der Manson-Krater ist halt gut zugänglich. Der liegt unter der Erde und ist relativ unberührt."
Ich hab die beiden gefragt, wie viel Vorwarnzeit wir hätten, wenn heute so 'n Felsbrocken auf uns zurasen würde.
"Oh, wahrscheinlich keine", hat Anderson locker gesagt. "Der wird erst heiß, wenn man ihn mit bloßem Auge sehen kann und der wird erst heiß, wenn er in die Atmosphäre eintritt. Und dann dauert's noch ungefähr 'ne Sekunde, bis der auf die Erde knallt. Der ist ja viel schneller als die schnellste Kugel. Wenn den keiner mit 'nem Teleskop entdeckt, und das ist halt nicht sicher, dann kommt der total überraschend."
Die Sprengkraft von so 'nem Ding hängt ja von vielen Faktoren ab – dem Winkel, in dem das Ding in die Atmosphäre eintritt, seiner Geschwindigkeit und Flugbahn, ob der frontal oder seitlich aufprallt und seiner Masse und Dichte. Aber was die Wissenschaftler machen können – und was Anderson und Witzke gemacht haben – ist, die Einschlagstelle zu vermessen und die freigesetzte Energie zu berechnen. Und anhand dieser Ergebnisse können die dann rekonstruieren, was damals passiert sein muss – oder was passieren würde, wenn das heute passieren würde.
Wenn 'n Asteroid oder 'n Komet mit kosmischer Geschwindigkeit in die Atmosphäre eintritt, dann ist der so schnell, dass die Luft nicht schnell genug ausweichen kann. Die Luft wird dann wie in 'ner Fahrradpumpe komprimiert. Und wer schon mal 'ne Fahrradpumpe benutzt hat, der weiß, dass die komprimierte Luft dann heiß wird. Die Temperatur kann auf 60.