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Calculating...

Also, da war doch was, ne? Kapitel 23... äh... "Die Erde bewegt sich", irgendwie so.

Also, da gab's diesen Albert Einstein, und der hat, glaub ich, 1955... nee, Datum is ja egal, ne? Jedenfalls hat er so ziemlich seine letzte Amtshandlung als Wissenschaftler gemacht, indem er ein Vorwort für ein Buch geschrieben hat. Und zwar für ein Buch von so 'nem Typen namens Charles Hapgood, Geologe, und das Buch hieß irgendwie "Die wandernde Erdkruste" oder so ähnlich.

Dieser Hapgood war total gegen diese Idee von wegen Kontinentaldrift. Der hat sich quasi lustig gemacht und gesagt: "Ja, es gibt ja ein paar leichtgläubige Leute, die meinen, 'Oh, die Kontinente passen ja so gut zusammen!'" So nach dem Motto, Südamerika und Afrika, und dann auch noch, dass die Gesteine auf beiden Seiten des Atlantiks total identisch wären. Ha!

Der Hapgood, der hat das alles abgetan, ne? Und gemeint, so K.E. Caster und J.C. Mendes, die hätten das alles untersucht und festgestellt, dass da gar keine Ähnlichkeiten wären. Wer weiß, wo die Herren da unterwegs waren, weil, äh, faktisch sind da ja schon ziemlich identische Gesteinsformationen. Komisch, ne?

Aber der Hapgood und viele andere Geologen damals, die wollten das einfach nicht hören.

Die Theorie, die der Hapgood da so bekämpft hat, die kam ursprünglich von so 'nem amerikanischen Hobbygeologen, Frank Bursley Taylor, schon 1908. Der war reich und unabhängig und konnte so forschen, wie er wollte. Und dem ist halt aufgefallen, dass Afrika und Südamerika so gut zusammenpassen. Daraus hat er dann die Idee entwickelt, dass die Kontinente mal so rumgerutscht sind. Und er hat sogar gesagt, dass die Gebirge entstanden sind, weil Kontinente zusammengekracht sind. War aber alles nicht so richtig belegt, und deswegen hat das keiner ernst genommen.

Aber in Deutschland, da gab's einen, der hat das ernst genommen: Alfred Wegener, Meteorologe aus Marburg. Der hat sich so komische Pflanzen und Fossilien angeschaut, die so gar nicht in die normale Erdgeschichte gepasst haben. Und der hat gemerkt, dass das alles keinen Sinn ergibt, wenn man das so normal erklärt. Da waren Fossilien auf beiden Seiten vom Ozean, wo die Tiere ja nie hätten hinkommen können. Und wie sind Beuteltiere von Südamerika nach Australien gekommen? Wieso gibt's die gleichen Schnecken in Skandinavien und Neuengland? Und wie erklärt man Kohleflöze und so subtropische Überreste in Spitzbergen, wenn die da nicht irgendwie hingewandert sind?

Und dann kam Wegener mit der Idee: Die Kontinente waren mal alle zusammen, so ein Superkontinent, den er "Pangäa" genannt hat. Und dann ist der auseinandergebrochen und die Kontinente sind dahin gedriftet, wo sie jetzt sind. Darüber hat er ein Buch geschrieben, "Die Entstehung der Kontinente und Ozeane", 1912 auf Deutsch, und dann, trotz erstem Weltkrieg, auch auf Englisch.

Wegen dem Krieg hat das erstmal keiner so richtig mitbekommen. Aber dann kam 'ne überarbeitete Version in den 20ern, und dann wurde es heiß diskutiert. Aber die meisten haben halt gedacht, die Kontinente bewegen sich nur hoch und runter, nicht seitwärts. Das hieß dann "Isostasie", und das war so'n Grundpfeiler der Geologie. Obwohl keiner erklären konnte, wie das eigentlich funktioniert. Da gab's sogar so 'ne Theorie mit der "Rosinenbombe", dass die Erde beim Abkühlen so geschrumpft ist wie 'ne Rosine und so die Meere und Berge entstanden sind.

Aber schon James Hutton hatte gesagt, dass die Erde dann irgendwann 'ne glatte Kugel wäre, weil die Erosion alles abtragen würde. Und dann haben Rutherford und Soddy Anfang des 20. Jahrhunderts festgestellt, dass die Erde total viel Wärme hat, also nix mit Abkühlen und Schrumpfen. Und außerdem wären die Berge dann ja überall gleich verteilt und gleich alt, was ja auch nicht stimmt. Es war also Zeit für 'ne neue Theorie. Aber die Geologen, die wollten das nicht von Alfred Wegener hören.

Erstens war seine Idee viel zu radikal und hat an ihren Grundfesten gerüttelt. Und zweitens war er ja gar kein Geologe! Der war Meteorologe! Ein Wetterfrosch! Das ging ja gar nicht.

Also haben die Geologen versucht, seine Beweise zu widerlegen und seine Ideen schlecht zu machen. Um die Fossilien zu erklären, haben sie einfach "Landbrücken" erfunden, überall da, wo sie die brauchten. Wenn man das gleiche Urpferd in Frankreich und Florida gefunden hat, dann gab's halt 'ne Landbrücke über den Atlantik. Und wenn's Tapire in Südamerika und Südostasien gab, dann halt da auch. Irgendwann war die Karte voll mit diesen Landbrücken, die einfach so aufgetaucht und wieder verschwunden sind. Natürlich ohne jeden Beweis. Totaler Quatsch eigentlich.

Aber das war halt die nächsten 50 Jahre die offizielle Meinung in der Geologie.

Manche Sachen konnte man aber auch mit Landbrücken nicht erklären. Da gab's so Trilobiten, die gab's in Europa und in Neufundland, aber nur auf einer Seite der Insel. Wie sollen die über 3000 Kilometer Ozean kommen, aber nicht um die 300 Kilometer Insel herum? Und dann gab's noch Trilobiten, die gab's in Europa und im pazifischen Nordwesten der USA, aber nirgends dazwischen. Da bräuchte man ja eher 'ne Autobahnbrücke! Aber selbst 1964 stand im Brockhaus noch, dass Wegeners Theorie "viele schwerwiegende theoretische Probleme" hat.

Klar, Wegener hat auch Fehler gemacht. Der hat gesagt, Grönland driftet mit 1,6 Kilometern pro Jahr nach Westen, was totaler Blödsinn war (eher so 1 Zentimeter). Und vor allem konnte er nicht erklären, wie die Kontinente sich überhaupt bewegen sollen. Man hätte ja denken müssen, die pflügen irgendwie durch die feste Erdkruste, ohne Spuren zu hinterlassen. Keiner wusste, welche Kraft das sein sollte.

Aber dann kam Arthur Holmes, ein britischer Geologe, der schon viel zur Altersbestimmung der Erde beigetragen hatte. Der hatte die Idee, dass es im Erdinneren Konvektionsströme gibt, wegen der Wärme aus dem Erdinneren. Und die könnten stark genug sein, um die Kontinente zu bewegen. Das hat er schon 1944 in seinem Lehrbuch "Principles of Physical Geology" geschrieben. Viele seiner Ideen sind heute noch aktuell. Aber damals war das immer noch sehr radikal und wurde kritisiert, besonders in den USA. Die Amerikaner haben sich lange gegen die Drift gewehrt. Einer hat sogar gesagt, Holmes' Argumente wären so klar und überzeugend, dass die Studenten das am Ende noch glauben würden! War nicht ironisch gemeint.

Aber woanders wurde die neue Theorie schon vorsichtig unterstützt. 1950 hat die British Association for the Advancement of Science abgestimmt, und die Hälfte der Mitglieder war jetzt für die Kontinentaldrift. (Hapgood hat das dann als Beweis dafür benutzt, dass die britischen Geologen total auf dem Holzweg sind.) Interessanterweise war Holmes selbst manchmal unsicher. 1953 hat er gesagt: "Ich habe nie ein unbehagliches Gefühl gegenüber der Kontinentaldrift ablegen können; im Herzen fühle ich mich, mit Verlaub, so, als wäre die Hypothese absurd."

In den USA gab's aber auch Befürworter, z.B. Reginald Daly von Harvard. Aber der war ja auch der, der die Theorie mit dem Mond durch 'nen Einschlag hatte. Der wurde halt als so 'n bisschen schrill abgestempelt, aber nicht ernst genommen. Die meisten amerikanischen Wissenschaftler haben also weiter gesagt, die Kontinente waren schon immer da, wo sie sind, und alles andere ist nur seitliche Verschiebung.

Interessanterweise wussten die Geologen von den Ölfirmen schon lange, dass man die Plattenverschiebung berücksichtigen muss, um Öl zu finden. Aber die haben ja keine wissenschaftlichen Arbeiten geschrieben, die haben nur Öl gesucht.

Und dann gab's da noch das Problem mit den Sedimenten. Wo sind die ganzen Sedimente hin? Die Flüsse spülen ja jedes Jahr riesige Mengen an Material ins Meer. Wenn man das hochrechnet, müsste der Meeresboden 20 Kilometer dick mit Sedimenten bedeckt sein, oder anders gesagt, der Meeresboden müsste längst über dem Meeresspiegel liegen. Die Wissenschaftler haben das Problem einfach ignoriert. Aber irgendwann ging das nicht mehr.

Im Zweiten Weltkrieg war Harry Hess, Mineraloge aus Princeton, Kapitän von so 'nem Angriffsschiff. Das hatte so 'n neues Echolot an Bord, um das Anlanden zu erleichtern. Aber Hess hat gemerkt, dass man das auch für wissenschaftliche Zwecke nutzen kann, und hat das Ding immer angelassen, auch mitten im Krieg. Und was er da gefunden hat, war total überraschend. Wenn der Meeresboden so alt wäre, wie alle dachten, dann müsste da 'ne dicke Schicht Sedimente sein, wie im Flussbett. Aber Hess hat nur so 'ne dünne Schicht schleimigen Schlamm gefunden. Dafür gab's da überall Klippen, Gräben, Spalten und Vulkane, sogenannte "Guyots", benannt nach 'nem Geologen aus Princeton. War alles total rätselhaft, aber Hess musste ja Krieg führen und hat das erstmal vergessen.

Nach dem Krieg ist Hess zurück nach Princeton und hat unterrichtet. Aber das Rätsel vom Meeresboden hat ihn nicht losgelassen. Und in den 50ern haben die Ozeanographen den Meeresboden immer genauer untersucht. Und da haben sie was noch viel Unglaublicheres gefunden: das größte Gebirge der Erde, und zwar unter Wasser. Das zieht sich wie so 'ne Naht über den ganzen Meeresboden. Wenn man von Island nach Süden fährt, kommt man mitten im Atlantik an, dann um Afrika rum, durch den Indischen Ozean, über den Südpazifik, unter Australien durch, und dann quer durch den Pazifik zur Westküste von Nordamerika. Manchmal gucken die Gipfel raus und bilden Inseln, wie die Azoren oder Hawaii. Aber das meiste ist kilometerweit unter Wasser. Insgesamt ist das Gebirge 75.000 Kilometer lang.

Das wusste man lange nicht so genau. Schon im 19. Jahrhundert haben die Leute, die die Seekabel verlegt haben, gemerkt, dass da mitten im Atlantik ein Gebirge ist, aber keiner wusste, wie riesig das ist. Und das Gebirge ist total zerklüftet. Mitten im Atlantik ist da so 'ne Schlucht, 20 Kilometer breit und 19.000 Kilometer lang. Das sah so aus, als würde die Erde da auseinanderbrechen. Total verrückt, aber es war nicht zu übersehen.

Und dann hat man 1960 festgestellt, dass das Gebirge mitten im Atlantik relativ jung ist, aber je weiter man davon wegkommt, desto älter wird der Meeresboden. Und da hat Hess gedacht: Das kann ja nur bedeuten, dass da in der Mitte neuer Meeresboden entsteht und dann nach außen gedrückt wird. Der Atlantikboden ist also wie so 'n riesiges Fließband, das den Meeresboden nach Nordamerika und Europa transportiert. Das nannte man dann "Sea floor spreading", also "Meeresboden-Ausdehnung".

Und wenn der Meeresboden dann an den Kontinenten ankommt, dann taucht der wieder ab ins Erdinnere. Das nennt man "Subduktion". Und das erklärt auch, wo die ganzen Sedimente hin sind. Die verschwinden einfach wieder im Erdinneren. Und das erklärt auch, warum der Meeresboden so jung ist. Der ist höchstens 175 Millionen Jahre alt. Das ist rätselhaft, weil die Kontinente ja Milliarden Jahre alt sind. Jetzt wusste Hess endlich, dass der Meeresboden nur so lange existiert, bis er an den Kontinenten ankommt.

Das war 'ne tolle Theorie und hat vieles erklärt. Hess hat das in 'ner wichtigen Arbeit beschrieben. Aber die hat erstmal keiner so richtig beachtet. Manchmal ist die Welt einfach noch nicht bereit für gute Ideen.

Gleichzeitig haben zwei andere Forscher unabhängig voneinander an so 'ner interessanten Sache aus der Erdgeschichte gearbeitet. 1906 hat der französische Physiker Bernard Brunhes entdeckt, dass sich das Magnetfeld der Erde ab und zu umkehrt. Und das wird in manchen Gesteinen gespeichert. Die kleinen Eisenpartikel in den Gesteinen richten sich nach dem Magnetfeld aus, wenn das Gestein entsteht, und dann bleibt das so. Die Gesteine "erinnern" sich also an das Magnetfeld. Das fand man erstmal nur interessant. Aber in den 50ern haben Patrick Blackett und S.K. Runcorn in London die alten Magnetfelder in britischen Gesteinen untersucht und festgestellt, dass sich Großbritannien irgendwann mal gedreht und nach Norden verschoben hat, als ob es sich losgerissen hätte. Und wenn man die Magnetfeldmuster von Europa und Nordamerika aus der gleichen Zeit übereinanderlegt, dann passen die perfekt zusammen, wie so 'n zerrissener Brief. Ziemlich komisch, oder? Aber auch das hat erstmal keiner beachtet.

Und dann kamen zwei von der Cambridge University, die das alles zusammengebracht haben. Der Geologe Drummond Matthews und sein Student Fred Vine. Die haben die Magnetfelder auf dem Atlantikboden untersucht und festgestellt, dass der Meeresboden sich genau so ausdehnt, wie Hess gesagt hat, und dass sich die Kontinente bewegen. Der kanadische Geologe Lawrence Morley hatte dummerweise die gleiche Idee, aber keiner wollte seine Arbeit veröffentlichen. Der Redakteur vom "Journal of Geophysical Research" hat gesagt: "Das ist ja ganz nett für 'ne Cocktailparty, aber nicht für 'ne seriöse wissenschaftliche Zeitschrift." Das ist so 'n berühmtes Beispiel dafür, wie man jemanden ignoriert. Ein Geologe hat das später als "die wahrscheinlich wichtigste geowissenschaftliche Arbeit, die je abgelehnt wurde" bezeichnet.

Jedenfalls war dann endlich die Zeit reif für die Theorie von der wandernden Erdkruste. 1964 gab's so 'n Kongress in London, wo die wichtigsten Leute aus dem Bereich waren. Und plötzlich haben alle ihre Meinung geändert. Alle waren sich einig, dass die Erde wie so 'n Mosaik aus zusammenhängenden Teilen ist. Und dass die sich gegenseitig verschieben und so viele Phänomene auf der Erde erklären.

"Kontinentaldrift" hat man dann nicht mehr gesagt, weil ja nicht nur die Kontinente wandern, sondern die ganze Erdkruste. Aber es hat noch gedauert, bis man 'nen Namen für diese Teile gefunden hat. Zuerst hat man die "Erdkrusten-Bausteine" oder "Pflastersteine" genannt. Aber Ende 1968 haben drei amerikanische Seismologen 'ne Arbeit im "Journal of Geophysical Research" veröffentlicht, und da haben die Teile dann ihren Namen bekommen: "Platten". Und die neue Theorie hieß dann "Plattentektonik".

Alte Ideen sterben langsam, und nicht alle haben die neue Theorie sofort akzeptiert. Selbst in den 70ern hat Harold Jeffreys, so 'n angesehener Geologe, in seinem Lehrbuch immer noch behauptet, die Plattentektonik wäre physikalisch unmöglich. Und die Konvektionstheorie und die Meeresboden-Ausdehnung hat er auch nicht akzeptiert. 1980 hat John McPhee in seinem Buch "Oceans and Mountains" geschrieben, dass selbst da noch jeder achte amerikanische Geologe nicht an die Plattentektonik glaubt.

Heute wissen wir, dass die Erdoberfläche aus 8 bis 12 großen Platten besteht, je nachdem, wie man das definiert. Und die bewegen sich alle unterschiedlich schnell und in unterschiedliche Richtungen. Manche Platten sind groß und ruhig, manche sind klein und aktiv. Die Platten haben nur indirekt was mit den Kontinenten zu tun. Die nordamerikanische Platte ist z.B. viel größer als der Kontinent. Die zieht sich an der Westküste entlang, aber hat mit der Ostküste gar nichts zu tun, sondern geht über den Atlantik bis zum Mittelatlantischen Rücken. Island ist mitten durchgeschnitten, eine Hälfte gehört zu Amerika, die andere zu Europa. Und Neuseeland gehört zur indischen Platte, obwohl das Land weit weg vom Indischen Ozean ist. So ist das bei den meisten Platten.

Man hat festgestellt, dass die Beziehungen zwischen den heutigen und den alten Landmassen viel komplizierter sind, als man dachte. Kasachstan war mal mit Norwegen und Neuengland verbunden. 'Ne Ecke von Staten Island gehört eigentlich zu Europa. Teile von Neufundland auch. Wenn man in Massachusetts 'nen Stein aufhebt, dann sind seine nächsten Verwandten jetzt in Afrika. Die schottischen Highlands und viele Teile von Skandinavien gehören zum Teil zu Amerika. Und man glaubt, dass Teile des Shackleton-Gebirges in der Antarktis mal zu den Appalachen in den USA gehört haben. Also, die Steine kommen schon rum.

Und weil sich die Platten ständig bewegen, bleiben die nicht an einem Ort. Wenn alles so weitergeht wie bisher, wird der Atlantik irgendwann viel größer sein als der Pazifik. Kalifornien wird sich vom Festland abspalten und so 'n Inselstaat im Pazifik werden, wie Madagaskar. Afrika wird sich nach Norden schieben und das Mittelmeer verschwinden lassen, und zwischen Paris und Kalkutta wird sich dann so 'n Himalaya-Gebirge bilden. Und Österreich wird mit den Inseln im Norden verbunden sein und über 'ne schmale Landenge nach Asien gucken. Das ist alles Zukunft, aber es passiert jetzt schon. Während wir hier sitzen, driften die Kontinente, wie so 'n Blatt auf dem Teich. Dank GPS können wir sehen, dass Europa und Nordamerika sich langsam voneinander entfernen, so schnell wie Fingernägel wachsen, also ungefähr zwei Meter pro Menschenleben. Wenn man lange genug wartet, könnte man von Los Angeles nach San Francisco laufen. Aber dafür leben wir einfach nicht lange genug. Wenn man sich 'nen Globus anschaut, dann ist das eigentlich nur 'ne Momentaufnahme, wie die Kontinente gerade aussehen, für 'n winzigen Augenblick in der Erdgeschichte.

Von allen Gesteinsplaneten hat nur die Erde Platten. Warum, das ist so 'n bisschen rätselhaft. Das liegt nicht nur an Größe oder Dichte, Venus ist ja fast 'ne Schwester von der Erde, aber die hat keine Plattentektonik. Man glaubt, wirklich nur glaubt, dass die Platten so 'n wichtiger Teil vom Ökosystem Erde sind. Wie James Trefil, so 'n Physiker und Autor, gesagt hat: "Es ist schwer vorstellbar, dass die Bewegung der tektonischen Platten keinen Einfluss auf die Entwicklung des Lebens auf der Erde hat." Er meint, die Herausforderungen durch die Plattentektonik, wie z.B. Klimaveränderungen, haben den Fortschritt des Wissens gefördert. Und andere glauben, dass die Kontinentaldrift zumindest für manche Artensterben verantwortlich ist. 2002 hat Tony Dickson von der Cambridge University in "Science" 'nen Artikel geschrieben, wo er meint, die Geschichte der Gesteine und die Geschichte des Lebens sind vielleicht miteinander verbunden. Dickson hat festgestellt, dass sich die chemische Zusammensetzung der Weltmeere in den letzten 5 Milliarden Jahren immer wieder plötzlich und dramatisch verändert hat. Und diese Veränderungen hängen oft mit wichtigen Ereignissen in der Geschichte des Lebens zusammen, z.B. dem plötzlichen Auftauchen von Mikroorganismen, die später die Kreidefelsen an der Südküste von England gebildet haben, oder der plötzlichen Zunahme von Schalentieren im Kambrium. Keiner weiß genau, warum sich die chemische Zusammensetzung der Meere immer wieder so plötzlich ändert. Aber die Öffnung und Schließung von Meeresrücken könnte 'ne Rolle spielen.

Jedenfalls erklärt die Plattentektonik nicht nur die Dynamik der Erdoberfläche, z.B. wie das Urpferd von Frankreich nach Florida gekommen ist, sondern auch viele Vorgänge im Erdinneren. Erdbeben, die Entstehung von Inselgruppen, der Kohlenstoffkreislauf, die Lage der Gebirge, Eiszeiten, der Ursprung des Lebens selbst, fast alles wird von dieser tollen neuen Theorie beeinflusst. McPhee hat gesagt, die Geologen wären total überwältigt, "plötzlich ergibt die ganze Erde Sinn".

Aber auch nur bis zu 'nem gewissen Grad. Die Kontinentverteilung in der Vergangenheit ist nicht so gut geklärt, wie viele Leute denken. Klar, in den Lehrbüchern stehen die alten Landmassen, Laurasia, Gondwana, Rodinia, Pangäa, aber die basieren manchmal auf Annahmen, die nicht ganz stimmen. George Gaylord Simpson hat in "Fossils and the History of Life" geschrieben, dass viele Tiere und Pflanzen in der Vergangenheit da waren, wo sie nicht hätten sein sollen, und da nicht waren, wo sie hätten sein sollen.

Gondwana war mal 'ne riesige Landmasse, die Australien, Afrika, die Antarktis und Südamerika verbunden hat. Die Grenzen hat man vor allem anhand von so 'ner alten Pflanze namens Glossopteris bestimmt. Die gab's da überall. Aber später hat man Glossopteris auch woanders gefunden, wo es gar nicht zu Gondwana gehörte. Dieses Problem wurde und wird größtenteils ignoriert. Genauso gab's so 'n Reptil namens Lystrosaurus, das im gleichen Zeitraum in der Antarktis und in Asien gefunden wurde, obwohl die beiden Kontinente damals gar nicht verbunden waren.

Und es gibt auch viele Oberflächenmerkmale, die die Plattentektonik nicht erklären kann. Denver in Colorado z.B. liegt 1500 Meter hoch, aber das ist erst seit kurzem so. Zu Zeiten der Dinosaurier war Denver Teil des Meeresbodens, kilometerweit unter Wasser. Aber die Gesteine unter Denver sind nicht abgenutzt oder verformt. Wenn Denver von zusammenstoßenden Platten hochgedrückt worden wäre, dann wäre das anders. Und außerdem liegt Denver weit weg von den Plattenrändern, die können da gar keinen Einfluss haben. Das ist so, als ob man an 'nem Teppich zieht und hofft, dass sich am anderen Ende 'ne Falte bildet. Denver steigt seit Millionen von Jahren geheimnisvoll an, wie so 'n Hefekuchen. Im südlichen Afrika gibt's auch so 'ne Region, 1600 Kilometer breit, die sich in 10 Millionen Jahren 1,5 Kilometer angehoben hat, ohne dass da irgendwelche tektonischen Aktivitäten bekannt wären. Und Australien neigt sich langsam abwärts. In den letzten 10 Millionen Jahren ist Australien nach Norden nach Asien gedriftet, aber gleichzeitig ist der Hauptteil des Landes um fast 200 Meter abgesunken. Es sieht so aus, als ob Indonesien langsam im Wasser verschwindet und Australien mit runterzieht. Die Plattentektonik kann das alles nicht erklären.

Alfred Wegener hat nicht mehr erlebt, dass seine Ideen richtig waren. 1930 ist er an seinem 50. Geburtstag allein auf Expedition nach Grönland aufgebrochen, um die abgeworfenen Vorräte zu überprüfen. Er ist nie zurückgekommen. Ein paar Tage später hat man ihn erfroren im Eis gefunden. Da liegt er begraben, und da liegt er immer noch, nur dass er jetzt ungefähr einen Meter näher an Nordamerika dran ist, als an dem Tag, als er gestorben ist.

Und Einstein hat auch nicht mehr erlebt, dass er die falsche Seite unterstützt hat. Er ist 1955 in Princeton, New Jersey gestorben, lange bevor Charles Hapgood seine "blödsinnige" Theorie über die Kontinentaldrift veröffentlicht hat.

Harry Hess, einer der wichtigsten Köpfe hinter der Plattentektonik, war damals auch in Princeton und hat dort sein restliches Leben verbracht. Einer seiner Studenten war so 'n kluger junger Mann namens Walter Alvarez, der die Wissenschaft noch mal ganz anders verändern sollte.

Und die Geologie selbst, die große Revolution hatte gerade erst begonnen, und der junge Alvarez hat seinen Teil dazu beigetragen.

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