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Calculating...

Okay, los geht's... Also, es geht ja um so eine Art "Hollow Corporation", oder? Eine ausgehöhlte Firma, könnte man sagen. Das ist eigentlich gar nicht so neu, ne? Früher, so wie Henry Ford, der wollte ja alles selber machen, von A bis Z. Rohstoffe rein, Autos raus, fertig. Der hatte sogar versucht, in Brasilien Kautschuk anzubauen, Fordlandia hieß das, total gescheitert, aber trotzdem... Der wollte die volle Kontrolle. Und William Morris, der Autobauer in England, war auch so drauf. Da hat mal einer gescherzt, dass Morris Motors alles selbst herstellt, außer der Bedienungsanleitung. Und was ist? Die hatten extra eine eigene Firma gegründet, Nuffield Press, nur für die Bedienungsanleitung! Unglaublich, oder?

Aber dann kam General Motors, GM, und der Sloan, der hatte da einen anderen Ansatz. Der war für mehr Dezentralisierung. Deswegen ist auch die Übernahme von Fisher Body durch GM so eine große Sache geworden. Fisher Body, die haben Karosserieteile hergestellt, und GM hat die dann halt gekauft. Das war 1926, und seitdem gibt's da unzählige wissenschaftliche Arbeiten drüber. Ich meine, da gab's sogar mal eine Konferenz, wo einer gesagt hat: "Bitte, keine Arbeiten mehr über Fisher Body und GM!" Und der Coase, ein Wirtschaftsnobelpreisträger, der hat dann geantwortet: "Sorry, genau das ist mein nächstes Thema!" Krass, oder?

Der Coase hatte sich übrigens erst nicht getraut, das mit Fisher Body in seiner berühmten Arbeit von 1937 zu erwähnen, weil A. O. Smith, die Fahrgestelle hergestellt haben, die waren unabhängig geblieben. Smith war in Milwaukee, weit weg von GM, während Fisher extra ein Werk in Detroit gebaut hat, um nah an GM zu sein. Zwei ähnliche Fälle, aber einmal war's ein Vertrag, und einmal war's halt eine Hierarchie.

Und selbst der Ford, trotz seiner Kontrollsucht, der hat die Karosserien für den T-Ford von Briggs gekauft, einer Firma in Detroit, die auch andere beliefert hat. Als Ford dann ein Werk in England aufgemacht hat, ist Briggs einfach mitgezogen. Und als die Arbeiter bei Keim Mills, einer Firma die Ford gekauft hatte, um Achsgehäuse zu machen, gestreikt haben, hat Ford einfach die Maschinen und die Führungskräfte nach Detroit verfrachtet und das Werk dichtgemacht. Ziemlich hart, oder?

Ja, und dann kommt diese Frage: "Make or buy?" Also, selber machen oder zukaufen? Das ist für Unternehmen seit Jahrzehnten eine total wichtige Frage. Früher war man eher so wie Ford und Morris, alles kontrollieren. Aber dann kam die "Hollow Corporation", die ausgehöhlte Firma. Das Konzept hat, glaube ich, so in den 80ern angefangen, da hat ein Journalist, Norman Jonas, darüber geschrieben, dass Firmen immer mehr auslagern, an unabhängige Spezialisten. Und das ist ja immer weitergegangen. Und politisch ist das ja auch eine Riesenfrage: Hat das Outsourcing westlichen Volkswirtschaften geschadet?

Klar, Produktionslinien wie früher gibt's immer noch, aber eher in Mexiko oder Asien. Komischerweise beschreibt die traditionelle kapitalistische Rhetorik heute eher die Zustände im angeblich kommunistischen China als im angeblich kapitalistischen Amerika.

Man denke nur mal an das Unglück in der Tazreen Fashions Fabrik in Bangladesch. Da gab es keine Notausgänge, die Tore waren verschlossen, über hundert Menschen sind gestorben. Und Bangladesch ist ein großer Exporteur von Kleidung, hergestellt in solchen Fabriken, oft von jungen Frauen, die vom Land in die Stadt kommen, um ein bisschen mehr Geld zu verdienen. Die bangladeschische industrielle Revolution steckt noch in den Kinderschuhen, und das merkt man halt auch an den Arbeitsbedingungen. Geschichte wiederholt sich nicht eins zu eins, aber sie reimt sich halt, ne?

Dann gab es in den 90ern Bücher und Artikel von Thomas Friedman, der so eine Art Prophet der Globalisierung war. Der hat gesagt, die Welt ist flach, alles ist vernetzt. Und Nike, der Sportartikelhersteller, der ist ja so ein Paradebeispiel für die "Hollow Corporation". Die stellen selber gar nichts her, alles wird in Asien produziert. Sogar das Design vom Nike-Logo haben die ausgelagert, für schlappe 35 Dollar!

Der Friedman hatte dann auch so Theorien aufgestellt, die Dell-Theorie, dass integrierte Lieferketten Kriege verhindern, oder die Golden-Arches-Theorie, dass Länder mit McDonalds nicht gegeneinander Krieg führen. Die Theorie hat sich mit dem Ukraine-Krieg dann aber erledigt.

Klar, es gibt Kritik am Outsourcing, vor allem weil dadurch Arbeitsplätze in Europa und den USA verloren gehen. Aber es gibt auch Kritik an den Bedingungen in den Ländern, wo produziert wird. Die Löhne und Arbeitsbedingungen in Bangladesch sind halt weit unter dem, was bei uns akzeptabel wäre. Aktivisten versuchen, da was zu verbessern, aber das ist natürlich schwierig. Viele Menschen in Bangladesch leben in Armut, und der Kauf eines T-Shirts dort ist halt nicht die Ursache für die Armut, sondern eher eine Chance, ihr zu entkommen. Wenn man jetzt aus schlechtem Gewissen nichts mehr kauft, dann schadet man der Wirtschaft von Bangladesch eher.

Die Bekleidungsindustrie macht über 80 Prozent der Exporte aus, und ein Großteil davon kommt von kleinen Betrieben, die in solchen Sweatshops angefangen haben. Klar, man bereichert damit vielleicht auch zwielichtige Gestalten, aber man kann halt nicht einfach westliche Werte durchsetzen. Unternehmen können armen Ländern am besten helfen, indem sie ihre Fähigkeiten exportieren und Standards anwenden, die zwar nicht perfekt sind, aber besser als das, was vor Ort üblich ist.

Apple zum Beispiel lässt seine Produkte von Foxconn in China herstellen, und die Prozessoren werden von TSMC in Taiwan gefertigt. Die wirtschaftliche Entwicklung in Ostasien ist ja echt der Wahnsinn. Taiwan und Korea haben unglaubliche Wachstumsraten hingelegt. Und China ja auch.

Diese Länder haben es geschafft, sich die Technologien und Geschäftsmethoden der entwickelten Länder anzueignen und sind jetzt selbst sowohl Abnehmer als auch Anbieter. Hon Hai aus Taiwan produziert Apple-Produkte in China, und Samsung aus Korea verlagert einfache Tätigkeiten in ärmere Länder wie Vietnam. Globalisierung hat zwar auch Schattenseiten, aber sie hat eine Arbeitsteilung ermöglicht, die sich Adam Smith kaum hätte vorstellen können. Und die Armut in Asien ist dadurch deutlich zurückgegangen.

Die Corona-Pandemie hat dann Fragen aufgeworfen, ob die globalen Lieferketten wirklich so widerstandsfähig sind. Und die neuen geopolitischen Bedrohungen, wie der Krieg in der Ukraine und der Konflikt in Gaza, die verstärken diese Bedenken natürlich noch.

Dann gibt es ja noch das Franchising. Das ist eigentlich auch eine alte Geschichte. Die europäischen Kolonialmächte haben ihr Projekt ja quasi an private Unternehmen wie die East India Company vergeben. Aber im 20. Jahrhundert hat das Franchising eine neue Dimension bekommen.

Ray Kroc war Verkäufer von Mixmaschinen und einer seiner Kunden war Maurice und Richard McDonald, die ein Burgerrestaurant in Kalifornien besaßen. Die McDonald-Brüder hatten ein schnelles und effizientes System entwickelt, und Kroc hat dann angefangen, das System an andere Restaurants zu verkaufen.

Und der Rest ist ja Geschichte. Kroc hat ein Franchise-Modell entwickelt, das auf strenger Standardisierung basiert. Überall auf der Welt bekommt man einen fast identischen Big Mac. Und das hat es unerfahrenen Leuten ermöglicht, mit wenig Kapital ein eigenes Unternehmen zu gründen.

Dieses Modell wurde dann von anderen Fast-Food-Ketten und Dienstleistungsunternehmen übernommen. Gemeinsames Branding hilft beim Marketing und gibt den Franchisenehmern mehr Verhandlungsmacht gegenüber Lieferanten. Und sowohl McDonald's als auch KPMG müssen die Arbeit ihrer Franchisenehmer kontrollieren, um ihren Ruf zu wahren.

Auch bei Facebook, Twitter und YouTube sind die Kunden gleichzeitig die Lieferanten. Und das gilt auch für eBay und Google. Das digitale Zeitalter hat eine neue Art von Unternehmen hervorgebracht. Die Fusion von AOL und Time Warner war ein Fehler, weil man dachte, die Plattform müsse die Inhalte besitzen. Das war der gleiche Fehler, den William Morris gemacht hat, als er dachte, er müsse seine eigenen Bedienungsanleitungen drucken.

Der Schlüssel zum Verständnis ist, dass man nur die Quelle des Wettbewerbsvorteils kontrollieren muss, um den Großteil der Gewinne einzustreichen. Sloan hatte das verstanden, Ford nicht. Time Warner musste AOL nicht besitzen, um Casablanca oder "Happy Birthday" zu verbreiten. Und AOL wurde schnell von anderen Social-Media-Plattformen überholt.

Die "Gig Economy" treibt diese Auslagerung noch weiter voran. IKEA's TaskRabbit und Amazon's Mechanical Turk verbinden Leute, die Aufgaben suchen, mit Kunden, die Dienstleistungen benötigen. Studien zeigen, dass viele Amerikaner einen Teil ihres Einkommens aus solchen freiberuflichen Tätigkeiten beziehen.

Airbnb und Uber haben Merkmale von Plattformen und Franchises. Sie verbinden Gastgeber mit Gästen und Fahrgäste mit Fahrern. Und sie müssen die Qualität ihrer Unterkünfte und die Zuverlässigkeit ihrer Fahrer überwachen.

Diese "Hollow Corporations" haben gemeinsam, dass sie sich auf den einen Teil der Wertschöpfungskette konzentrieren, in dem sie eine besondere Fähigkeit und einen Wettbewerbsvorteil haben. Richard Langlois, ein Wirtschaftshistoriker, sieht darin einen Hauptgrund für den Wandel in der Unternehmenslandschaft. Wenn die Fließbandfertigung die wichtigste Innovation im 20. Jahrhundert war, dann ist die "Hollow Corporation" vielleicht die wichtigste Innovation im 21. Jahrhundert. So ungefähr... Ja, das war's dann auch schon.

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