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Calculating...

Okay, also, äh, wo fange ich am besten an? Es geht, im Grunde, um, ja, um dieses... diesen Finanzfluch, wenn man so will. Wisst ihr, ich erinnere mich an ein Zitat von Winston Churchill, irgendwann in den 20ern. Der sagte, er würde es lieber sehen, wenn die Finanzwelt ein bisschen weniger stolz wäre und die Industrie ein bisschen zufriedener. Und, ja, ich glaube, da steckt viel Wahres drin.

Man sieht das ja an so vielen Beispielen, ne? Firmen wie ICI, General Electric, Sears Roebuck, Marks & Spencer. Supererfolgreich im zwanzigsten Jahrhundert. Aber dann, so ab den 80ern, mit Leuten wie Jack Welch bei GE, und später dann Eddie Lampert bei Sears, da hat sich so eine neue Art, Geschäfte zu machen, entwickelt. Früher hatten Manager wie, sagen wir mal, Sir Denys Henderson oder Alfred Sloan, die sahen sich auch als... ja, als öffentliche Personen, mit Verantwortung gegenüber allen möglichen Interessengruppen. Aber die nächste Generation, die hat sich dann viel mehr auf die Zahlen konzentriert, auf Quartalsberichte, auf den Aktienkurs.

Und erstmal sah das ja auch super aus, muss man sagen. Die ICI-Aktien, die haben 1997 ein Allzeithoch erreicht. Bei GEC war's im Jahr 2000. GE ist unter Welch von, ich glaube, etwas über zwei Dollar auf fast 50 Dollar gestiegen. Und Sears, die haben sich auch verdoppelt, nachdem sie in Finanzdienstleistungen eingestiegen sind. Und, ja, Lampert bei Sears, das wurde an der Wall Street auch erstmal gefeiert. Aber, ja...

Wenn man in den 90ern in diese Aktien investiert hätte, in dieser Zeit, wo es so um den Shareholder Value ging, dann hätte man sein ganzes Geld bei GEC und Sears verloren, und den Großteil auch bei den anderen. Das Beste wäre noch ICI gewesen, aber selbst da wurden die Aktien dann später für, ich glaube, ein Drittel des Preises von zehn Jahren vorher übernommen. GE und Marks & Spencer, die haben dann auch über 80 Prozent ihres Höchstwertes verloren. Und, ja, fast alle Finanzberater hätten 1995 gesagt, dass so ein Portfolio, mit diesen Aktien, das wäre eine sichere Sache. Aber, ja, falsch gedacht.

Im Prinzip, bei allen diesen Firmen, haben die Analysten und Investmentbanker immer genau das gefeiert, was dann langfristig zum Problem wurde. Die haben sich auf alles Mögliche konzentriert, nur nicht auf das eigentliche Geschäft. Die haben Kosten gesenkt, Preise erhöht, aber dadurch die Firmen langfristig unattraktiver gemacht. So wie bei Marks & Spencer. Die haben Earnings Management betrieben, also im Grunde Geld aus der Zukunft genommen, um jetzt die Gewinne zu steigern. So wie bei GE mit ihren Finanzdienstleistungen. Oder die haben Buchhaltungstricks angewendet, um Gewinne früher auszuweisen, die es dann oft gar nicht gab. So wie bei Enron. Und die haben Deals abgeschlossen, immer neue Deals, die zwar die Investoren begeistert haben, aber selten wirklich Wert geschaffen haben. Eher im Gegenteil, die haben oft Wert vernichtet. So wie bei GE. Und jedes Mal, nachdem der Aktienkurs erstmal kurz hochgegangen war, ging es dann steil bergab.

Einige Firmen haben sich aber auch diesem Shareholder-Value-Druck entzogen. Zum Beispiel Procter & Gamble, Colgate-Palmolive, Coca-Cola, Unilever, Nestlé. Diese Firmen, die werden, äh, vor allem von Marketing-Leuten geführt, für die die Bedürfnisse der Kunden im Vordergrund stehen. Und genau das ist der Grund, warum die so erfolgreich sind.

Und dann kam diese Private-Equity-Firma 3G auf die Bildfläche, so um 2010 rum, mit der Übernahme von Burger King. Und die haben gesagt, dass man aus diesen Firmen noch viel mehr rausholen könnte, durch "Zero-Based Budgeting", also durch massive Kostensenkungen. Und klar, erstmal haben die damit auch mehr Gewinn gemacht. Aber dann ging es irgendwann auch bei denen bergab. Die beiden Hauptgeschäftsfelder von 3G waren Bier und Essen. Mit einer Reihe von Übernahmen wurde AB Inbev der größte Brauereikonzern der Welt, mit Marken von Stella bis Corona. Und dann hat Warren Buffett da auch noch mitgemischt, bei der Fusion von Kraft und Heinz.

Aber das war dann keine so gute Idee. Kraft Heinz, die haben dann versucht, Unilever zu übernehmen, aber das hat nicht geklappt. Und dann hat man auch gemerkt, dass die Umsätze bei Kraft Heinz zurückgehen. Erst die Marktanteile, dann die Gewinne. Und Buffetts Investment, das hat mittlerweile die Hälfte seines Wertes verloren. Bei AB Inbev ging das Ganze etwas langsamer vonstatten, aber im Grunde war es dasselbe.

Und, ja, wenn man über diese ganze Finanzgeschichte spricht, dann muss ich natürlich auch über meine eigene Rolle bei dem Untergang der Halifax sprechen. Die Halifax Building Society, die wurde 1853 gegründet. Das war so eine Art Genossenschaft, wo sich Leute gegenseitig geholfen haben, ein Haus zu kaufen. Die Halifax war dann die erfolgreichste von diesen Genossenschaften. Und als ich dann 1991 in den Vorstand kam, war die Halifax der größte Hypothekengeber der Welt. Und, ja, die haben da wirklich was bewegt.

Im Vergleich zur Uni Oxford, wo zwar superintelligente Leute rumlaufen, aber die Organisation selbst... naja, sagen wir mal, die war nicht so der Hit. Bei der Halifax hat sogar der jüngste Mitarbeiter "wir" gesagt, wenn er über die Firma gesprochen hat. In Oxford hat selbst der Vizekanzler von "der Uni" gesprochen, als ob er da nichts zu sagen hätte.

Die Halifax war ja auch so eine Art Genossenschaft, also im Prinzip im Besitz ihrer Kunden. Und dann kam 1986 dieses Gesetz, das es den Genossenschaften erlaubte, sich in Aktiengesellschaften umzuwandeln. Und, ja, damals war das so die allgemeine Meinung, dass das die einzige richtige Art für große Firmen wäre. Und das hat man dann ja auch überall gesehen, bei der Privatisierung von Staatsbetrieben und so weiter.

Aber, ja, viele dieser Änderungen, die haben den Firmen nicht wirklich gutgetan. Und das gilt auch für die Halifax. 1989 hat die Abbey National Building Society ihren Mitgliedern Aktien geschenkt und sich in eine Aktiengesellschaft verwandelt. Und dann musste sich die Halifax natürlich auch fragen, was sie tun sollen. Ich hab dann ein Papier geschrieben, in dem ich argumentiert habe, dass so eine Umwandlung gar nicht nötig ist. Aber, ja...

Irgendwann war klar, dass sich das nicht mehr aufhalten lässt. 1994 hat die Lloyds Bank ein Angebot gemacht, den Mitgliedern der Cheltenham & Gloucester Building Society 1,8 Milliarden Pfund zu geben, wenn sie der Übernahme zustimmen. Und da war klar, dass die Tage der Genossenschaften gezählt sind. Und 1997 wurde ich dann in den Vorstand der Halifax gewählt, mit über 2 Millionen Stimmen. (Ich glaube, das ist mehr als jeder andere Kandidat bei einer britischen Wahl bekommen hat. Das lag wahrscheinlich aber weniger an meiner Beliebtheit, sondern eher an dem Versprechen von Gratisaktien im Wert von 20 Milliarden Pfund, hehe.)

Naja, jedenfalls haben die dann alle Maßnahmen ergriffen, damit neue Kunden nicht auch noch von den Gratisaktien profitieren konnten. Abbey hatte dann Probleme mit Verlusten und wurde von der spanischen Bank Santander übernommen. Und Bradford & Bingley und Northern Rock, die sind in der Finanzkrise 2008 zusammengebrochen und wurden verstaatlicht. Und Lloyds hat dann die Cheltenham and Gloucester komplett dichtgemacht.

Viele sagen, die Umwandlung war der Anfang vom Ende der Halifax. Und da ist auch was dran. Aber ich glaube, der eigentliche Fehler war, dass sie Treasury, also die Abteilung, die die Geldanlagen verwaltet hat, zu einem Profit Center gemacht haben. Die sollten dann mit Spekulationen am Geldmarkt Gewinn machen. Aber das ist ja im Grunde ein Nullsummenspiel. Der Gewinn des einen ist der Verlust des anderen. Und, ja, die Banker haben dann immer gesagt, unsere Händler sind einfach so super schlau. Aber das hat dann die Krise 2008 widerlegt.

Und dann kam die Idee, ins Firmenkreditgeschäft einzusteigen. Und das hat dann 2001 zur Fusion mit der Bank of Scotland geführt. Das neue Unternehmen, HBOS, das hatte zwar seinen Hauptsitz in Edinburgh, aber im Grunde war es eine Übernahme durch die Halifax.

Aber die Bank of Scotland, die hatte nicht genug Erfahrung für dieses Firmenkreditgeschäft. Und dann hat dieser Peter Cummings, der Chef des Firmenkundengeschäfts, der hat dann von der Finanzaufsicht eine Strafe von 500.000 Pfund bekommen, weil er so riskant gehandelt hat. Und HBOS und die Royal Bank of Scotland, die haben sich dann gegenseitig überboten, um schlechte Kredite zu vergeben. Das ging dann so weit, dass der Chef für das Risikomanagement entlassen wurde, weil er auf die Gefahren hingewiesen hat. Und dann gab es noch diesen Fall in Reading, wo Firmen Kredite aufgeschwatzt wurden, die sie sich gar nicht leisten konnten. Und dann wurden denen auch noch zwielichtige Berater vermittelt. Und das Ganze endete dann mit langen Haftstrafen für einige Manager.

Und 2008 sind dann beide schottischen Banken zusammengebrochen. Die mussten dann von der Regierung gerettet werden. Und dann hat Gordon Brown persönlich die Übernahme von HBOS durch die Lloyds Bank vermittelt. Und Lloyds hat sich damit im Grunde selbst ins Unglück gestürzt.

Und dieser Bericht über den Zusammenbruch der HBOS, der hat gesagt, dass im Vorstand nicht genügend Leute mit Erfahrung im Bankgeschäft saßen. Und das stimmt wahrscheinlich auch. Aber ich glaube, es ist auch wichtig, Leute im Vorstand zu haben, die keine Ahnung von der Branche haben, damit die mal kritische Fragen stellen können.

Die Halifax, die ist jetzt nur noch ein Markenname der Lloyds Banking Group. Und diese Gratisaktien, die damals 7,32 Pfund wert waren, die sind jetzt nur noch 25 Pence wert. Ein Verlust von über 95 Prozent.

Und das ist eben dieser Finanzfluch: Wenn man sich zu sehr auf die Zahlen konzentriert und die Bedürfnisse der anderen Interessengruppen vergisst. Weder kurzfristige Gewinnmaximierung noch Übernahmen schaffen einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil. Und nur ein nachhaltiger Wettbewerbsvorteil, der ist die Grundlage für langfristigen Erfolg. Und auch für langfristigen Shareholder Value.

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