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Also, ich wollte euch heute mal ein bisschen was erzählen. Es geht um, ja, eigentlich so ein bisschen um Deals und Übernahmen und so weiter. Also, es fängt ja schon damit an, dass man sagen muss, dieser Trump Tower, der ist jetzt nicht unbedingt ein architektonisches Meisterwerk, aber er repräsentiert halt so ein bisschen diese Ära, wo Deals, ja, fast schon als Kunstform galten, ne? Aber viele dieser Deals, wenn man sich die mal genauer anschaut, hm, da fragt man sich schon, ob das wirklich so sinnvoll war. Manchmal hatte man das Gefühl, die haben's einfach nur gemacht, um's gemacht zu haben, und am Ende kam dabei eigentlich kaum was raus, oder?
Jedenfalls, dieses Buch von Trump, diese Ghostwriting-Autobiografie, die war ja ein Riesenerfolg. Und das zeigt eigentlich, dass diese Dealmaking-Skills, egal ob echt oder nur behauptet, irgendwie mehr bewundert werden, als so die Fähigkeiten, die man braucht, um 'ne große Organisation zu leiten. Übernahmen, besonders so feindliche, die sind ja auch total spannend. Da gibt's Züge, Gegenzüge, ein dramatisches Finale. Das ist natürlich super für die Nachrichten und bringt die CEOs dann auch gleich auf die Titelseiten. Aber ob das jetzt immer so gut ist für's Geschäft... na ja.
Diese ganze Deal-Geschichte hat dann auch dazu geführt, dass der CEO immer mehr so als Einzelperson im Vordergrund stand. So nach dem Motto "Ich bin der Held, ich mache die Deals". Und weil diese CEOs ja auch viel Macht hatten, gab's natürlich 'ne Menge Berater, die denen alle nach dem Mund geredet haben. Das M&A-Geschäft, also Mergers and Acquisitions, das wird heute oft von Manager-Egos und den Gebühren für Banker, Anwälte und Berater getrieben. Klar, Fusionen und Übernahmen gab's schon immer, aber heutzutage verwenden Finanzexperten den Begriff "Corporate Activity" fast schon synonym für M&A, als ob das der Hauptzweck von Unternehmen wäre. Krass, oder?
Ein wichtiger Skill von Investmentbankern ist ja, dass sie 'ne riesige Kontaktliste haben, damit sie angerufen werden, wenn's um 'nen Deal geht. Und die richtig guten "Rainmaker", die also nicht nur Deals abwickeln, sondern auch initiieren, die sind total begehrt und werden natürlich auch entsprechend belohnt.
Das Problem ist halt, dass der Finanzsektor, mit all seinen Beratern, dafür belohnt wird, dass ein Deal zustande kommt, aber nicht dafür, ob der Deal am Ende auch kommerziell erfolgreich ist. Die "Beratung", die da so teuer verkauft wird, die dreht sich hauptsächlich darum, wie man den Deal durchkriegt, und nicht darum, ob der Deal wirklich gut ist. Da gab's zum Beispiel diesen Bruce Wasserstein, der war so der M&A-Guru an der Wall Street. Der hat seine Klienten immer dazu ermutigt, alles zu zahlen, was nötig ist, um den Deal zu kriegen. Sein Motto war so "Dare to be great", also "Trau dich, großartig zu sein", und damit hat er die Egos der Manager gestreichelt. Die haben sich natürlich gefreut, dass er sie beim Aufbau ihres Imperiums unterstützt hat, auch wenn ihre Nachfolger dann oft weniger begeistert waren.
Es gab ja auch so ein paar Mega-Deals, die sich im Nachhinein als totale Katastrophen herausgestellt haben. AOL und Time Warner zum Beispiel, oder Vodafone und Mannesmann. Da gibt's so Fotos von den CEOs, die sich da abklatschen und grinsen wie Honigkuchenpferde, als sie die Deals verkünden. Diese Bilder sollten eigentlich Pflichtprogramm für jeden Chef sein, der gerade 'ne Übernahme plant. Ein späterer Time Warner CEO hat den AOL Deal mal als "den größten Fehler der Unternehmensgeschichte" bezeichnet. Krass, oder? Time Warner hat damals 'nen Haufen Geld für 'ne Firma bezahlt, die am Ende fast wertlos war. Und Vodafone, die Aktie war nach der Mannesmann-Übernahme kurzzeitig total im Höhenflug, aber dann ging's wieder bergab. Und die Berater haben bei diesen ganzen Deals natürlich trotzdem Millionen verdient.
Aber diese ganzen Negativbeispiele scheinen die Leute nicht wirklich abzuschrecken. Neulich haben McKinsey sogar erklärt, warum es im Corona-Jahr so viele große Deals gab: Die Manager hatten plötzlich mehr Zeit, weil sie nur noch online an Meetings teilgenommen haben. Diese "Titanen" haben dann weiter telefoniert und sind wieder in ihre Flugzeuge gestiegen. Dealmaking gilt heutzutage einfach als zentrale Fähigkeit eines CEOs.
Ich muss ja gestehen, dass ich früher die Übernahme der National Westminster Bank durch die Royal Bank of Scotland als Beispiel für 'ne wertschöpfende Fusion gesehen habe. Und am Anfang war's das ja auch. Aber dann kam der Größenwahn bei der RBS. Schlechte Kreditvergabe, schlechtes Risikomanagement und dann noch 'ne katastrophale Übernahme der holländischen Bank ABN AMRO. Das war so ein klassisches Beispiel für den "Winner's Curse", also den Fluch des Gewinners. RBS und Barclays haben sich damals um die ABN AMRO gerissen, und am Ende war der Preis für den erfolgreichen Bieter der Bankrott.
Ich erinnere mich noch gut, wie ich da saß und Sir Fred Goodwin, der damalige Chef der RBS, mir beim Mittagessen von den Vorzügen der bevorstehenden ABN AMRO Übernahme vorgeschwärmt hat. Dabei war doch eigentlich jedem klar, dass die Bankenbranche auf 'ne Krise zusteuert. Aber ich hab lieber geschwiegen, weil Goodwin ja bekannt war für seine unfreundliche Reaktion auf unerwünschte Meinungen. Ich hab ja auch nur 'n kostenloses Mittagessen genossen und keinen Millionenbonus kassiert. Und die Unterhaltung wurde vielleicht auch dadurch gehemmt, dass da so ein paar Sportpromis dabei waren, mit denen sich Goodwin gerne umgeben hat. Ich glaube, Jack Nicklaus hat sich mehr für Par-Werte interessiert als für Credit Default Swaps. Aber der Chef des Investmentbankings der RBS hätte das eigentlich wissen müssen. ABN AMRO hatte nämlich fast eine Milliarde Dollar in diesen Abacus- und Timberwolf-Papieren stecken, die später fast wertlos wurden. Aber gut, hinterher sind alle schlauer.
Fred Goodwin war ja nicht der einzige erfolgreiche Regionalbanker, dessen Traum von der internationalen Finanzspitze durch die Finanzkrise geplatzt ist. Auch die Chefs einiger deutscher Landesbanken hatten ähnliche Ambitionen. Nach der Krise mussten die meisten Landesbanken vom Staat gerettet werden, und die größte und ambitionierteste, die WestLB, ist sogar zusammengebrochen.
Also, was hat das Ganze jetzt eigentlich für Auswirkungen? Vorher gab's zu wenig Wettbewerbsdruck auf die Manager, zu viele Ressourcen wurden ineffizient eingesetzt. Die Öffnung des Marktes für Unternehmenskontrolle war zwar ein Weckruf, aber sie hat den Aktionären geholfen, die Manager dazu zu bringen, ihre Unternehmen effektiver zu führen. Aber am Ende haben die Manager doch wieder das letzte Lachen gehabt. Das M&A-Geschäft kommt heute hauptsächlich den Führungskräften zugute, nicht den Aktionären. Bei der Mannesmann-Übernahme gab's zum Beispiel fette "Wertschätzungsboni" für die ausscheidenden Manager. Einige Vorstandsmitglieder wurden sogar wegen Bestechung angeklagt. Am Ende haben sie sich dann geeinigt und einen Teil ihres Geldes an wohltätige Organisationen gespendet.
Geschichten wie AOL Time Warner sind zwar extrem, aber die allgemeine Meinung ist, dass Fusionen und Übernahmen insgesamt eher Wert vernichten. Das liegt nicht unbedingt am "Winner's Curse", sondern daran, dass die Bieter oft zu viel bezahlen. Aber die Überzahlung ist ja nur 'ne Vermögensverschiebung von den Aktionären des übernehmenden Unternehmens zu den Aktionären des übernommenen Unternehmens, abzüglich der Transaktionskosten. Die wichtige Frage ist, ob das fusionierte Unternehmen mehr Wert schafft als seine Einzelteile.
Es ist natürlich schwierig, die Performance von Fusionen systematisch zu bewerten. Es gibt so "Event Studies", die den Einfluss von Nachrichten auf den Aktienkurs untersuchen. Aber um zu glauben, dass die Reaktion des Aktienmarktes auf 'ne Fusion ein gutes Maß für den Wert ist, den sie schafft, braucht man schon 'n sehr großes Vertrauen in die Effizienz des Marktes.
Ein besserer Ansatz ist, die Auswirkungen der Transaktion auf die Produktion und die Kosten des fusionierten Unternehmens über einen längeren Zeitraum zu betrachten. Das Problem ist hier, dass man 'ne Vergleichsgrundlage braucht, also was wäre passiert, wenn es die Fusion nicht gegeben hätte? Das ist natürlich schwer zu sagen. Bei AOL Time Warner war's ziemlich klar, dass fast alles besser gewesen wäre. Aber auch ohne die Vodafone-Mannesmann-Transaktion wären die Bewertungen der beiden Unternehmen, die im Jahr 2000 durch die New-Economy-Blase aufgeblasen wurden, zusammengebrochen.
Und selbst bei erfolgreichen Deals ist die Vergleichsgrundlage nicht so einfach. Die Übernahme von Pixar durch Disney und der Kauf von Android durch Google haben für alle Beteiligten gut funktioniert. Aber wenn Disney und Google diese Transaktionen nicht getätigt hätten, hätten sie wahrscheinlich trotzdem Wege gefunden, sich weiterzuentwickeln. Es gibt ja auch viele verschiedene Arten von effektiven Geschäftsbeziehungen zwischen Markt und Hierarchie. Wären interne Lösungen besser oder schlechter gewesen? Das weiß man nicht. Aber man kann schon sagen, dass es für Manager besser wäre, sich auf den Aufbau eines großartigen Unternehmens zu konzentrieren, als auf den Kauf eines solchen.
Man muss sich halt fragen, was hat das alles mit dem eigentlichen Geschäft zu tun? Touristen kennen ja Harrods und Selfridges als die berühmtesten Kaufhäuser in London. Gordon Selfridge war ein Amerikaner, der seine Karriere als Lagerarbeiter bei Marshall Field in Chicago begann. Nachdem er im Geschäft aufgestiegen war und eine Erbin geheiratet hatte, zog er sich nach Großbritannien zurück und sah eine Chance am damals unmodischen Marble Arch am Ende der Oxford Street, Londons wichtigster Einkaufsstraße. Das Gebäude, das er dort errichten ließ, kostete ihn ein Vermögen.
Selfridge selbst hat dann aber viel verspielt und ist am Ende mittellos gestorben. Lewis's, eine andere Kaufhausgruppe, übernahm Selfridges und wurde wiederum von Clore's Sears übernommen. Die Lewis's-Gruppe wurde 1991 unter Zwangsverwaltung gestellt und Selfridges wurde dann von Philip Green gekauft und später von Galen Weston. Nach Westons Tod ging das Eigentum an ein Joint Venture zwischen einer thailändischen Kaufhausgruppe und einem österreichischen Kaufhausentwickler über. Inzwischen hat die thailändische Familie Chirathivat die alleinige Kontrolle über das Oxford Street Symbol.
Und Harrods? Da gab's auch 'n ziemliches Hin und Her. Am Ende hat's der Staat Katar gekauft. Diese ganzen "Trophäen-Objekte", die haben halt 'ne große Anziehungskraft. Aber sollte man diese Eitelkeit befriedigen, oder sollte man das als Teil des "untragbaren Gesichts des Kapitalismus" sehen? Die Kunden von Selfridges und die Mitarbeiter haben diese ganzen Eigentümerwechsel kaum bemerkt. Und auch bei Harrods hat sich trotz der "Diana und Dodi"-Gedenkstätte und dem ägyptischen Kitsch von Fayed nicht viel an den luxuriösen Waren geändert.
Oreo-Kekse sind ja auch so 'n amerikanisches Symbol. Die gibt's schon seit über hundert Jahren und die werden immer noch verkauft. Aber die Eigentümer der Marke haben sich immer wieder geändert. Von Nabisco zu RJR Nabisco zu Philip Morris zu Kraft zu Mondelez. Die Füllung wurde ein bisschen verändert und das Muster oben drauf wurde neu gestaltet, aber ansonsten hat sich der Keks kaum verändert. Nur die Eigentümer haben gewechselt. Immer und immer wieder. "Was hat das alles mit dem eigentlichen Geschäft zu tun?", haben die Autoren dieses Buches über die KKR-Transaktion am Ende gefragt. Und das ist eigentlich 'n guter Schlusspunkt für diese ganze Geschichte.