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Calculating...

Also, ich wollte euch heute mal was erzählen… Ich bin ja auf diese Passage gestoßen, und zwar über die sogenannte… ja, was soll man sagen… die Vieldeutigkeit, die Ambivalenz, wisst ihr? Und das ist, ähm, also meiner Meinung nach, echt ein zentrales Thema.

Da fängt's schon an mit so Zitaten, kennste? Adam Smith – eigentlich hieß der George Goodman, krass, oder? – der schrieb dann so über diese Ambivalenz. Und dann natürlich Dickens, ne? Mit seinem "A Tale of Two Cities". Mega Zitat, das beschreibt einfach die Zeit so gut, wo's eben das Beste und das Schlimmste gleichzeitig war, Weisheit und Dummheit… kennt man ja.

Und, ähm, ja genau, Dickens hat das ja so auf diese Zeit der Französischen Revolution gemünzt, aber eigentlich… irgendwie passt das ja immer, oder? Da waren ja auch so Leute wie Thomas Paine, Adam Smith, und das war für die Jungen halt 'ne total aufregende Zeit, so, die Welt neu zu gestalten.

Und dann kommen wir zum nächsten Punkt, nämlich der Evolution. Karl Marx und so haben ja dann später die wirtschaftlichen Folgen analysiert, aber Darwin, der hat's halt irgendwie noch tiefer durchdrungen, ne? So dieses Prinzip von Design ohne Designer, Koordination ohne Koordinator, wie's ja auch Adam Ferguson schon gesagt hat. Und diese "unsichtbare Hand" von Smith, die wird ja auch oft so interpretiert. Das ist einfach so, dass sich durch Versuch und Irrtum, durch das Ausprobieren von verschiedenen Sachen, kollektive Intelligenz entwickelt, und erfolgreiche Unternehmen eben die Produkte und Prozesse finden, die die Kunden wollen. Das nennt man dann so, ja, wie soll man das sagen… "disziplinierter Pluralismus", klingt kompliziert, aber heißt eigentlich nur: Experimentierfreude, aber auch schnell aussortieren, was nicht funktioniert.

Und das fing ja schon früher an, mit der Reformation und so, wo eben nicht mehr alles von oben herab entschieden wurde, sondern die Leute selber denken und entscheiden konnten. Und das hat dann eben zu all dem geführt, was wir heute so haben: Wissenschaftlicher Fortschritt, die industrielle Revolution, das ganze Gedöns, halt.

Und dieser Pluralismus, der ist total wichtig, weil er eben diese Freiheit ermöglicht, neue Ideen zu haben und Fehler zu machen. Und eine Gesellschaft, die Meinungsfreiheit hat und wo geforscht wird, die hat halt einfach 'ne riesige Auswahl an Möglichkeiten. Und dann muss man halt schauen, was sich durchsetzt. Und das ist eben, wie Menschen mit radikaler Ungewissheit umgehen und dadurch erfolgreich sind.

Das ist wie 'ne Art natürliche Auslese, eben im Wirtschaftsbereich. Aber anders als bei der Genetik, wo ja alles zufällig passiert, planen Unternehmen ja schon, wenn sie neue Produkte auf den Markt bringen. Aber trotzdem: Fehler passieren, und dann muss man die halt auch schnell ausmerzen.

Und dieser disziplinierte Pluralismus, das ist halt das Geniale an der Marktwirtschaft. Beides ist wichtig: Pluralismus und Disziplin. Staaten, die alles von oben steuern, tun sich da schwer mit. Die sind oft zu langsam, wenn's darum geht, neue Sachen auszuprobieren, und wenn sie's dann tun, dann gleich im großen Stil, und dann wird's oft nix.

Und, ähm, ja, was wollte ich eigentlich sagen? Ach ja, Flourishing! Das Buch, wo das drinsteht, das ist so geschrieben im Sinne der aristotelischen Ethik, wo es darum geht, dass man ein erfülltes Leben führt, "Eudaimonia" heißt das, also Flourishing auf Englisch. Das ist mehr als nur Kohle haben, das ist auch Beziehungen zu anderen Menschen, Freundschaft, Liebe, und ein Beitrag zur Gesellschaft leisten. Und das muss alles im Gleichgewicht sein, damit's passt.

Und das gilt meiner Meinung nach auch für Unternehmen. Das Ziel von Unternehmen sollte sein, dass es allen Beteiligten gut geht: Den Mitarbeitern, den Investoren, den Lieferanten, den Kunden, den Gemeinden, wo sie tätig sind, und natürlich dem Unternehmen selbst. Und das Unternehmen muss auch was für die Gesellschaft tun, damit es selber erfolgreich sein kann. Und auch da muss alles im Gleichgewicht sein.

Aber zurück zu Dickens, der hat diese Ambivalenz der Französischen Revolution ja total gut eingefangen. Und diese Ungewissheit, die eben so große Ereignisse mit sich bringen. Die Leute waren aufgeregt, aber auch ängstlich, wisst ihr?

Und dann gibt's ja immer diese Leute, die alles ganz genau wissen wollen und keine Grauzonen akzeptieren können. Aber das ist ja Quatsch. Kennt ihr das Sorites-Paradoxon? Wie viele Sandkörner muss man von einem Haufen wegnehmen, damit es kein Haufen mehr ist? Gibt keine klare Antwort, und das ist auch gut so. Weil, wenn man das genau definieren würde, dann bräuchte man wieder ein neues Wort für den Haufen, der ein Körnchen weniger hat, und dann geht das Spiel von vorne los.

Und das ist auch so bei Wirtschaftsthemen, ne? Die National Bureau of Economic Research definiert, was 'ne Rezession ist, und dann wird endlos spekuliert, ob wir jetzt in einer Rezession sind oder nicht. Aber eigentlich wollen die Leute ja was anderes wissen: "Was ist hier eigentlich los?" Das klingt blöd, aber das ist die Frage, die man sich immer wieder stellen muss, weil jede Situation einzigartig ist.

Es gibt also diese philosophische Literatur über Vagheit, also über Begriffe, die nützlich sind, um was zu beschreiben, aber die man nicht genau definieren kann. Ambivalenz und Vagheit, das ist eben kein Fehler, sondern ein Feature, wie man heute so sagt. Das spiegelt einfach die Komplexität der Realität wider, und nicht unsere Unfähigkeit, sie zu beschreiben.

Die Leute, die die digitale Welt gebaut haben, die sind da ja auch draufgekommen, dass es eben nicht nur Schwarz und Weiß gibt. Es gibt ja auch Fuzzy Logic, also Logik, wo die Werte zwischen 0 und 1 liegen. So wie wenn der Computer entscheiden muss, ob was ein Haufen ist oder nicht. Oder ob die Wäsche trocken ist. Jeder will 'n trockenes Handtuch, aber zu trocken ist ja auch doof.

Und ich hab beim Schreiben eben immer wieder gemerkt, dass Diskussionen oft unnötig verkompliziert werden, weil man falsche Gegensätze aufbaut, wo es gar keine klaren Grenzen gibt. So wie zwischen Haufen und kein Haufen, zwischen trocken und nass, gibt's eben auch keine klaren Grenzen zwischen Markt und Hierarchie, zwischen öffentlichem und privatem Sektor, zwischen Gewinn und Gemeinnützigkeit, oder sogar zwischen Kapital und Arbeit. Und auch beim Eigentum ist es oft kompliziert, wer da eigentlich der "Besitzer" ist.

Diese Gegensätze sind ja auch was für Juristen und Ökonomen, weil die eben Präzision brauchen. Aber die Welt ist eben nicht immer Schwarz und Weiß. Paul Romer, Nobelpreisträger, der hat mal den Begriff "Mathiness" geprägt, um zu beschreiben, wie Ökonomen mit mathematischen Formeln den Eindruck von Genauigkeit erwecken, wo eigentlich gar keine ist.

Und wenn man alles in Kategorien einteilt, dann verkennt man oft, dass es eben auch Abstufungen gibt. So wie "ungefähr effizient" eben was anderes ist als "perfekt effizient".

Aber trotzdem sind diese Konzepte von Markt, Hierarchie, öffentlich, privat, Kapital, Arbeit und Eigentum nützlich, auch wenn man sie nicht genau definieren kann. Man sollte eben nicht versuchen, alles in die eine oder andere Kategorie zu zwängen, sondern die Realität so beschreiben, wie sie ist: reich und ambivalent. So wie Dickens das gemacht hat. Der hat ja auch gesagt, dass die Zeit, in der sein Roman spielt, gar nicht so anders ist als unsere Zeit, mit all ihren Gegensätzen, Turbulenzen und Unsicherheiten. Die Leute haben eben damals auch schon alles übertrieben dargestellt, so wie heute.

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